Keine Eintagsküken mehr in DeutschlandWie gut sind die Alternativen zum Kükentöten?

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Wurden unsere Ostereier dieses Jahr wirklich von Hennen gelegt, deren Brüder nicht getötet wurden?

Köln – Seit dem 1. Januar 2022 ist das Kükentöten in Deutschland verboten. Damit wäre anzunehmen, dass dieses Jahr zum ersten Mal seit langem nur Ostereier angemalt und versteckt werden, für die keine männlichen Küken getötet wurden. Ganz so einfach ist es aber nicht.

In Deutschland wurden zuvor jährlich rund 45 Millionen männliche Küken getötet. Grund dafür ist die Zucht auf zwei spezialisierte Rassen: die Legehennen und die Masthühner. Für die Fleischproduktion ist das Geschlecht der Küken irrelevant, die Legehennen-Brüder legen aber keine Eier, ihre Mast dauert länger und ist zu kostspielig. Bis zum 1. Januar wurden sie in den meisten Betrieben am ersten Tag getötet – deshalb der Name Eintagsküken.

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Das ist jetzt per Gesetz verboten. Die Verbraucherzentrale warnt dennoch auf ihrer Webseite, dass in Deutschland nach wie vor Eier verkauft werden, für die männliche Küken getötet wurden. Das liegt einerseits daran, dass Hennen, die letztes oder auch vorletztes Jahr in Deutschland geschlüpft und deren Brüder dementsprechend noch getötet wurden, jetzt ihre Eier legen. Außerdem ist es zwar nicht mehr möglich, Eintagsküken in deutschen Brütereien zu töten, aber die deutschen Legehennen können auch im Ausland ausgebrütet werden, wo die Bruderhähne immer noch aussortiert werden. Besonders bei Eiern aus dem Direktvertrieb, von Wochenmärkten oder aus Hofläden, ist das noch häufig der Fall.

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Kristin Höller von respeggt

Und auch bei Fertigprodukten werden häufig Eier aus dem Ausland verarbeitet. Das weiß auch Kristin Höller vom Kölner Start-up respeggt. „Das ist ein Problem, das angegangen werden muss“, bestätigt sie. „Es ist wie bei Frischeiwaffeln: Hier werden noch Eier von Hühnern aus Käfighaltung verwendet, obwohl die längst nicht gewünscht sind.“ Respeggt hat es sich zum Ziel gesetzt, das Kükentöten zu beenden. In Supermarktregalen in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz gibt es sowohl Frischeier als auch verarbeitete Produkte wie Kartoffelsalat, auf denen ein gelbes Herz mit der pinkfarbenen Aufschrift „Ohne Kükentöten“ prangt.

Was sind die Alternativen zum Kükentöten?

Eine Möglichkeit ist die Aufzucht der Bruderhähne. Die damit entstehenden Kosten durch die längere Aufzucht werden durch höhere Preise bei den Eiern ausgeglichen. Ein Problem ist aber: Das Fleisch dieser Hähne ist deutlich zäher als das von speziell gezüchteten Masthühnern und -hähnen. „Der Verbraucher ist verwöhnt“, sagt Höller dazu. Deshalb werde oft nach Afrika exportiert, wo die niedrigen Preise den Markt unter Druck setzen. Respeggt garantiert deshalb dafür, dass bei Eiern mit ihrem Siegel das Fleisch der Bruderhähne nur in der EU vermarktet wird. Derzeit werde die Bruderhahnmast immer seltener, auch weil durch den Ukraine-Krieg die Futterpreise enorm angestiegen sind.

Auch die Geschlechtsbestimmung im Ei ist eine Alternative zum Kükentöten. Respeggt nutzt dafür die hormonbasierte Seleggt-Methode. Dabei wird am neunten Bruttag Flüssigkeit aus dem Ei entnommen und so das Geschlecht bestimmt. Männliche Bruteier werden aussortiert und zu Futtermittel verarbeitet. Ab 2024 soll die Geschlechtsbestimmung aber nur noch spätestens am sechsten Bruttag erlaubt sein. Damit soll verhindert werden, dass die Embryonen durch die Geschlechtsbestimmung im Brutei Schmerzen empfinden.

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Das ist ein Seleggt-Circuit. Hier wird das Geschlecht der Embryonen in den Bruteiern bestimmt.

Laut Höller seien Studien dazu aber veraltet. Allgemein werde angenommen, das Schmerzempfinden entwickle sich erst in der zweiten Bruthälfte, nicht ab dem siebten Tag. Außerdem sei es unwahrscheinlich, dass bis dahin eine Technologie entwickelt wird, die das Geschlecht noch vor dem neunten Bruttag bestimmen kann. Damit würde das Gesetz vermutlich wieder gekippt werden. Ein weiteres Problem bei der Geschlechtsbestimmung ist die Kapazität: „Wir sind nahezu ausgebucht bis fast Ende des Jahres“, sagt Höller.

Eine Alternative, die viele als Optimum betrachten, ist der Weggang von der nach Nutzung getrennten Zucht. Stattdessen sollten wieder Zweinutzungshühner gezüchtet werden. „Das ist das Ziel aller“, sagt auch Höller. „Was wir machen, das sind nur Brückentechnologien.“ Das Problem: Aktuell gibt es keine Rasse der Zweinutzungshühner, die auch nur annähernd so viele Eier legt oder so schnell Fleisch ansetzt wie die jeweils spezialisierten Rassen. Es gibt Bauernhöfe, die auch Eier von Zweinutzungshühnern verkaufen, aber die großen Betriebe könnten das derzeit noch nicht.

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