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Gastro-BrancheWas die Senkung der Mehrwertsteuer den Restaurants bringt

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Die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants wird von 19 auf 7 Prozent sinken

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants wird von 19 auf 7 Prozent sinken

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants sinkt von 19 auf sieben Prozent. Ob das beim Kunden ankommt, ist fraglich.

Wie versprochen hat die schwarz-rote Bundesregierung beschlossen, die Mehrwertsteuer in Restaurants zu senken. Doch das gilt nicht für alle Angebote in den Lokalen. Es gibt auch Kritik an den Plänen.

Wie wird die Mehrwertsteuer gesenkt?

Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie soll dauerhaft von derzeit 19 auf sieben Prozent reduziert werden. Das galt schon einmal während der Corona-Pandemie, die Steuer wurde aber zu Jahresbeginn 2024 wieder erhöht. Zum 1. Januar 2026 soll nun wieder der geringere Steuersatz gelten.

Was ändert sich nun?

Die Senkung der Mehrwertsteuer bezieht sich ausschließlich auf Speisen, die in der Gastronomie vor Ort gegessen werden. „Damit beseitigt die neue Regelung eine lange kritisierte Ungerechtigkeit“, sagt Mathias Johnen, stellvertretender Geschäftsführer des Dehoga Nordrhein, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Denn auf Speisen, die zwar in Restaurants gekauft, aber außer Haus verzehrt werden, gilt schon lange die ermäßigte Mehrwertsteuer von sieben Prozent. Bislang also werden Restaurants fiskalisch dafür bestraft, wenn sie die Gäste im eigenen Haus bewirten. Vor allem Schnellrestaurantketten geben den niedrigeren Steuersatz bei der Mitnahme nicht an Kunden weiter, sondern erheben immer den gleichen Preis, egal wo gegessen wird. Damit verdienen sie bei Mitnahme oder Autoschalter deutlich besser als beim Verzehr im Restaurant.

Wofür gilt die Senkung nicht?

Sie gilt ausdrücklich nur auf Speisen, nicht aber auf Getränke. Kritiker sehen darin eine unverhältnismäßige Verzerrung der unterschiedlichen Gastronomiebetriebe. Typische Sportbars oder Eckkneipen werden laut Dehoga Nordrhein dadurch benachteiligt. Wenn etwa nur eine Frikadelle oder ein Mett-Röggelchen mit mehreren Bieren verzehrt werden, ist die Entlastung der Betriebe fast bei null.

Werden die Betriebe die Steuersenkung an die Kunden weitergeben?

Das ist die große Frage. Mehrheitlich gehen Experten davon aus, dass dies nicht der Fall sein wird. Mit den entstehenden finanziellen Spielräumen würden viele Betriebe Arbeitsplätze sichern, neue schaffen und verschobene Investitionen nachholen, sagt Johnen. Einer bundesweiten Umfrage zufolge will nur knapp die Hälfte der befragten Betriebe (44 Prozent) „ihren Gästen ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten“. Befragte Gastronomen in Köln haben unterschiedliche Pläne.

Befragt danach, ob er die Preise senken werde, sagte kürzlich Heiko Hörnecke, Betreiber des Rodenkirchener Brauhaus „Quetsch“: Auf gar keinen Fall sei das möglich. „Das ist unser letzter Strohhalm, um wieder in die Gewinnzone zu kommen. Wir brauchen die sieben Prozent dringend zum Überleben.“ Im „Gaffel am Dom“ soll die Entlastung an die Gäste weitergegeben werden – zumindest „dort, wo es kalkulativ möglich ist“, sagte dessen Geschäftsführer Dennis Lieske vorige Woche dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Nach Einschätzung der Gewerkschaft NGG kann die Kundschaft nicht auf flächendeckend sinkende Preise hoffen.

Für welche Betriebe gilt die Senkung?

Neben Restaurants und Cafés profitieren davon laut Finanzministerium auch Bäckereien, Metzgereien und der Lebensmitteleinzelhandel, Caterer sowie Anbieter von Kita-, Schul- und Krankenhausverpflegung.

Wie viel Steuern entgehen dem Staat?

Dem Bund entgehen jährlich Steuereinnahmen von rund 3,6 Milliarden Euro, heißt es vom Bundesfinanzministerium.

Was will der Bund mit der Steuersenkung bezwecken?

Ziel ist zum einen eine wirtschaftliche Unterstützung der Gastronomiebranche, die zuletzt unter Umsatzrückgängen litt. Die Bundesregierung hofft aber auch auf niedrigere Preise für die Bürgerinnen und Bürger.

Wie reagieren Ökonomen auf die Steuersenkung?

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat die von der Regierung beschlossene Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie und die Erhöhung der Pendlerpauschale scharf kritisiert. „Die Steuersenkungen für einzelne Interessengruppen und pendelnde Bürger laufen in die völlig falsche Richtung“, sagte Grimm der „Rheinischen Post“. Die Regierung müsste stattdessen „konsolidieren und ihre finanziellen Spielräume für zukunftsorientierte Ausgaben und Reformen nutzen“.

Grimm kritisierte, Deutschland bewege sich „auf dem gleichen Pfad, den auch Frankreich gegangen ist. Die neuen Verschuldungsspielräume werden aufgebraucht, um den Bürgern und Interessengruppen Vergünstigungen zu gewähren, die eigentlich nicht finanzierbar sind“. Die strukturellen Herausforderungen Deutschlands löse die Regierung so nicht, im Gegenteil.

Das werde sich auch in den Zustimmungswerten widerspiegeln, sagte Grimm der Zeitung weiter. „Mit dieser Politik laufen wir Gefahr, in der gleichen Blockade der Situation zu landen, in der die Franzosen schon heute sind. Die Ränder werden erstarken, was Reformen dann unmöglich machen dürfte.“ Die Regierung verspiele gerade ihre letzte Chance.