Ryder CupDie USA wollen Europa das Heiligtum des Golfsports entreißen

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Martin Kaymer lehnt an der Uhr, Matthew Fitzpatrick schlägt ab

Köln – Abgesehen von Olympischen Spielen und Fußball-Weltmeisterschaften existiert kein internationales Sport-Ereignis mit mehr Mythen und Legenden als der Ryder Cup. Die Geschichte des englischen Saatgut-Händlers Samuel Ryder, der in hohem Alter der Faszination Golf erlag und dem Sport eine Trophäe schenkte, die dem Sieger eines Ländervergleiches zwischen den USA und Großbritannien überreicht werden sollte, wird normalerweise alle zwei Jahre erzählt, denn so will es der Austragungsrhythmus.

Seit 1927 treffen sich im September die jeweils zwölf besten Golfer aus den Vereinigten Staaten und Großbritannien – seit 1979 ganz Europa – mit wechselndem Heimrecht zum Wettstreit. Nur der Zweite Weltkrieg, der Terroranschlag vom 11. September 2001 und die Corona-Pandemie haben diesen eisernen Rhythmus unterbrochen. Deshalb wird das Heiligtum des Golfsports ab Freitag in Kohler/Wisconsin nach einer dreijährigen Pause ausgetragen.

Alles am Ryder Cup ist mit nationaler und kontinentaler Historie getränkt. Das gilt auch für den Austragungsort. Im Jahr 1899 kaufte der im Bregenzerwald geborene Johann Michael Kohler 20 Hektar Farmland in der Nähe des Michigansees, um die Produktion seiner aufstrebenden Sanitärfirma zu erweitern. 1912 ließ er auf dem Gelände eine Retortenstadt für seine Arbeiter errichten. Im Zuge seiner Aktivitäten als Mäzen entstand nach seinem Tod der „American Club“, dessen Whistling-Strait-Kurs zu den Top-Spots der Golfwelt gehört. 2010 hat der deutsche Martin Kaymer hier die PGA Championship gewonnen, seinen ersten von bisher zwei Major-Titeln.

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Nach vier Ryder-Cup-Teilnahmen hat sich der 36-Jährige diesmal nicht ins Team spielen können. Wegen seiner Erfahrung und Kurskenntnis wurde Kaymer vom europäischen Team-Kapitän Padraig Harrington (Irland) jedoch als einer von fünf Vizekapitänen berufen, die ihn von Freitag bis Sonntag unterstützen. „Ich habe alles versucht, mich sportlich für das Team zu qualifizieren, muss mir aber eingestehen, dass es nicht gut genug war“, sagt der Düsseldorfer., „jetzt freue ich mich, alles dafür zu geben, dass wir den Ryder Cup in Europa halten.“

Wie immer gehen die USA mit ihren Superstars als Favorit in das Kräftemessen. Und wie immer werden die Europäer mit ihrem Teamgeist dagegenhalten, der ihnen in sechs der letzten neun Vergleiche den Sieg eingebracht hat. Zwar hat Europa mit dem Spanier Jon Rahm die Nummer 1 der Golf-Weltrangliste in seinen Reihen, aber das US-Team mit acht Spielern aus den Top 10 verfügt über tonnenweise Talent und den Glamour-Star des Sports schlechthin: Bryson de Chambeau (27), den Gewaltschläger mit der Schiebermütze, der im Golf zahlreiche Fans, aber keine Freunde zu haben scheint. Besonders mit dem ähnlich kräftig gebauten Landsmann Brooks Koepka verbindet ihn eine innige persönliche Rivalität. Dass beide nun im US-Team eine verschworene Gemeinschaft bilden sollen, scheint ausgeschlossen.

Auf diesen Faktor, wie auf seinen riesigen Erfahrungsvorsprung, baut das europäische Team um den Spanier Sergio Garcia (41), der alleine zehnmal am Ryder Cup teilgenommen hat, nur zweimal weniger als das US-Team insgesamt. Deshalb vereinigt er auch sechs Ryder-Cup-Triumphe auf sich, bei denen er 25,5 Punkte für Europa gewann. Die Profis auf der anderen Seite bringen es insgesamt gerade einmal auf zehn. Diese furchteinflößende Statistik hinterlässt natürlich Spuren. „Wir haben großen Respekt vor dem europäischen Team. Sie haben in den letzten Jahrzehnten offensichtlich Unglaubliches geleistet, und wir sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie wissen, was zu tun ist. Sie wissen, wie man spielt, und sie wissen, wie man sich hier durchschlägt“, sagt Bryson DeChambeau. Der Ryder Cup lässt sogar ihn demütig werden. (mit dpa)

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