Thomas Kessler ist seit Mai Sportdirektor beim 1. FC Köln. Welche Herausforderungen seine neue Rolle mitbringen und wo sich der FC noch verstärken will.
Thomas Kessler im Interview„Natürlich spüre ich die Erwartungshaltung an meine Position“

Thomas Kessler bei seiner Vorstellung als neuer FC-Sportdirektor. (Archivbild)
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Der 1. FC Köln befindet sich noch bis zum Samstag (26. Juli) im Trainingslager in der Steiermark. Im großen KStA-Interview spricht Sportdirektor Thomas Kessler über seine neue Verantwortung und über die Kaderplanung.
Herr Kessler, seit Mai sind Sie beim 1. FC Köln als Sportdirektor in der Verantwortung. Spüren Sie den Druck der Aufgabe?
Thomas Kessler: Als Sportdirektor trägt man eine größere Verantwortung, die von der Auswahl des Trainerteams bis hin zu den Transfers und Verhandlungen reicht. Dies unterscheidet sich von meiner bisherigen Rolle. Natürlich spüre ich die Erwartungshaltung an meine Position, aber ich sehe das nicht als Druck. Vielmehr bin ich gut vorbereitet und fest davon überzeugt, dass wir gemeinsam alles dafür geben werden, um Erfolg zu haben.
Es ist ein fehleranfälliges Geschäft, an Ihren Entscheidungen hängt sehr viel. Wie gehen Sie damit um?
Die Verantwortung ist natürlich groß, aber mit der Erfahrung habe ich gelernt, Risiken gut abzuwägen und sie durch eine gut strukturierte Herangehensweise bestmöglich zu steuern. Unser Ziel ist es, die Erfolgschancen so hoch wie möglich zu halten. Auch wenn nicht jede Entscheidung garantiert aufgeht, bin ich optimistisch, und wir arbeiten mit voller Energie daran, mit dem FC erfolgreich zu sein.
Thomas Kessler im Interview: FC-Sportdirektor spricht über die Stimmung in der Mannschaft
Hilft es, eine FC-Erfahrung zu haben?
Natürlich ist meine Erfahrung in diesem Umfeld kein Nachteil. Der 1. FC Köln ist ein Klub mit einer enormen Präsenz, und aufgrund meiner jahrelangen Erfahrung im Verein kenne ich sowohl die Gegebenheiten als auch die hohe Erwartungshaltung. Das ist einerseits ein Vorteil, obwohl es auch dazu führen kann, dass man diese Herausforderung manchmal noch stärker spürt.
Wie empfinden Sie die Stimmung um die Mannschaft?
Die Stimmung im Trainingslager ist durchweg positiv. Die Fans vor Ort wirken sehr optimistisch, was insbesondere dem Aufstieg zu verdanken ist. Diese Atmosphäre der Unterstützung motiviert die Spieler und das gesamte Team. Es ist ein gutes Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Wie ist es, prominent zu sein? Hat sich das noch gesteigert?
Der Fokus, der als Fußballer auf einem liegt, ist ein Teil des Berufs, aber als Sportdirektor ist es noch intensiver. Jeder Schritt wird von der Öffentlichkeit genau verfolgt, und der 1. FC Köln bringt eine große Sichtbarkeit mit sich. Ich habe das nie gesucht, aber ich kann damit umgehen und ordne es dementsprechend ein.
Wenn Sie einen Kader für eine neue Saison planen – wo fangen Sie da an?
Die Saisonplanung ist ein kontinuierlicher Prozess, der schon während der laufenden Saison startet. Wir beobachten die Leistung der Spieler im Training und in den Spielen, um ihre Entwicklung zu verfolgen. Gleichzeitig schauen wir uns den Markt an, um unsere Mannschaft gezielt zu verstärken. In der Vorbereitung verfeinern wir unsere Entscheidungen, um den Kader bestmöglich für die neue Saison aufzustellen.

Lukas Kwasniok (r), neuer Trainer des 1. FC Köln, und Sportdirektor Thomas Kessler stehen nach einer Pressekonferenz zusammen. (Archivbild)
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Was ist dabei Ihre Rolle?
Meine Rolle besteht darin, die Entscheidungen zu treffen und den gesamten Prozess zu koordinieren. Die Vorgaben, die die Grundlage für die Kaderplanung bilden, kommen von mir und Lukas als sportlicher Leitung. Wir arbeiten innerhalb eines klaren Budgets, aber ich tausche mich regelmäßig mit der Geschäftsführung aus, um sicherzustellen, dass wir auf dem gleichen Stand sind. Letztlich bin ich für die Kaderzusammenstellung und alle sportlichen Entscheidungen verantwortlich, behalte dabei auch immer das große Ganze im Blick.
Wie bahnen Sie Transfers an? Wie finden Sie heraus, ob ein Spieler sich einen Wechsel vorstellen kann?
Transfers beginnen oft nicht direkt bei mir. Unsere Mitarbeiter stehen im Austausch mit den Beratern der Spieler, und ich werde erst involviert, wenn wir konkrete Angebote prüfen können. Danach führen wir die Gespräche mit dem Spieler und dem abgebenden Klub, um die Verhandlungen zu finalisieren.
Es gibt viele Spieler, die wir beobachten, aber die Zahl derer, mit denen wir tatsächlich in Verhandlungen treten, ist wesentlich geringer.
Mit wie vielen Spielern beschäftigen Sie sich in einem Transfersommer?
Es ist schwierig, eine konkrete Zahl zu nennen. Es gibt viele Spieler, die wir beobachten, aber die Zahl derer, mit denen wir tatsächlich in Verhandlungen treten, ist wesentlich geringer.
Wenn ein möglicher Transfer Sie erreicht, ist schon vieles geklärt.
Zumindest ist schon einiges vorbesprochen, bevor ich extern in Erscheinung trete. Zu diesem Zeitpunkt haben wir im Team bereits viel analysiert und diskutiert. Und selbst wenn der erste Eindruck positiv ist, wird jedes mögliche Transferziel auch mit dem Trainer besprochen. Auch wenn der Trainer nicht final über einen Transfer entscheidet, ist es mir wichtig, dass wir dieselbe Erwartungshaltung an einen Transfer teilen.
Sie haben die zentralen Aufgaben von Christian Keller übernommen. Räumen Sie jetzt auf, was er angerichtet hat?
Es geht nicht darum, etwas zu korrigieren. Die strukturellen Entscheidungen waren gut getroffen, und meine Verantwortung liegt darin, den sportlichen Bereich weiterzuentwickeln. Natürlich gab es in der Vergangenheit einige Themen, bei denen wir nicht immer einer Meinung waren. Das ist doch normal, wenn man täglich zusammenarbeitet.
Was sind Ihre Prioritäten bei der Spielersuche in diesem Sommer?
Aktuell konzentrieren wir uns darauf, unseren Defensivverbund weiter zu verstärken. Zudem halten wir den Markt in der Offensive im Blick, um mögliche Verstärkungen zu prüfen und uns auch hier weiter zu verbessern.

Hat sich auch durch einer starke U19-EM in den Fokus zahlreicher Vereine gespielt: FC-Talent Said El Mala. (Archivbild)
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Wie kam es dazu, Said El Mala eine Vertragsverlängerung anzubieten?
Said hat sich mit starken Leistungen in der Rückrunde und der Europameisterschaft empfohlen. Wir haben daher proaktiv den Vertrag angepasst, um ihm für seine Entwicklung die nötige Anerkennung zu zeigen. Es gab mehrere Angebote, aber wir wollten ein klares Zeichen setzen, dass wir ihn als wichtigen Bestandteil unseres Teams sehen.
Was trauen Sie Said in der Bundesliga zu?
Said kommt mit großem Potenzial, muss sich aber in der Bundesliga beweisen. Es ist wichtig, dass die Erwartungen realistisch bleiben und dass er Zeit bekommt, sich zu entwickeln. Wir werden ihn dabei unterstützen, auch wenn es mal Rückschläge gibt.
Hätte der 1. FC Köln der jüngeren Vergangenheit nicht eher gesagt: Der Spieler hat einen Vertrag unterschrieben, der spielt hier jetzt vorerst für kleines Geld, dann schauen wir mal?
Es ist wichtig, dass wir den Spielern von Anfang an einen klaren Plan aufzeigen, der nicht nur ihre Entwicklung fördert, sondern auch in der Vertragsgestaltung reflektiert wird. Wenn ein Spieler seine Leistung auf dem Platz bringt, sollte er dafür auch entsprechend belohnt werden. Letztlich geht es darum, eine langfristige Zusammenarbeit aufzubauen, in der sich die Spieler kontinuierlich weiterentwickeln und sich bei uns wohlfühlen, um ihr volles Potenzial zu entfalten.