Vorboten für Veränderungen bei Moeller

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Die Bonner Moeller-Gruppe muss wegen anhaltender Finanzschwierigkeiten offenbar verkauft werden. Sollte sich ein Großkonzern für das Familienunternehmen interessieren, scheinen vor allem die Bonner Arbeitsplätze gefährdet.

Bonn - Wie Kenner des als sehr verschlossen geltenden Konzerns berichten, hat Firmenchef Gert Moeller (79) schon seit geraumer Zeit keinen Einfluss mehr auf die Finanzen des Hauses. Stattdessen sollen die Banken die Kontrolle über die Konten an sich genommen haben. Betriebswirtschaftliche Fehlentscheidungen, lahmende Konjunktur und familieninterne Streitigkeiten sollen das Traditionsunternehmen, das weltweit gut 12 000 Mitarbeiter beschäftigt, in eine immer prekärer werdende Lage gebracht haben. Nur der Einstieg eines finanzkräftigen Großkonzerns scheint zurzeit eine Perspektive zu bieten. Im Zuge der für diesen Fall zu erwartenden Rationalisierungsmaßnahmen stünden besonders die Bonner Firmenzweige von Moeller zur Disposition: Verwaltung sowie Forschungs- und Entwicklungsabteilung gelten bei Übernahmen in der Regel als entbehrlich.

Mit insgesamt 36 Produktionsstätten auf fünf Kontinenten sorgt der Spezialist für Automatisierungsprozesse für globale Präsenz des grünen Firmenlogos, aus dem erst vor zwei Jahren der Name Klöckner entfernt wurde. An die Bonner Zentrale ist neben Administration und Forschung auch ein Fertigungswerk angegliedert. Zählt man die Niederlassung in Bornheim-Hersel und das Versandzentrum in Meckenheim hinzu, beschäftigt Moeller über 1000 Mitarbeiter in Bonn und Umland. Seitens ihres Arbeitgebers haben diese indes keinen baldigen Aufschluss über ihr Schicksal zu erwarten: „Das Unternehmen gibt in dieser Angelegenheit keinerlei Auskünfte“, hieß es am Montag gewohnt wortkarg aus der Zentrale. Die Frage allerdings ist, ob man in der Hein-Moeller-Straße lediglich blockt, oder ob es die Geschäftsführung selber nicht besser weiß.

Firmenkenner, die namentlich nicht genannt werden wollen, führen die unübersichtliche Konzernstruktur als Ursache der unklaren finanziellen Situation des Elektrospezialisten an. So werde in hiesigen Gremien gemeinhin lediglich die innerdeutsche Geschäftslage erörtert, wie die Finanzlage in anderen Ländern aussehe, sei weitgehend unbekannt. Jedoch verdichteten sich zurzeit die Anzeichen, dass die Geschäftsführung darum bemüht sei, die auswärtigen Geschäftsfelder sowohl personal- als auch kostenmäßig zu erfassen. Was in anderen Unternehmen eine Selbstverständlichkeit sei, könne bei Moeller durchaus als Novum bezeichnet, in jedem Falle aber als Vorbote für tief greifende Veränderungen verstanden werden.

Noch befindet sich das Unternehmen ausschließlich in Familienbesitz. Neben Gert Moeller und seiner Ehefrau werden ihre drei Töchter als Gesellschafter geführt. Die Versuche des Patriarchen, die Konzernführung auf ein Mitglied der Familie zu übertragen, dürfen inzwischen als gescheitert bewertet werden: Schwiegersohn Emil Seidel, einst mit der ältesten Tochter Ilse verheiratet, fiel 1999 nach unredlichen Affären in Ungnade. Seidel war es auch, dem nun eine Expansionspolitik vorgeworfen wird, die zu den gravierenden finanziellen Engpässen der Gegenwart geführt haben. Zu den Ankäufen seiner Ära zählte auch der Kölner Kabelhersteller Felten & Guilleaume. Auch an der schwachen Gesamtkonjunktur hat der Konzern zu knabbern. Wurde am 17. August 2002 für das Geschäftsjahr 2000 / 2001ein Verlust von 17,5 Millionen Euro bekannt gegeben, so stehen die Zahlen das Folgejahr noch aus - kein gutes Zeichen.

Ein positives Ergebnis ist indes allein auf Grund der unsteten Managementpolitik des Hauses nicht zu erwarten. Nach dem Ausscheiden Seidels wurden mannigfaltige Bewegungen an der Unternehmensspitze registriert, zuletzt sei mit Wolfgang Blome ein „sehr kompetenter Manager gegangen worden“, der über exzellente Kontakte zur Firma Siemens, einem Kunden und Kooperationspartner mit Potenzial, verfügt habe. Angesichts der Entwicklungen sei nun bei Moeller ein „Grundig-Effekt“ zu befürchten. Auch bei diesem Weltkonzern habe der Eigentümer bis ins hohe Alter die Geschäfte geführt, „mit dem Erfolg, dass die Firma anschließend Pleite gegangen ist“.

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