Nils Politt: Kurzer Weg in die Weltklasse

Köln – Am Sonntag wird auch Lilly Politt aus Hürth bei Rund um Köln starten. Die noch zweijährige Tochter des Radprofis Nils Politt, auch er ist am 22. Mai bei der 104. Auflage dabei, wird ab 14.30 Uhr im Laufrad-Einlagerennen von ihrer nebenher laufenden Mutter Annike begleitet dem Ziel entgegen rollen. Und damit ihrem in der vergangenen Saison in die Weltklasse aufgestiegenen Vater nacheifern, in mehrerer Hinsicht.

Auch Nils Politt, in Köln geboren und aufgewachsen, hat einst mit Schrittrennen begonnen, und auch er war immer dabei, schon als Baby im Kinderwagen, wenn sein Opa Josef, sein Vater Jörg und seine Onkel Heiner und Alexander selbst als Amateure bei Rennen aktiv waren. Der Vater und ein Onkel sind in dieser Kategorie auch bei Rund um Köln unterwegs gewesen, als Gesandte des RV Komet-Delia 09 aus Köln.

Silvester in der Sporthalle

„Unsere ganze Familie ist radsportverrückt“, sagt Politt, und ergänzt, dass dies in seiner Kindheit besonders für die Rennen in Köln galt. Silvester habe er jahrelang in der Kölner Sporthalle verbracht, beim Sechstagerennen und auch bei Rund um Köln „hatten wir eine Clique von Jungs dabei, die alles von den Profis aufgesammelt haben, was wir finden konnten. Also Flaschen oder Kappen.“

Bei den Juniorenrennen in Köln ist Politt schon in der frühesten Klasse, der U11, dabei gewesen, obwohl sein Vater ihn zunächst zum Fußball geschickt hatte. Aber schnell wollte Nils Politt wissen, wovon seine männlichen Ahnen sprachen, wenn sie die schweren Anstiege im Bergischen Land oder im Vorgebirge aufzählten, durch das die Strecke von Rund um Köln ja auch einst führte.

Am Sonntag ist Nils Politt nun schon vor seiner Tochter unterwegs, als einer der Stars des Profirennens, das um 10.35 Uhr am Harry-Blum-Platz im Kölner Rheinauhafen neutralisiert abgewunken wird. Derzeit fühlt er sich bestens, seit vier Wochen kann er wieder problemlos trainieren und Rennen bestreiten, nachdem ihn noch im Frühjahr eine Bronchitis mehrfach gebremst hatte.

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Politt fühlt sich stark, verpasst aber eine Attacke

Die konkrete Köln-Vorbereitung ist nun auch abgeschlossen, allein diese Woche ist Politt die knapp 200 Kilometer lange Strecke zweimal abgefahren, zuletzt am Mittwoch. Vor allem die neue Kombination aus Agathaberg und Grünenberg, verteilt auf eine Runde, die zu Beginn dreimal passiert werden muss, hat es in sich: „Das ist richtig schwer, da wollte ich wissen, was auf mich zukommt.“

Sein deutsches Bora-hansgrohe-Team schickt eine starke Auswahl nach Köln, weshalb sie zu den favorisierten Mannschaften gehört. Mit dabei ist der zweimalige irische Köln-Sieger Sam Bennett, ein Weltklasse-Sprinter, der robust genug ist, um den Ausflug ins Bergische Land problemlos zu überstehen. Hinzu kommt ein veritabler Sprinterzug für Bennett, so dass er die wohl erste Option seines Teams ist.

Aber Politt dürfte auch eine Chance bei seinem Heimrennen erhalten. „Rund um Köln bedeutet mir sehr viel. Bis zum Start und zur Ziellinie sind es nur zehn Kilometer von meinem Wohnort in Hürth, hinzu kommt die ganze Vorgeschichte meiner Jugend. Es ist deshalb klar, dass ich auch etwas versuchen darf. Ich weiß, worauf es bei der Strecke ankommt.“

Der Coup von Nîmes

Wenn es so kommen würde wie am 8. Juli 2021 auf dem Weg von Paul Trois Chateaux nach Nîmes, als Politt als Solist die zwölfte Etappe der Tour de France des Vorjahres gewann, „wäre das ein Traum. Hier in Köln alleine anzukommen, würde mir viel bedeuten“, sagt er. Und anschließend, im Trubel auf der Zielgeraden, die wieder am Harry-Blum-Platz endet, werden sich dann Annike und Lilly Politt gewiss als erste Zuschauer ein Statement von ihrem Mann und Papa besorgen.