Zeitzeugen der Meisterschaft 1962So erinnert sich ein FC-Fan an den ersten Titel

Josef Zenger (l.) im Laufduell am 12. Mai 1962
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Köln/Berlin – In weniger guter Erinnerung haben naturgemäß die Verlierer des Endspiels um die deutsche Meisterschaft 1962 diesen Tag. Doch, bei aller Enttäuschung, Josef Zenger ist ein fairer Sportsmann. „Die Kölner haben das genauso verdient gewonnen wie wir im Jahr zuvor gegen Borussia Dortmund. Vielleicht ein wenig zu hoch“, gibt der ehemalige rechte Außenläufer des 1. FC Nürnberg ohne Zögern zu. „Das 0:4 war schon deprimierend.“
Dabei hätte Zenger eigentlich gar nicht auflaufen dürfen. Beim letzten Gruppenspiel gegen den FC Schalke 04 am 5. Mai 1962 hatte der Offensivspieler eine Muskelverletzung erlitten. An der Vorbereitung auf das Finale konnte er nicht teilnehmen. „Ich konnte nicht trainieren. Für das Endspiel habe ich Spritzen bekommen“, erinnert sich der 86-jährige. Noch im Vorjahr war Zenger maßgeblich am Titelgewinn des „Clubs“ beteiligt. Im Vorrundenspiel am 14. Juni 1961 war es Zengers Treffer zum 2:1, der die Titelträume des FC beendete. „Ich habe mich schwarz geärgert, aber für ein Endspiel sagt man nicht so einfach ab“, bedauert Zenger, der nach seiner Fußball-Karriere als Speditionskaufmann unter anderem 22 Jahre für die Kölner Spedition Emons tätig war. „Dann hatte ich auch noch das Pech gegen Hans Schäfer spielen zu müssen.“
Flug mit den Meistern
Deutlich bessere Erinnerungen an das Finale hat Emil-Karl Ehms. Mit seinem Rodenkirchener Kegelklub flog der heute 88-jährige nach Berlin. Der Vereinsvorsitzende hatte alles organisiert. Ehms, der damals noch in Hürth-Efferen lebte, ging oft zu Fuß zu den Heimspielen im Müngersdorfer Stadion. Eine ganze Woche verbrachte die Fan-Gruppe im geteilten Berlin. „Wir haben auch den Ostsektor besucht. Der Pass eines Kegelbruders war ungültig, da haben wir eine ganze Stunde am Grenzposten warten müssen“, erinnert sich Ehms.
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Nach dem gewonnen Endspiel flogen die Kegelbrüder aus dem Kölner Süden in der Chartermaschine des 1. FC Köln mit zurück an den Rhein. „Über Hannover war der Alkohol an Bord aus“, berichtet Ehms von der Sause im Flugzeug. Mit einem Krätzchen in Vereinsfarben machte Ehms die Runde durch den Flieger. „Ich habe von allen ein Autogramm eingesammelt, da konnte mir schließlich keiner weglaufen“, erzählt Ehms weiter. Kölns damaliger Oberbürgermeister Theo Burauen habe ihm noch scherzhaft geraten, einen Scheck darunter zu legen. Am Flughafen wurden die glückseligen Fans von ihren Frauen abgeholt und schlossen sich dem Autokorso zurück in die Stadt an.
Aus einer Sonderausgabe der „Neue Rhein Zeitung“ nach dem Endspiel von Berlin gibt es einige Anekdoten rund um den ersten Titelgewinn des 1. FC Köln. So sagte auf dem Flug zum Finale der in Köln geborene DFB-Präsident Peco Bauwens den Ausgang vorher. „Rechts unter uns liegt das Olympia-Stadion“, wies eine Stewardess die Passagiere auf den Austragungsort hin. „Dat ehs dä Platz, op dem die Kölsche Deutscher Meister wäde“, antwortete Bauwens lauthals.
Banger Blick über Berlin
Etwas angespannter war FC-Schatzmeister Richard Pelzer, der am Vorabend des großen Spiels mit einem befreundeten Rechtsanwalt auf dem Hilton-Dachgarten über die hell erleuchte Stadt blickte. „Hoffentlich ist morgen Berlin auch noch so schön – nach dem Spiel“, bangte der Funktionär.
Liselotte Kremer lenkte sich mit einem Besuch des Musicals „My Fair Lady“ im Theater des Westens ab. „Wenn das Spiel morgen so schön wird, wie es hier auf der Bühne der Fall ist, natürlich mit dem Happy-End für uns, na, dann war Berlin wirklich eine Reise wert“, hoffte die Präsidenten-Gattin.