Wenn sich am Sonntagabend im Münster-Tatort Professor Börne über die Leiche beugt, glauben viele Zuschauer, sie sehen einen Pathologen bei der Arbeit. In der Realität obduziert ein Rechtsmediziner solche Fälle. Pathologen hingegen beschäftigen sich hauptsächlich mit lebenden Menschen.
Kölner Plattform vernetzt Pathologen weltweitWie Smart In Media die Krebsdiagnostik optimiert

Die Power der Pixel: Digitale Gewebebilder im PathoZoom Digital Lab ermöglichen eine präzisere und schnellere Diagnose.
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Sie sind die Ärzte, die in Gewebeproben bereits frühzeitig Hinweise auf Krankheiten erkennen. Jede Krebsdiagnose weltweit wird von einem Pathologen gestellt – und das Kölner MedTech-Unternehmen Smart In Media verändert das „Wie“.
Software-Lösungen für digitale Befunde
Der Blick in den Alltag zeigt: Rund 80 Prozent der Pathologen arbeiten fast noch so wie vor 100 Jahren: In stundenlanger Konzentration mit dem Auge am Mikroskop betrachten sie das fein geschnittene, gefärbte Gewebe, das auf Glasplättchen aufgezogen wurde. Diese Objektträger werden oft per Kurier quer durchs Land transportiert und händisch sortiert. Pathologen zählen die veränderten Zellen unter dem Mikroskop oft noch manuell aus. Die Diagnose erreicht Patienten in Deutschland im Schnitt erst nach einer Woche – wertvolle Zeit, in der noch unklar ist, ob ein Tumor gutartig oder bösartig ist. Genau hier setzt eine Entwicklung an, die die Pathologie derzeit grundlegend verändert. Eines ihrer Zentren liegt in Köln-Lindenthal. Dort entwickelt das MedTech-Unternehmen Smart In Media Software-Lösungen für die digitale Befundung am Bildschirm. „Unsere Systeme liefern World-Class-Performance für die Krebsdiagnostik; wir entlasten Pathologen spürbar und beschleunigen ihre Routinediagnostik“, sagt CEO Dr. Detlef Finkler. Das Interesse ist groß. Zu den Kunden zählen bereits viele Pathologie-Institute in Deutschland, europäische und amerikanische Spitzenzentren sowie international führende Berufsverbände. Denn Smart In Media bietet Pathologen digitale Arbeitsplätze, flexible Zusammenarbeit von Experten, die an verschiedenen Standorten sitzen, sowie die Möglichkeit, moderne KI-Analysen in den Workflow einzubinden.

Dr. Detlef Finkler ist CEO bei Smart In Media.
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Grundlegender Wandel diagnostischer Arbeit
Für die diagnostische Arbeit bedeutet das einen grundlegenden Wandel. Statt etwa 50 bis 60 Objektträger einer Prostatabiopsie nacheinander unter dem Mikroskop zu betrachten, können Pathologen die gescannten Objektträger am Bildschirm per Mausklick jetzt viel effektiver sowie präziser beurteilen – und bei Bedarf Kollegen live dazu schalten. Routineaufgaben, wie das Auszählen großer Zellmengen, übernimmt die KI, wobei die ärztliche Verantwortung für die Diagnose beim Pathologen bleibt. Mit Smart In Medias Einsteigerlösung „PathoZoom Scan & LiveView“ können Ärzte Glasobjektträger mit Proben direkt am Mikroskop digitalisieren, diese per QR-Code, Link oder im Livestream mit Kollegen teilen – und so innerhalb weniger Sekunden eine Zweitmeinung einholen, statt die Objektträger dafür erst per Kurier durch die Gegend zu schicken.
Zukunftsweisende Diagnostikplattform
Für Pathologien, die einen Schritt weitergehen möchten, hat das Unternehmen mit „PathoZoom Digital Lab“ eine zukunftsweisende Diagnostikplattform entwickelt, deren Herzstück ein sogenanntes „Image-Management-System“ ist. Damit können Pathologen sämtliche Fälle digital am Bildschirm betrachten, im Team diagnostizieren und verschiedene KI-Tools nutzen. Das sind bei Unikliniken durchaus 300 Fälle am Tag, die somit effizienter befundet werden können. „Software muss Ärzte schneller machen, nicht langsamer“, betont Martin Weihrauch. „Sie muss so zügig laufen, wie das Scannen an der Aldi-Kasse.“ Dieser Satz gilt bei Smart In Media inzwischen als Maßstab für die Geschwindigkeit der Software. Zudem werden Benutzerfreundlichkeit und intuitive Bedienung großgeschrieben. Smart In Medias „Digital Lab“ ist mit allen gängigen Hochleistungsscannern, Laborinformationssystemen und KI-Modulen für Pathologen kompatibel. „Wir haben bewusst ein offenes System entwickelt, das aus der Perspektive der Ärzte gedacht ist“, sagt Firmengründer und Chief Medical Officer Priv.-Doz. Dr. Martin Weihrauch.

Mit PathoZoom Scan & LiveView können einzelne Objektträger am Mikroskop digitalisiert, mit Kollegen geteilt und sogar KI-gestützt analysiert werden.
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Neue Flexibilität für Pathologien
Die Digitalisierung schafft auch eine neue Flexibilität, die Pathologien dringend benötigen: Mehr als 70 Prozent der deutschen Pathologen sind über 50 Jahre alt. Nachwuchs fehlt. Gleichzeitig prognostiziert die WHO, dass sich die Zahl der zu diagnostizierenden Fälle bis 2040 verdoppeln wird. Eine weitere Herausforderung ist: Junge Ärzte verlassen nach ihrer Facharztprüfung häufig ihre Ausbildungsstätte, weil sich ihre Lebenssituation verändert. Mit digitalen Arbeitsplätzen können sie oft und leichter Teil des Teams bleiben. Die Geschichte hinter Smart In Media ist eng mit dieser Praxisnähe verknüpft. Das Software-Unternehmen wurde von zwei Ärzten gegründet: Priv.-Doz. Dr. Martin Weihrauch, selbst Hämatologe und Onkologe sowie zudem versierter Softwareentwickler, und dem Pathologen Priv.-Doz. Dr. Alberto Pérez Bouza, der eines der ersten komplett digital arbeitenden Pathologie-Institute Deutschlands aufgebaut hat und leitet. Aus ihrer Anfangsidee, mikroskopische Lehrfälle zu digitalisieren, ist ein mittelständisches Unternehmen entstanden.Hunderte Smart-In-Media-Systeme sind derzeit weltweit im Einsatz, vor allem in Europa und den USA. Täglich werden damit Tausende Patientenfälle diagnostiziert – und Smart In Media wächst weiter. Um international zu expandieren, sucht die private Aktiengesellschaft zusätzliche Investoren. „Der Bedarf an unseren Lösungen ist groß“, weiß Dr. Weihrauch, „vom Universitätsklinikum bis zum privaten Labor“.
Smart Media - Daten & Hintergründe
Sitz: Köln-Lindenthal
Unternehmensform: Private Aktiengesellschaft
Gründer: PD Dr. Martin Weihrauch (Hämatologie, Onkologie) und PD Dr. Alberto Pérez Bouza (Pathologe)
Team: Rund 45 Mitarbeitende
Lösungen: Digitale Mikroskopie-, und Diagnostikplattformen, Mikroskop-Digitalisierung
Besonderes Profil: Offene Softwarearchitektur, entwickelt aus ärztlicher Praxis
Verbreitung: Mehrere hundert Diagnostik-Systeme in Europa und den USA; und über 100 Universitäten und Fachverbände nutzen die Smart In Medias eLearning-Mikroskopierplattform für die Ausbildung und Lehre
Zielsetzung: Beschleunigung diagnostischer Abläufe, sichere Zusammenarbeit, Integration moderner KI-Analyse Aktuelle
Entwicklung: Ausbau internationaler Standorte; Suche nach Investoren zur weiteren Expansion
„Pathologen brauchen Freiheit“

Dr. Martin Weihrauch ist Gründer und Chief Medical Officer von Smart In Media.
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Interview mit Gründer PD Dr. Martin Weihrauch, Hämatologe/Onkologe und Chief Medical Officer von Smart In Media
Herr Dr. Weihrauch, Sie sagen: „Pathologen brauchen Freiheit.“ Was heißt das konkret?
Dr. Martin Weihrauch: Freiheit bedeutet, dass Pathologen nicht mehr an Orte, Geräte oder starre Abläufe gebunden sind. Sie sollen Fälle sofort teilen, digital begutachten und moderne Werkzeuge nutzen können – ohne technische Hürden. Für mich ist das eine Grundvoraussetzung für gute Medizin. Viele arbeiten weiterhin ausschließlich am klassischen Mikroskop.
Warum wird das zum Problem?
Weihrauch: Weil dieser Ansatz langsam ist und Abhängigkeiten schafft. Wenn Proben durchs Land geschickt oder Routinetätigkeiten händisch erledigt werden, verlieren wir Zeit. Wo viel händisch erledigt wird, sind auch viele Fehlerquellen. Digitale Systeme schaffen Sicherheit genauso wie Beweglichkeit und Geschwindigkeit. Diese brauchen wir dringend, um mit steigenden Fallzahlen Schritt zu halten.
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in diesem Wandel?
Weihrauch: KI ersetzt keinen Arzt. Sie gibt ihm Zeit — und zwar für das, was medizinisch entscheidend ist. Routineaufgaben lassen sich automatisieren, Diagnosen werden reproduzierbarer, und die Qualität steigt. Die ärztliche Verantwortung bleibt selbstverständlich vollständig beim Pathologen. Aber künftig wird es die Ausnahme sein, ohne KI-Assistenz zu arbeiten. Die Vorteile nicht zu nutzen, wäre fahrlässig gegenüber Patienten und Teams.
Warum setzen Sie so stark auf offene Systeme?
Weihrauch: Weil Offenheit echte Handlungsfreiheit schafft. Unsere Plattform ist mit jedem Scanner, jedem Laborinformationssystem und jedem KI-Modul kompatibel. Pathologen sollen selbst entscheiden, womit sie arbeiten möchten. Geschlossene Systeme behindern Innovation, offene Systeme beschleunigen sie.
Was bedeutet diese Freiheit für die Zukunft der Diagnostik?
Weihrauch: Sie verbessert Qualität, Tempo und Zusammenarbeit. Wenn Pathologen flexibel arbeiten – im Institut, von zu Hause aus oder standortübergreifend im Team – profitieren am Ende die Patienten. Freiheit ist kein Nice-to-have. Sie ist die Voraussetzung für verlässliche Diagnostik in einer Zeit, in der der Bedarf stetig steigt.
