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Der Weg zur MillionWie zwei Kölner Mütter mit Badewannenkissen den Wellness-Markt aufrollten

8 min
Zwei Frauen halten ein Kissen in der Hand und lächeln in die Kamera.

Natalie Steger (links) und Annika Götz verkaufen mit ihrer Firma Badesofa unter anderem Kissen für Badewanne.

Natalie Steger und Annika Götz stellen Kissen her, die das Baden in der Wanne bequemer machen. Vor allem in den USA läuft das Geschäft hervorragend. 

Die besten Ideen entstehen meist aus der Not heraus. Nun gibt es schlimmere Probleme als eine unbequeme Badewanne, aber erschöpfte Eltern werden diesen Moment nachvollziehen können: Endlich hat man mal zehn Minuten Ruhe, will im heißen Wasser entspannen, doch eine wirklich bequeme Position lässt sich nicht finden. Und dann ist die kurze Auszeit schon wieder vorbei. Natalie Steger, Mutter von drei Kindern, wurde in dieser Situation erfinderisch – und hat so, ohne es zu wissen, den Grundstein für ein Millionen-Unternehmen gelegt.

„Wir hatten gerade neu gebaut und eine schöne, große Badewanne. Doch ich war zu klein dafür, habe einfach keine bequeme Position gefunden. Dann habe ich mir notgedrungen ein regenbeständiges Kissen von unserer Terrasse geschnappt und es in die Wanne gelegt. Ein Kissen, das wetterbeständig ist, sollte ja auch fürs Wasser taugen. Das war so gesehen eine relativ schnelle Erfindung.“

Was aber überhaupt nicht passte, war das Innenleben dieses Kissens. Dann begann die eigentliche Tüftelei: die richtigen Maße und Formen zu finden, das passende Material, die geeignete Füllung. Ende 2018 stand dann der erste Prototyp, eine Lohnnäherei fertigte die ersten Exemplare. Doch alleine kam Steger nicht so recht weiter. Sie hatte als psychologische Marktforscherin zwar ein Gespür dafür, wie die Kunden tickten, aber das Know-how aus dem textilen Bereich fehlte. Und dann kam eine glückliche Fügung.

„Im April 2019 hat mir eine gemeinsame Freundin Annika Götz vorgestellt. Sie hatte genau die Kompetenzen, die ich brauchte. Wir sagen immer, es war quasi wie eine arrangierte Ehe. Wir hatten das Gefühl, es könnte passen, aber wenn man sich nicht kennt, weiß man es ja nicht so richtig. Unser familiärer Hintergrund war immerhin schon sehr identisch. Wir haben beide drei Kinder, die zu dem Zeitpunkt noch klein waren.“

Zwei Frauen stehen vor einem pinken Hintergrund und lachen.

Aus der arrangierten Ehe, wie die beiden den Start ihrer Geschäftsbeziehung nennen, ist eine Freundschaft geworden.

Götz hatte in der Vergangenheit Blusen für den Modehändler P&C Düsseldorf eingekauft, für die Bestseller-Gruppe in Dänemark und für Esprit in Ratingen gearbeitet. Sie kannte sich gut aus mit Stoffen, Bestell-Konditionen und Mengen. Sie begutachtete den ersten Prototypen, und schnell fiel ihr Urteil.

„Abgesehen davon, dass das Innenleben des Kissens nicht waschbar war, war der Stoff im Einkauf einfach viel zu teuer. Ich habe erstmal alle Händler abtelefoniert und geschaut, ob wir den irgendwo günstiger bekommen. Wir sind dann immer wieder bei der gleichen Adresse gelandet, da ließ sich also wenig machen. Ich habe kalkuliert, wie viel Stoff wir in welchen Farben brauchen, wie viel wir davon bestellen müssen und welche Stückzahl wir uns zutrauen. Dann habe ich unsere erste Order platziert. Man fängt irgendwie an, weiß aber gar nicht, ob man das Richtige bestellt hat. Aber das hat uns von Anfang an immer begleitet: sich trauen, ausprobieren und mit der Erfahrung wachsen. Nicht lange zweifeln, sondern erstmal ins Tun kommen.“

Auftritt in der „Höhle der Löwen“ brachte den Durchbruch

So gingen die beiden auch die Finanzierung ihrer Unternehmung an. Jeder gab 10.000 Euro, als Spielgeld sozusagen. Steger hatte mit wenig Aufwand eine Website mit Onlineshop aufgebaut, von dort verkaufte sie ihr Badewannenkissen. 

„Wenn das Geld weg gewesen wäre, hätten wir aufgehört. Wir haben versucht, den Stein ins Rollen zu bringen - und der wurde immer größer. Damit konnten wir auch immer größere Ordern schreiben. Wir haben immer versucht, unser Geschäft aus den eigenen Einnahmen zu finanzieren.“

Um Kosten zu sparen, füllten Steger und Götz die Kissenhüllen selbst, die Familie half mit. Innerhalb Kölns haben sie die Bestellungen sogar persönlich ausgeliefert und direkt gefragt, warum die Leute das Produkt gekauft haben. Da kam raus: Einigen war die Badewanne zu unbequem, zu einem großen Teil bestellten aber Männer, die den Frauen in ihrem Leben ein Geschenk machen wollten. Steger erinnert sich:

Am Osterwochenende 2020 haben wir rund 30 Kissen verkauft, da waren wir total stolz. Da hatten wir gerade die erste Werbung auf Instagram geschaltet. Wir haben versucht, ein paar Kissen vorzuproduzieren, doch das klappte nicht so recht und ein großes Lager hatten wir auch nicht. Immer, wenn ein Kissen fertig war, haben wir es zur Post gebracht.


Zur Serie

„Der Weg zur Million“ erzählt die Geschichten erfolgreicher Unternehmerinnen und Unternehmer aus Köln und dem Rheinland. Eine Million Euro sind für Gründer meist eine bedeutende Erfolgsmarke. Während manche der Protagonisten der Serie schon lange eine oder viele Millionen Euro auf dem Konto haben, haben andere die Umsatzgrenze von einer Million Euro geknackt. Sagen Sie uns, von welchen erfolgreichen Unternehmerinnen und Unternehmern aus der Region Sie gerne an dieser Stelle lesen würden: ksta-wirtschaft@kstamedien.de


Steger und Götz suchten nach einer Möglichkeit, bekannter zu werden, ohne ihr komplettes Geld ins Marketing zu investieren. Das war der Moment, als sich die beiden im Jahr 2021 bei „Höhle der Löwen“ beworben haben. Götz erinnert sich:

Wir sind kurzfristig in die Sendung reingerutscht, weil einige Start-ups aus Österreich und der Schweiz aufgrund der Corona-Einschränkungen nicht anreisen durften. Zu dem Zeitpunkt hatten wir gerade einmal 250 Kissen verkauft. Wir haben innerhalb weniger Wochen den Online-Shop neu aufgesetzt, einen Logistik-Dienstleister gesucht, eine Näherei beauftragt. Was dann passiert ist, war der totale Wahnsinn: Als die Sendung ausgestrahlt wurde, haben wir mit unseren Familien vorm Fernseher gesessen und der Onlineshop hat im Sekundentakt Bestellungen angezeigt. Dann war plötzlich das grüne Kissen ausverkauft und es ging immer weiter. Wir haben an dem Tag unsere erste Umsatzmillion geknackt. Durch die Summe, die wir da eingespielt haben, konnten wir unsere Firmen dann größer aufziehen.

Die Unternehmerinnen stellten Personal ein, suchten einen Manager für die internationale Expansion, beauftragten eine Agentur fürs Marketing. Und: Sie überlegten, wie sie ihr Badewannenkissen, das vor allem in den kühlen Monaten und als Weihnachtsgeschenk beliebt war, auch im Sommer gut verkaufen konnten. 

„Wir haben auf Basis der großen Absatzmengen 2021 so weiter kalkuliert. Unser Lager war voll, aber die Leute haben nicht mehr so viel gekauft. Das Leben ging nach Corona wieder los, die Menschen wollten eher raus als in der Wanne zu liegen. Da war uns klar: Wir brauchen mehr Kunden. Und dann sind wir in die USA expandiert.“

USA-Geschäft läuft blendend

Die ersten Kissen schickten die Unternehmerinnen von Deutschland aus in die USA, doch viel blieb da nicht hängen. Ein Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums half ihnen, eine Gesellschaft in den USA zu gründen und eine Managerin vor Ort einzustellen. 2024 hat Badesofa in den USA 60 Prozent des Umsatzes erlöst - in diesem Jahr dürfte es anteilig nochmal mehr werden.

„Wellness hat in den USA einen ganz anderen Stellenwert. Produkte rund ums Baden und Saunieren funktionieren dort gut. Vor allem Pool ist ein Riesenthema, deshalb haben wir inzwischen auch ein Poolsofa im Angebot. Das steht inzwischen beim Who's who Hollywoods. Wir sind da in einem Segment unterwegs, wo die Menschen nicht aufs Geld schauen. So ein Poolsofa kostet rund 2000 Dollar.“

Eine Frau liegt auf einem Sofa am Pool und liest.

Das Poolsofa gibt es seit dem Frühjahr und ist vor allem in Hollywood beliebt.

Der Bestseller der Unternehmerinnen ist nach wie vor das Badesofakissen. Gefertigt wird es in Portugal, Polen, der Türkei und Mexiko. An zweiter Stelle folgt das Saunakissen - wobei diese Käuferschaft dann meist auch noch ein Badewannenkissen kauft, und - um das Wellness-Erlebnis zu komplettieren - direkt auch noch Bademantel, Fußkissen für die Wanne, Duftkerzen, Kissenspray und Körperöl. Die hat Badesofa inzwischen nämlich auch im Angebot.

Durch die Expansion in die USA haben wir es geschafft, umsatzmäßig in den zweistelligen Millionenbereich zu kommen. Wir sind seit dem ersten Tag profitabel, und das, obwohl so eine Expansion kostenintensiv ist. Wir halten das Geld zusammen, anders wäre es auch nicht möglich gewesen.

15 festangestellte Mitarbeiter arbeiten bei der deutschen Badesofa-Gesellschaft, der Großteil davon in der Zentrale in der Kölner Friesenstraße. Zwei Beschäftigte sitzen zudem in den USA. In den kommenden Monaten wollen Steger und Götz die Produktpalette weiter ausbauen und eventuell den Markteintritt in Japan prüfen. Und sich über das freuen, was sie erreicht haben. Götz berichtet:

„Wir haben uns nichts wirklich Großes gegönnt. Anfang des Jahres waren wir für ein Strategie-Meeting in New York. Da haben wir uns schon mal kneifen müssen: Wir laufen gerade durch Soho und beraten, wie unsere globale Strategie aussieht. Das war irgendwie verrückt. Ein besonders schöner Moment war für mich, als meine Tochter in der Kita aufschreiben sollte, was sie werden will. Da stand: Badewannenkissen-Verkäuferin.“


200.000 Badewannenkissen haben die Kölnerinnen bislang verkauft. Das Produkt ist nach wie vor der Bestseller der Firma und in allen Märkten gleichermaßen beliebt. Ein kleines Modell kostet 150 Euro. Wer noch ein Sitz- und Fußkissen für die Wanne dazu nimmt, zahlt im Set ab 250 Euro. Die Badesofa Interior Design GmbH macht einen zweistelligen Millionenumsatz.

Badesofa verkauft im eigenen Online-Shop direkt an Endkunden und nicht über Händler. Zu Beginn dachten die Gründerinnen, dass das Badewannenkissen gut zum Fachhandel passen könnte, aber die Gewinnbeteiligung der Händler war zu hoch. Hinzu kam, dass weder Sanitärfachhandel noch Kaufhaus so wirklich zum Produkt gepasst haben.

15 Mitarbeiter zählt Badesofa am Standort Köln, davon viele Mütter in Teilzeit.