StandesamtHohe Hürden vor der Hochzeit

Lesezeit 5 Minuten
Einen dicken Ordner mit Schreiben und Unterlagen zu ihrer geplanten Trauung wälzen David Voß und Stella Jator. Sie hoffen, dieses Jahr endlich den Bund der Ehe eingehen zu können. BILD: KOMUTH

Einen dicken Ordner mit Schreiben und Unterlagen zu ihrer geplanten Trauung wälzen David Voß und Stella Jator. Sie hoffen, dieses Jahr endlich den Bund der Ehe eingehen zu können. BILD: KOMUTH

Erftstadt-Lechenich – „Ich will doch bloß meine Freundin heiraten und kann einfach nicht verstehen, warum daraus so ein Wahnsinn gemacht wird.“ David Voß (31) ist frustriert und wütend zugleich. Seit vielen Monaten schon versuchen er und seine Freundin, die gleichaltrige Stella Jator, vergeblich, vor dem Lechenicher Standesamt den Bund fürs Leben zu schließen. Immer wieder seien neue bürokratische Hindernisse aufgetaucht, beklagen sie.

Stella Jator kommt aus dem westafrikanischen Kamerun. „Ich war einer geplanten Zwangsheirat zuvorgekommen und bin rechtzeitig aus meiner Heimat geflüchtet“, erzählt die Frau. Bekannte hätten ihr geholfen, das Land zu verlassen. Nach ihrer Ankunft in Deutschland habe sie zunächst für kurze Zeit bei Bekannten in Köln wohnen können, berichtet die Frau. Und genau in diesen Tagen habe sie David Voß kennengelernt. „Wir haben uns in einem Fast-Food-Restaurant gesehen, und es hat sofort gefunkt“, berichtet der Lechenicher. „Wir kamen miteinander ins Gespräch, und ich nahm sie mit ins elterliche Haus nach Lechenich.“

Asylantrag gestellt

Sie zogen einen Rechtsanwalt zurate: Hajo Hök aus Köln. Der habe Stella geraten, einen Asylantrag zu stellen. Gesagt, getan. Die Frau wurde einem Übergangsheim in Neckarsulm zugewiesen. Doch dort wohnen wollte sie nicht. Sie hielt sich bei ihrem Freund in Lechenich auf, kam aber regelmäßig zurück ins Heim, um Essensmarken und Taschengeld abzuholen oder Kleidung zu besorgen. Im Oktober 2007 seien die beiden erstmals zum Lechenicher Standesamt ins Historische Rathaus gegangen, berichten sie. Die erforderlichen Unterlagen hätten sie beizubringen, sei ihnen gesagt worden.

In der Kamerunischen Botschaft in Bonn sei das Aufgebot der Frau bestellt worden und zur abschließenden Prüfung der vorliegenden Dokumente zur deutschen Botschaft in die kamerunische Hauptstadt Yaoundé geschickt worden. „Alles schien glattzulaufen“, berichtet David Voß. „Die Unterlagen waren geprüft und zurückgeschickt worden. Die Lechenicher Standesbeamtin habe mitgeteilt, alle Unterlagen seien da, und ein Hochzeitstermin sollte anberaumt werden.

„Doch kaum waren wir auf dem Amt, wurde der Pass meiner Freundin eingezogen und zur Ausländerbehörde geschickt“, berichtet David Voß. Unterdessen sei vom Oberlandesgericht eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt worden, dass David und Stella nicht verwandt seien. Eine „Bestätigung zur Anmeldung der Eheschließung“ sei ausgehändigt worden. Nun schien es doch noch mit der Heirat zu klappen. Dachten sie. Da habe das Telefon bei Voß geklingelt. Die Standesbeamtin rief an, sie habe die Ausländerakte von Stella Jator eingesehen und dabei die Kopie einer angeblichen Heiratsurkunde der Frau entdeckt. „Wir wussten, dass dieses Dokument eine Fälschung ist. Das Schriftstück war vor Jahren angefertigt worden, weil ich schon früher geplant hatte, meine Heimat zu verlassen“, erklärt die Frau.

Jators Akte landete schließlich bei der Standesamtsaufsicht in Bergheim und wurde von dort zum Personenstandsgericht nach Köln weitergeleitet. Eine Anhörung am 11. Dezember vor Gericht sollte Klarheit bringen. Doch kaum war die Befragung abgeschlossen, sei Stella Jator von der Polizei verhaftet worden, berichtet David Voß. Begründung: Sie habe keine Aufenthaltsgenehmigung. Die Frau wurde ins Polizeipräsidium nach Köln gebracht. Anwalt Hök habe interveniert. Es liege kein Abschiebebefehl vor. „Sie sollte wohl abgeschoben werden, damit Fakten geschaffen werden und eine Hochzeit unmöglich wird“, mutmaßt David Voß. Schließlich wurde die Afrikanerin einem Haftrichter vorgeführt. Der aber habe zugunsten seiner Freundin entschieden. Mit der Auflage allerdings, dass sie sich permanent im Hause der Familie in Lechenich aufzuhalten habe. Das Gericht fasste einen Beschluss, dass einer Heirat nichts im Wege stehe. Von einer Scheinehe könne nicht ausgegangen werden. So zogen die beiden abermals zum Standesamt, zur erneuten Anmeldung für die Eheschließung. Doch nun sei man zu einer anderen Mitarbeiterin der Behörde gekommen, berichten die Lechenicher. Jetzt müsse nur noch eine Meldebescheinigung der Frau vorgelegt werden. Da aber der Pass eingezogen wurde, musste sie sich um das Dokument oder eine Kopie desselbigen bemühen. Die Standesbeamtin habe die Kopie des Passes inzwischen besorgt, teilt die Stadtverwaltung mit. Damit, so scheint es, könnte die Hochzeit doch noch wahr werden.

„Korrekt verhalten“

Während die Heiratswilligen von „schier endloser Behördenwillkür“ und „unverständlichen bürokratischen Hürden“ sprechen, weist die Stadtverwaltung alle Kritik zurück. Die Standesbeamtin habe sich „korrekt verhalten“, erklärt die städtische Pressesprecherin Margret Leder. Bei einem laufenden Asylverfahren sei es notwendig, die Ausländerakte bei der Ausländerbehörde anzufordern. „In dieser war eine Heiratsurkunde aus Kamerun vorhanden. Normalerweise ist die Antragstellerin verpflichtet, zu beweisen, dass sie nicht verheiratet ist. Die Standesbeamtin hat sich trotz dieser Verpflichtung an die Deutsche Botschaft mit der Bitte gewandt, die Heiratsurkunde zu überprüfen, weil Frau Jator versichert hat, nicht verheiratet zu sein“, sagt Leder.

Wegen des laufenden Asylverfahrens habe die Standesbeamtin „begründeterweise eine Überprüfung des Falls wegen einer möglichen Scheinehe an die Standesamtsaufsicht des Rhein-Erft-Kreises geleitet“. Der Fall sei tatsächlich am Personenstandsgericht verhandelt und der Eheschließung sei zugestimmt worden. Der Beschluss sei rechtskräftig. Das Ausländeramt Köln habe jedoch seit dem 8. November nach der Afrikanerin gefahndet und den Gerichtstermin genutzt, um die Frau aus Kamerun festzunehmen.

Letzte Station der Familie Voß war kürzlich das Liblarer Rathaus. In einem Gespräch mit Ordnungsdezernent Volker Erner wurde der Fall beraten. Einwohnermelderecht und Ausländerrecht seien schwer unter einen Hut zu bringen, habe das Fazit des Gesprächs gelautet, berichtet nach dem Treffen Davids Mutter Hildegard. Die Verwaltung wolle die Sache nochmals prüfen. Das Ende der Geschichte sei weiterhin offen.

KStA abonnieren