WattestäbchenGefährlich fürs Trommelfell

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Bildet sich ein Pfropf im Ohr, kann dieser nicht mehr von allein nach außen transportiert werden. (Bild: Thinkstock)

Bildet sich ein Pfropf im Ohr, kann dieser nicht mehr von allein nach außen transportiert werden. (Bild: Thinkstock)

Der Eingang des Gehörgangs ist höchstens einen Quadratzentimeter groß. Und wenn man weiß, dass der Körper eine Oberfläche von knapp zwei Quadratmetern hat - dann ist es extrem unwahrscheinlich, dass etwa ein Ast beim Waldspaziergang so in den Gehörgang schrammt, dass er das Trommelfell erreicht und durchsticht. Und trotzdem passiert es.

Viel öfter allerdings kommt es vor, dass die Patienten sich das Trommelfell selbst durchstechen. Versehentlich natürlich, beim Reinigen des Gehörgangs mit einem Wattestäbchen. Wie oft das passiert, ist nicht herauszubekommen, es gibt keine Statistik. Aber die HNO-Ärzte winken fast gelangweilt ab: eine Alltagsverletzung. Ein Kollege erzählt sogar von einem Patienten, der sich gleichzeitig beide Ohren reinigen wollte, durch ein Geräusch erschrak und sich beide Trommelfelle durchstach.

Dass es überhaupt dazu kommt, liegt an einem Missverständnis: Sehr viele Patienten „reinigen“ ihre Gehörgänge mit Wattestäbchen. In Wirklichkeit tun sie das Gegenteil: Sie schieben den größten Teil des Ohrenschmalzes tiefer in den Gehörgang. Das ist dreifach gefährlich: Einerseits wird das so genannte Cerumen im Gehörgang gebraucht - es verhindert etwa das Einnisten von Bakterien und damit die Entstehung von Gehörgangsinfekten. Andererseits entsteht durch die „Reinigung“ vor dem Trommelfell ein Cerumen-Pfropf, der von allein nicht mehr nach außen transportiert werden kann. Normalerweise nämlich schieben kleinste Härchen sowohl Hautschuppen als auch Ohrenschmalz nach außen.

Und schließlich ist die Gefahr einer Verletzung des Trommelfells groß. Eine plötzliche Bewegung reicht aus. Eine Umfrage im Freundeskreis brachte gleich mehrere solcher Unfälle ans Licht. Mit viel Pech ist das Trommelfell dann auch wirklich durchstochen. In dem Moment lässt das Hörvermögen erheblich nach. Der HNO-Arzt legt nun einen kreisrunden, kleinen Flicken aus Zigarettenpapier (!) auf das Trommelfell. Einerseits ist das Mittelohr besser vor Infektionen aus dem Gehörgang geschützt. Andererseits kommt ein bisschen von der Hörfähigkeit zurück, einfach weil das Trommelfell nun wieder schwingen kann. Und schließlich ist das Zigarettenpapier ein Art Schienung, an der entlang das Trommelfell wieder zusammenwachsen kann. Aber dieser Heilungsschritt dauert. Meist monatelang. Sehr viel besser wäre es, gar nicht erst mit den Wattestäbchen ins Ohr zu gehen. Und übrigens: Auf den Packungen der Hersteller steht vieles - aber eine Ohrenreinigung wird ausdrücklich nicht empfohlen.

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