Himmel & Ääd e.V.Ein zweites Zuhause für benachteiligte Kinder

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Jugendliche aus der Ukraine, aus dem Irak und aus Köln beim integrativen Theaterprojekt von „Himmel & Ääd“.

Köln – „Wo ist die Hölle, wo das Paradies? Irgendwo zwischen Himmel und Erde!“, heißt es, ins Hochdeutsche übersetzt, in dem kölschen Song „Himmel un Ääd“ von Stefan Knittler. Würde man die 87 Kinder und Jugendlichen fragen, die meist täglich, manche nur wenige Stunden pro Woche, im Anschluss an die Schule den attraktiven Altbau in der Beethovenstraße 1 aufsuchen – man könnte schwören, dass viele von ihnen genau dort das Paradies verorten. Zumindest aber ihr zweites Zuhause.

Was im Bauch und was im Kopf: Chancengleichheit für Kölner Kids

Am Anfang einer langen Baum-Allee im Rathenau-Viertel ist seit Ende vergangenen Jahres der Verein „Himmel & Ääd“ beheimatet. Auf fünf Etagen bietet das Team – bestehend aus vier festangestellten, rund 30 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und zwölf Coaches – Heranwachsenden aus prekären Verhältnissen, Hilfe, wo Hilfe nötig ist. Neuerdings auch Ukrainern und Ukrainerinnen. Um gesund aufzuwachsen, und später eigenständig leben zu können. „Was im Bauch und was im Kopf lautet unsere Devise, Chancengerechtigkeit ist unser Ziel“, sagt Tim Gérard, Standortleiter des Vereins.

So können Sie helfen

„wir helfen: damit alle Kinder bei uns eine Zukunft haben“

Mit unser neuen Aktion „wir helfen: damit alle Kinder bei uns eine Zukunft haben“ bitten wir um Spenden für Projekte in Köln und Umgebung, die Kindern und Jugendlichen eine gute körperliche und geistige Entwicklung ermöglichen. Die gesamte Spendensumme wird weitergegeben, die Verwaltungskosten trägt der Verlag M. DuMont Schauberg.

Die Spendenkonten lauten: „wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“ Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55 Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25

Mehr Informationen und Möglichkeiten zum Spenden unter www.wirhelfen-koeln.de.

Seit 2007 gibt es den Verein „Himmel & Ääd“, der sich in den Anfängen für die Renovierung und Sanierung von Kölner Kindertagesstätten und Spielplätzen stark machte. 2016 startete das Projekt „Mittagstisch“ für Kinder und Jugendliche. Da für immer mehr junge Menschen auch in unserer Stadt ein warmes Mittagessen nicht mehr selbstverständlich war – und ist. Inzwischen bietet der seit August vergangenen Jahres mit dem Ehrenamtspreis 2021 der Stadt Köln dekorierte Verein neben dem Schulfrühstück und dem Mittagstisch auch Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfe, Berufsvorbereitung, Hilfe bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz und allerhand kreative wie sportliche Freizeitgestaltungen an.

„Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Familien eine besondere Förderung zu bieten. Sie leiden bekanntlich am stärksten unter der sich seit der Pandemie stärker öffnenden Bildungsschere und unter der verschärften sozialen Ungleichheit, “, sagt Tim Gérard.

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Hilfe und Abwechslung für 55 geflüchtete Kinder aus der Ukraine 

Seit Ostern hat das Haus – auch dank der Unterstützung von „wir helfen“ und anderen Sponsoren – seine Türen außerdem für 55 aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche geöffnet. Diejenigen, die noch keine Kölner Schule besuchen, bekommen nach einem gemeinsamen Frühstück Sprachunterricht und können an den Online-Schulstunden in ihrem Heimatland teilnehmen.

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Die Schauspielerinnen feilen mit Barbara Bähr (2. von links) an den letzten Textpassagen ihres Theaterstücks.

Später gibt es für alle ein gemeinsames Mittagessen, anschließend Kurse und Workshops – mittwochs steht zum Beispiel das Projekt „Wir machen Theater“ auf der Agenda. An diesem sonnigen Herbstnachmittag haben sich sieben Jugendliche aus der Ukraine, aus dem Irak und Köln zur fünften Theater-AG-Sitzung um den Laptop von Barbara Bähr versammelt, die als eine der Coaches in diesem Fall ihr Theater-Know-How ehrenamtlich anbietet.

Die Handys liegen verkehrt herum auf der großen Tischplatte. Es herrscht angespannte Aufmerksamkeit – schließlich müssen heute die Rollen final vergeben und verbindlich zugesagt werden, an Text und Handlung, beide im Teamwork erarbeitet, gefeilt und der letzte Akt geschrieben werden.

Rapunzel und Figuren aus der digitalen Welt

Jede Ablenkung würde stören, auch weil es Zeit und Konzentration kostet, sich miteinander zu verständigen. Dabei hilft Elena Vikaruk aus Weißrussland, die seit April beim Verein als Übersetzerin tätig ist. Stefanie Zetzsche steht für pädagogische Fragen parat. Die Traumapädagogin ist seit Anfang September als Teamleiterin bei „Himmel & Ääd“ im Einsatz.

Das gemeinsam erarbeitete Theaterstück handelt von Phantasie-Figuren, die, weil eine gute Fee versehentlich einen Zauberspruch verwechselt, aus einem PC-Spiel in die analoge Welt katapultiert werden. Es geht um Freundschaft, Feindschaft, und darum, dass das Leben in Gemeinschaft schöner ist, als alleine. Vor dem PC. Oder verlassen in einem Turm, wie Rapunzel. Der Klassikerin unter den Märchenfiguren haben die Jugendlichen einen ebenbürtigen Platz neben den Figuren aus der Web-2.0.-Welt eingeräumt.

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Thater-Coachin Miachela Bähr in Aktion.

„Wichtig ist, dass die Jugendlichen sich ihre Rolle selbst aussuchen, und sich damit auf der Bühne in genau die Figur verwandeln, die sie schon immer einmal sein wollten“, sagt Barbara Bähr. Die Sozialpädagogin, die seit 30 Jahren selbst Theater spielt, und viele Workshops mit Kindern über die Bühne gebracht hat, weiß von der therapeutischen Kraft der Phantasie und des Schauspielens.

Die therapeutische Kraft des Theaters

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Barbara Bähr gibt Regieanweisungen, Elena Vikaruk (li.) übersetzt die Hilfestellungen.

Sie erzählt von einem tieftraurigen Mädchen, das in seinem jungen Leben schon viel Grausames, wie Flucht und Krieg erfahren musste, auf der Bühne aber das fröhliche Mädchen spielen wollte. Und damit, wenigstens für ein paar Stunden in der Woche die Chance hatte, in eine schöne Welt einzutauchen – und zu Vergessen. „Hinzukommt, dass der Theater-Workshop ein perfektes Sprachtraining gerade für die ukrainischen Jugendlichen ist. Sie lernen die Rollen in ihrer Sprache und parallel in Deutsch. Das bedeutet, sie wissen auch genau, was sie sagen und lernen nicht irgendwelche Floskeln auswendig“, ergänzt Stefanie Zetzsche.

Wer die sechs Jugendlichen im Hof dabei beobachtet, wie sie die ersten Szenen proben, weiß, dass der letzte Akt ein Happy End sein wird – „Himmel & Ääd“ sei Dank.

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