GesundheitMit der Flatrate zur Fitness

Lesezeit 5 Minuten
  • Hunderte Sportangebote zum Preis einer Mitgliedschaft - Besuche sind limitiert

Der alljährliche Run auf die Fitnessstudios hat begonnen. Im Januar schließen die meisten Menschen einen Vertrag bei einer Fitnesskette ab - wohl von der Motivation getrieben, den guten Vorsatz, der in der Silvesternacht beschworen wurde, einzuhalten: mehr Sport treiben.

Viel mehr Sport treiben lässt sich mit einer sogenannten Fitness-Flatrate. Vor einigen Jahren etablierten sich die ersten Start-ups, die solche Flatrates für den Sportbereich auf den Markt brachten. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, unendlich oft zu trainieren, sondern flexibel zwischen Sportangeboten und Fitnessstudios wechseln zu können. Bei einer traditionellen Mitgliedschaft in einem Fitnessstudios ist man zumeist an das eine Studio in dem einen Stadtteil gebunden, es sei denn, man zahlt einen Aufpreis - davon verabschieden sich Anbieter wie My Fitness Card, Daytraining oder Urban Sports Club. Vielmehr heißt es: Flexibilität steht im Vordergrund, egal, was trainiert wird, wo und wie oft die Mitgliedschaft ruht.

Die Anbieter kooperieren dabei in Großstädten mit kleinen und großen Fitnessbetrieben. Kunden können mit einer Anmeldung deutschlandweit in mehreren Großstädten Hunderte Sportangebote nutzen. My Fitness Card kooperiert unter anderem mit dem Fitness-First-Unternehmen. Neben Studios zählen zu den Partnern je nach Anbieter aber auch Outdoor-Kurse, Schwimm- und Kletterhallen oder Yogastudios und in den Premiumvarianten Spa-Anwendungen.

"Mitglieder sind örtlich komplett ungebunden", erklärt Patrick Gruhn von Urban Sports Club. Nach Feierabend kann ein Studio in der Nähe des Arbeitsplatzes aufgesucht werden, am Wochenende eines, das gut von zu Hause erreichbar ist und Pendler haben schließlich den Vorteil, mit nur einer Mitgliedschaft in mehreren Städten zu trainieren. Eine App auf dem Smartphone funktioniert als digitale Mitgliedskarte, mit der am Partnerstandort eingecheckt wird.

Das Konzept "Unser Ziel ist es, Mitglieder über ein vielfältiges Angebot zum Sport zu motivieren", sagt Gruhn. "Man muss sich nicht auf eine Sache festlegen, sondern kann auch Neues ausprobieren. Man entdeckt Sportarten wie Bouldern oder Capoeira, zu denen der erste Schritt dank der Mitgliedschaft um einiges erleichtert wird." Das Berliner Start-up wurde 2012 gegründet und hat nach eigenen Angaben mittlerweile eine fünfstellige Mitgliederzahl. Eher kritisch betrachtet der Sportwissenschaftler Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln die Fitnessplattformen. "Es ist eine Möglichkeit, um leicht neue Sportarten kennenzulernen. Einen nachhaltigen Trainingseffekt erhält aber nur, wer kontinuierlich an einer Sportart dranbleibt und nicht ständig wechselt", so Froböse. Er empfiehlt, sich auf ein, zwei Sportarten zu beschränken. So sei auch die Wahrscheinlichkeit höher, durchzuhalten und positive Trainingseffekte zu erzielen. Konzentriert man sich allein auf eine Sportart, lohnt sich eine Flatrate vom Preis allerdings eher weniger. Die Konditionen Die Preise sind danach gestaffelt, wie oft in ein Studio oder einen Kurs monatlich eingecheckt werden darf und/oder wie viele Studios und Kurse in dem Paket enthalten sind.

Eine S-Mitgliedschaft bei Urban Sports Club für 29 Euro im Monat erlaubt beispielsweise vier Trainingseinheiten im Monat bei allein 133 Anbietern in Berlin. Das volle Programm mit dreimal so vielen Sportangeboten und zum Teil unbegrenzten Zugängen pro Monat kostet 99 Euro. Eine kleine Einschränkung: Mehrere Check-ins an einem Tag in einem Studio sind auch hier nicht möglich. Der Anbieter My Fitness Card begrenzt bei den günstigeren Tarifen außerdem die Anzahl, wie oft in einem Monat in ein und dasselbe Studio eingecheckt werden darf - die Nutzer sind zum Wechseln angehalten.

Zum Vergleich: Der monatliche Durchschnittspreis einer Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio liegt in Deutschland laut dem Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) von Einzelbetrieben bei rund 52 Euro, bei Kettenbetrieben bei 34 Euro und Mikrobetrieben mit in der Regel intensiver Trainingsbetreuung bei rund 66 Euro. Ein Limit der Besuche pro Monat gibt es hier nicht.

Die Kündigungsfristen und Vertragslaufzeiten der Flatrates sind hingegen um einiges kürzer als der Standard-Ein- oder Zwei-Jahresvertrag der Fitnessstudios und liegen bei den meisten Anbietern bei nur einem Monat. My Fitness Card erlaubt eine monatliche Kündigung mit einer Frist von nur einem Tag vor Monatsende.

Die Zukunft "Das Flatrate-Modell befindet sich noch in den Kinderschuhen, die allermeisten schließen eine Mitgliedschaft bei einem einzelnen Studio ab", sagt Dustin Tusch, Sprecher des DSSV. Ein wachsender Markt sei es aber durchaus - zumindest für Großstädte. "Das Konzept ist auf Ballungsräume ausgelegt, wo das Anbieternetz relativ eng geknüpft ist", sagt Tusch. Auf dem Dorf oder in der Kleinstadt mit vielleicht nur einem Fitnessstudio in der näheren Umgebung mache eine Flatrate verständlicherweise weniger Sinn.

Urban Sports Club erweiterte sein Angebot zuletzt im November 2017 und ist nun in allen deutschen Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern sowie in Paris mit seinem Angebot vertreten. "Wir verfolgen weiter eine starke Wachstumsstrategie", sagt Patrick Gruhn, der Sprecher von Urban Sports Club. Das Unternehmen fusionierte erst 2016 mit dem Wettbewerber somuchmore, weitere Übernahmen seien im Gespräch.

Ein Wachstum im Fitnesssegment wird es aller Voraussicht nach auch dieses Jahr geben. "Sowohl die Zahl der stationären Fitness-Studios als auch die Zahl der Mitglieder wächst seit dem Bestehen der Branche", sagt Tusch vom DSSV. Momentan trainieren mehr als zehn Millionen Menschen in einem der 8600 Fitness-Studios in Deutschland. "Wir gehen davon aus, dass sich bis 2020 die Zahl der Mitglieder auf zwölf Millionen erhöht", so der Experte. Ob die Mitgliederzahl stärker per Einzelmitgliedschaft oder Flatrate-Pass steigt, wird sich zeigen.

Zuschuss von der Krankenkasse

Die Kosten einer klassischen Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio übernehmen Krankenkassen nicht. Einzelne Kurse unterstützen sie unter Umständen finanziell aber schon - sofern diese "zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung)" führen. Voraussetzung ist etwa, dass qualifizierte Fachkräfte solche Kurse leiten.

KStA abonnieren