Betäubungsmittel, Fälschungen, KondomeDiese Produkte landen besonders oft beim Kölner Zollamt

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Jens Ahland, Pressesprecher des Hauptzollamts Köln, öffnet er ein Paket des chinesischen Versenders Pandabuy.

Jens Ahland, Pressesprecher des Hauptzollamts Köln, hat schon viel gesehen. Hier öffnet er ein Paket des chinesischen Versenders Pandabuy.

Wer Produkte aus Nicht-EU-Ländern online bestellt, wird mitunter zum Zollamt geladen. Was hier im schlimmsten Fall droht und welche kuriosen Waren die Zöllner regelmäßig aufgreifen. 

Die Regale in der Asservatenkammer sind prall gefüllt. „Dieses Paket ist typisch für Aliexpress“, sagt der Zollbeamte Kevin Weihs und deutet auf eine mit orangem Paketband umwickelte Sendung. Daneben steht eine aufgeschlitzte Kiste mit zerwühlter Kleidung - allesamt Fälschungen. „Das kommt von Pandabuy, der Versender ist total beliebt bei jungen Leuten. Da gibt es ein komplettes Klamottenpaket für vergleichsweise wenig Geld“, sagt Weihs.

Maut-Tracker aus Norwegen sind besonders beliebt

Im Zollamt-West landen jeden Monat 300 bis 400 Sendungen, zu Spitzenzeiten auch mal 600 Stück – allerdings nur Briefe, Päckchen und Pakete, die von der Deutschen Post befördert werden. Sie kommen direkt aus den internationalen Paketzentren im hessischen Niederaula, Leipzig-Radefeld oder vom Flughafen Frankfurt am Main. „Das Grenzzollamt am Flughafen Frankfurt greift als erste Zollbehörde auf die Ware zu und trifft eine Vorabauswahl, ob wir uns ein Paket womöglich genauer ansehen sollten“, sagt Weihs.

Die Beamten ziehen beispielsweise Sendungen heraus, die nicht abgefertigt werden können, etwa weil die Zollerklärung fehlt. Hinzu kommen Stichproben von Sendungen, die in irgendeiner Weise auffällig sind: etwa, weil der Warenwert sehr gering ist oder weil in der Zollerklärung Medikamente aufgeführt sind. 

Besonders beliebt sind laut Weihs gerade Maut-Tracker aus Norwegen. Auch eine Deckenleuchte und loser Tabak im Plastikbeutel waren heute schon dabei. „Gefälschte Bekleidung kommt schon seit einigen Wochen nicht mehr rein. Das ist auffällig, wahrscheinlich gibt es einen neuen Versandweg in die EU“, sagt Zoll-Pressesprecher Jens Ahland.

Produktfälschungen können teuer werden

Werden gefälschte Markenartikel vom Zoll aufgegriffen, kann es für Online-Shopper besonders teuer werden. Der Zoll meldet Produktfälschungen nämlich beim Hersteller und der schaltet mitunter einen Anwalt ein. „Diese Gebühren lassen sich die Marken unter Umständen vom Einführer erstatten. Das kann einige hundert bis tausende Euro kosten“, sagt Ahland. Häufig fallen Minderjährige auf Fälschungen herein, die Eltern werden dann zur Kasse gebeten. „Anfangs finden es einige Jugendliche noch lustig, aber wenn dann die Anwaltsrechnung kommt, lacht keiner mehr.“ 

Rayban-Sonnenbrille. Gefälschte Markensonnenbrillen stehen seit jeher hoch im Kurs.

Gefälschte Markensonnenbrillen stehen seit jeher hoch im Kurs.

Dabei sind es längst nicht mehr nur Luxushandtaschen, die nachgemacht werden, sondern auch vergleichsweise preiswerte Produkte wie Waschmittel, Kondome oder Rasierklingen. Im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft stehen auch Trikots und andere Fanartikel hoch im Kurs von Fälschern. „Wenn ein besonderes Sneaker-Modell rauskommen soll, haben wir die Fälschungen manchmal schon rausgezogen, bevor die Originalschuhe überhaupt auf dem Markt sind“, sagt Ahland. 

Strafverfahren durch Tabletten

Neben Fälschungen können auch Tabletten für unschöne Momente sorgen. Wer im Ausland Medikamente bestellt, die in Deutschland nur vom Arzt verschrieben oder in der Apotheke verkauft werden dürfen, muss im schlimmsten Fall mit einem Strafverfahren rechnen. Vor einigen Wochen haben die Beamten im Zollamt-West 300 bis 400 Tabletten auf einen Schlag sichergestellt. Seit Jahresbeginn wurden bereits mehr als tausend Tabletten aus dem Verkehr gezogen, darunter Beruhigungsmittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. 

Beruhigungsmittel wie das hier abgebildete Alprazolam fallen in Deutschland aufgrund des Suchtpotenzials unter das Betäubungsmittelgesetz.

Beruhigungsmittel wie das hier abgebildete Alprazolam fallen in Deutschland aufgrund ihres Suchtpotenzials unter das Betäubungsmittelgesetz. Diese Packungen wurden von einer Privatperson außerhalb der EU verschickt.

Wer ein Paket beim Zoll abholen muss, hat dafür neun Tage Zeit, bei einem Päckchen sind es nur sieben. Wenn mit der Ware alles in Ordnung ist, muss der Empfänger lediglich Einfuhrumsatzsteuer und eine Zollgebühr bei einem Warenwert von mehr als 150 Euro zahlen. Der Zollsatz variiert je nach Warenklasse und Herkunftsland. Der Zoll erhebt die Einfuhrumsatzsteuer allerdings nur, wenn sie mindestens einen Euro beträgt. Rechnerisch muss das Produkt also mindestens 5,26 Euro kosten, damit die Steuer fällig wird.

Markenfälschungen werden immer vernichtet

Stimmt etwas nicht, behält der Zoll die Ware ein und stimmt sich mit den zuständigen Überwachungsbehörden ab. Bei Zweifeln an der Produktsicherheit elektronischer Geräte ist das zum Beispiel die Bundesnetzagentur in Nürnberg. Entspricht das Produkt nicht den geltenden Regeln, gibt es zwei Möglichkeiten: Der Zoll vernichtet es oder der Empfänger schickt es zurück. „Das ist vielen die liebste Variante, weil sie so hoffen, ihr Geld zurückzubekommen. In der Praxis gestaltet sich das aber sehr schwierig“, sagt Pressesprecher Ahland. Ist es gefälschte Ware, wird sie immer sichergestellt und vernichtet.

Auch Deos oder andere Drogerieartikel landen immer wieder in der Asservatenkammer. Sie sind mal gefälscht, mal verstoßen sie gegen die Produktsicherheit.

Auch Deos oder andere Drogerieartikel landen immer wieder in der Asservatenkammer. Sie sind mal gefälscht, mal verstoßen sie gegen die Produktsicherheit.

Der Zoll kontrolliert nur punktuell. „Selbst wenn wir wissen, dass es bei einem Anbieter immer wieder zu Verstößen kommt, können wir nicht hundert Prozent kontrollieren“, sagt Ahland. Das liegt einerseits am freien Warenverkehr, andererseits macht es die schiere Flut an Sendungen unmöglich, jede einzelne zu öffnen.

Vier Kilo Kokain am Flughafen Köln-Bonn

„Allein am Flughafen Köln-Bonn kommen jede Nacht eine halbe Million Pakete an“, sagt Ahland. „Davon kontrollieren wir nur einen Bruchteil und finden trotzdem jede Nacht Drogen und Produktfälschungen.“ Vor einigen Tagen habe der Zoll vier Kilogramm Kokain in einem Paket gefunden, „nicht mal groß versteckt“, sagt Ahland. 

Wer online bestellt, sollte also genau hinschauen, wer die Ware verkauft und versendet. Nicht immer sind das dieselben Personen beziehungsweise Unternehmen. Die Verbraucherzentrale rät beispielsweise dazu, das gleiche oder ein vergleichbares Produkt bei einem Online-Shop zu bestellen, der aus der EU versendet. Da hier Zölle und Steuern wegfallen, lassen sich damit unter Umständen ein paar Euro sparen – sogar wenn das Produkt etwas mehr kostet.

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