Ultra-Rechte holt die Vergangenheit ein

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Die ultrarechten Kommunalpolitiker Markus Beisicht (links stehend) und Manfred Rouhs Anfang der neunziger Jahre bei einer Diskussionsveranstaltung im Kölner Gürzenich. Sitzend davor der ehemalige Deutsche-Liga-Unterstützer Ulrich Klöries, der jetzt vom Landgericht Köln zu 15 Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt wurde.

Die ultrarechten Kommunalpolitiker Markus Beisicht (links stehend) und Manfred Rouhs Anfang der neunziger Jahre bei einer Diskussionsveranstaltung im Kölner Gürzenich. Sitzend davor der ehemalige Deutsche-Liga-Unterstützer Ulrich Klöries, der jetzt vom Landgericht Köln zu 15 Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt wurde.

Er traktierte die junge Frau mit Faustschlägen, als sie blutüberströmt vor ihm auf dem Boden lag, hämmerte er mit dem Kolben eines Luftgewehres auf ihren Kopf ein, der Besinnungslosen schoss er mindestens zehnmal in die Schläfe und den Körper, dann stach er zweimal mit einem Messer zu und verging sich anschließend sexuell an der Leiche. Weil er seine 27-jährige Mitbewohnerin nach einem Streit bestialisch getötet hat, wurde der 37-jährige Ulrich Klöries vergangene Woche wegen Totschlages vor dem Landgericht zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Gegen diese Entscheidung hat die Staatsanwaltschaft jetzt Revision eingelegt. Die Strafe sei viel zu niedrig, meint Anklägerin Margarethe Reifferscheidt, die schon im Prozess auf lebenslängliche Haft plädiert hatte: „Ich gehe nach wie vor von einem Mord aus.“

Der Mann, den die Staatsanwältin für den Rest seines Lebens hinter Gittern sehen möchte, ist in Köln kein Unbekannter. Ulrich Klöries, der in der Vergangenheit enge Kontakte zur Neonazi-Szene hatte, war 1994 bei der Kommunalwahl einer der Kandidaten auf der offenen Liste der ultrarechten „Deutsche Liga für Volk und Heimat“. Auf den vorderen Listenplätzen kandidierten die Rechtsextremen Markus Beisicht und Manfred Rouhs. Beide sind heute führende Köpfe der „Bürgerbewegung Pro Köln“, die wiederum ihre politischen Wurzeln bei der „Deutschen Liga“ hat.

„Unter dem Deckmantel kommunalpolitischer“ Themen versuche „Pro Köln“, Gemeinsamkeiten mit Wählern aus der politischen Mitte „vorzutäuschen“, glaubt Jörg Detjen, Fraktionschef der Linkspartei im Kölner Rat, ebenso wie seine Kollegen von der CDU und SPD.

Ralph Sterck von der FDP spricht sogar vom „Wolf im Schafspelz, von rechten Rattenfängern, die populistische Themen dazu benutzen, um Menschen in ihren Dunstkreis zu ziehen.“

Gegen die Erwähnung in den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzberichten von 2002 bis 2005 hat „Pro Köln“ zwar geklagt. Doch nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wird die Partei im Bericht für 2006 wieder unter der Rubrik „Rechtsextremismus“ geführt. Es lägen „gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte“ für den Verdacht der extremistischen Bestrebungen vor, heißt es in dem Papier, das am Mittwoch veröffentlicht werden soll. Die Verfassungsschützer stützen sich in ihrer Bewertung unter anderem auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf.

Demnach würden Ausländer „pauschal als Ursache für Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Absenkung des Bildungsniveaus“ dargestellt. Zudem gebe es eine Zusammenarbeit „mit anderen rechtsextremistischen Organisationen“. Der Verdacht, Pro Köln wolle „tragende Strukturprinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung, zum Beispiel die Achtung der Menschenwürde“, beseitigen oder „außer Geltung“ setzten, sei begründet.

Die ultrarechten Kommunalpolitiker haben dies zwar stets bestritten. Bei dem Bemühen, ihr „Saubermann-Image“ zu pflegen, werden sie aber immer wieder von der Vergangenheit eingeholt. Denn im Dunstkreis der „Deutschen Liga“, deren Werdegang Rouhs und Beisicht maßgeblich mitbestimmt haben, bewegte sich so manch zweifelhafte Figur.

Er sei von 1993 bis 1998 Aktivist dieser Partei gewesen, sagte der alkoholabhängige Ulrich Klöries vor Gericht. In der Zeit wurde er dreimal wegen Körperverletzung verurteilt, zuvor war er sechs Jahre lang Mitglied der rechtsextremistischen FAP („Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“), einem Sammelbecken für militante Neonazis.

„Wie die aufgetreten sind, das hat mir schon sehr imponiert. Die waren wie eine Familie für mich“, räumte Klöries vor Gericht nun ein. Der neonazistische Verein, berüchtigt unter anderem für gewalttätige, rassistisch motivierte Übergriffe, wurde im Februar 1995 vom Bundesverfassungsgericht verboten.

Ulrich Klöries, von dem die ehemaligen Liga-Funktionäre Rouhs und Beisicht behaupten, ihn nicht gekannt zu haben, ist nicht der einzige dubiose Unterstützer der rechtsextremen „Deutschen Liga“. Im Kommunalwahlkampf 1994 beispielsweise schoss ein Anhänger der Partei an einem Info-Stand mit einer Gaspistole auf Kritiker. Von einem anderen Kameraden ließ sich der Liga-Aktivist Rouhs, der heute für „Pro Köln“ im Stadtrat sitzt, zu seinen Veranstaltungen fahren: Thomas Adolf, der erstmals im Herbst 1992 in der rechten Szene aufgetaucht war, hatte sich kostenlos als Chauffeur und für Kurierfahrten angeboten.

Etwa elf Jahre später machte der glühende Nationalsozialist als „Killer von Overath“ Schlagzeilen. Mit einer Schrotflinte erschoss er im Oktober 2003 einen Anwalt, dessen Frau und Tochter. Schon Anfang der neunziger Jahre soll Adolf von angeblichen Söldnereinsätzen und Killerkommandos erzählt, die Gründung einer Wehrsportgruppe geplant haben. Rouhs will davon nie etwas gehört haben.

Aber er schätzte offensichtlich die ideologischen Fähigkeiten des Möchtegern-Söldners. Im November 1993 durfte Adolf in der von Rouhs herausgegeben Zeitschrift „Europa Vorn“ einen Artikel über die Zukunft der rechten Parteien in Deutschland veröffentlichen. Unter der Schlagzeile „Zwei Hauptwege zur rechten Einheit“ schwadroniert der Nazi-Verehrer: „Die Erneuerung Deutschlands kann nur einer geistigen Abkehr unseres Volkes von dieser in ihren Grundfesten verkommenen Gesellschaft folgen.“

Dies glaubt vermutlich auch Axel Reitz. Ein Foto zeigt den jungen Pulheimer bei einer Kundgebung in Kalk vor der Kommunalwahl im Herbst 1999 neben Manfred Rouhs. Reitz ist laut Verfassungsschutz einer der einflussreichsten Neonazis der Republik. Er ist mehrfach wegen Volksverhetzung und Nutzung von Nazi-Symbolen vorbestraft, momentan verbüßt er eine 33-monatige Haftstrafe wegen Volksverhetzung.

Vor Gericht vertreten wurde er nach eigenen Angaben wiederholt vom Pro-Köln-Vorsitzenden und Rechtsanwalt Markus Beisicht. Was mit seinen Gegnern geschehe, wisse er genau, hat Reitz, der als Berufswunsch „SA-Standartenführer“ angegeben hat, bei einer Veranstaltung einmal gesagt. Irgendwann würde man denen „den Kopf abschlagen. Die werden dann auf den Marktplatz gestellt und erschossen für das, was sie getan haben. In diesem Sinne: Sieg Heil!“

Pro-Köln-Kämpfer Rouhs passt das gemeinsame Foto nicht in den Kram. Er habe den jungen Mann nicht gekannt, habe nicht gewusst, wer neben ihm stand, behauptete Rouhs vor geraumer Zeit. Doch aus dem Munde von Reitz klingt das etwas anders. Der Pro-Köln-Mann habe ihn 1999 sogar gebeten, die Kundgebung mit zu organisieren, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die meisten Teilnehmer sind auf meine Veranlassung gekommen.“

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