ImmobilienAlternative zur hohen Miete

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  • Genossenschaftswohnungen bieten eine preiswerte und sichere Perspektive

Genossen sind keineswegs nur Menschen mit SPD-Parteibuch, der weitaus größere Teil der so Genannten ist Mitglied einer Genossenschaft. In Deutschland sind das knapp 23 Millionen Menschen. Sie sind Mitglieder von Volks- und Raiffeisenbanken, ländlichen Genossenschaften - oder Wohnungsbaugenossenschaften.

Auf dem Wohnungsmarkt spielen sie eine stille und dennoch bedeutende Rolle: Rund fünf Millionen Menschen leben in Deutschland in Genossenschaftswohnungen - viele von ihnen seit Generationen. Tradition nimmt in Genossenschaften einen großen Raum ein. Vor 200 Jahren wurde einer der Gründerväter geboren. Friedrich Wilhelm Raiffeisen rief 1862 zunächst Darlehenskassenvereine ins Leben, um armen Bauern günstige Kredite zu ermöglichen. Sein Motto: "Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele."

In Zeiten der Wohnungsnot sind Genossenschaften besonders wichtig auf dem Wohnungsmarkt. Ihre Mieten sind stabil und viele Genossenschaften bieten den Mitgliedern Zusatzangebote wie Treffpunkte oder soziale Dienste. Die meisten der Wohnungen gibt es - prozentual betrachtet - in Leipzig (15,9 Prozent). In Berlin sind es 11,5 Prozent.

-> Mitgliedschaft: Um eine Genossenschaftswohnung zu beziehen, muss man Mitglied einer Genossenschaft werden. Dafür müssen die zukünftigen Genossen einen oder mehrere Anteile kaufen. Der Preis für sie fällt - je nach Genossenschaft - unterschiedlich aus, von rund 100 Euro bis zu vierstelligen Summen. Außerdem wird meist ein sogenanntes Eintrittsgeld erhoben, das in der Regel zwischen 50 und 100 Euro liegt. Manche Wohnungsbaugenossenschaft verknüpft die Zahl der zu erwerbenden Anteile mit der Wohnungsgröße - je größer die Wohnung, desto mehr Anteile.

Der Genossenschaftsanteil ist eine Geldanlage. Die meisten Wohnungsbaugenossenschaften wirtschaften erfolgreich und zahlen den Genossen rund vier Prozent Dividende jährlich. Verlässt man die Wohnungsgenossenschaft, erhält man seine Anteile zurück.

Einer Genossenschaft beizutreten und die Wohnung dann zu vermieten, ist nicht möglich. Genossenschaften verfolgen den Gedanken der Selbsthilfe. Als Anlageobjekte eignen sich die Wohnungen nicht. Eltern können aber als Bevollmächtigte Genossenschaftsanteile für Kinder erwerben. Die Anteile können auch vererbt werden - an Verwandte oder andere Personen.

-> Aufnahme: Genossenschaften sind beliebt. Um Mitglied zu werden, muss man sich häufig persönlich vorstellen. Eine Aufnahme ist aber nicht in jedem Fall möglich. Viele Genossenschaften haben alle verfügbaren Wohnungen vermietet und führen schon Listen von Mitgliedern, die auf eine Wohnung aus dem Bestand warten. Diesen Überhang wollen die Genossenschaften vermeiden. Viele nehmen deshalb entweder keine neuen Mitglieder auf oder nur solche, die sofort eine leerstehende Wohnung beziehen. Auf den Webseiten der Genossenschaft wird bekanntgegeben, ob es Vakanzen gibt.

-> Vorteile gegenüber Mietwohnungen: Genossenschaften verstehen sich als Einrichtungen im Interesse ihrer Mitglieder. Im Fall von Wohnungsgenossenschaften sollen sichere und sozial verantwortbare Wohnungen zur Verfügung gestellt werden. Genossen sind Miteigentümer der Wohnungen, sie gelten nicht als klassische Mieter. Viele Genossenschaften sprechen deshalb auch nicht von Miete, sondern von "Nutzungsentgelt". Die Bewohner entsenden Vertreter in eine Vertreterversammlung. Diese tagt mindestens einmal jährlich und wählt die Mitglieder des Aufsichtsrates. Sie nimmt auch den Bericht des Vorstands und des Aufsichtsrates entgegen. Der Aufsichtsrat bestellt den Vorstand, der die Genossenschaft leitet.

-> Lebenslanges Wohnrecht: Genossen droht weder eine Eigenbedarfskündigung noch der Verkauf ihres Hauses. Sollte die angemietete Wohnung zu klein werden, weil etwa ein Paar Kinder bekommt, oder möchte jemand aus einer größeren in eine kleinere Wohnung umziehen, besteht die Möglichkeit des Wohnungstauschs. Genossenschaften versuchen, ihren Mitgliedern eine andere Wohnung aus dem Bestand zu vermitteln.

-> Mietpreise: In Genossenschaftswohnungen liegen sie häufig unter denen des Mietspiegels. Laut der Marketinginitiative Wohnungsgenossenschaft beträgt die Kaltmiete in Genossenschaftswohnungen im Bundesdurchschnitt 5,27 Euro, während sie allgemein bei 7,69 Euro liegt (Stand: Herbst 2017).

-> Soziale Angebote: Viele Genossenschaften unterbreiten ihren Mitgliedern übers Wohnen hinaus Angebote. Sie bieten Hilfe für ältere Mitbewohner an, zum Beispiel Concierge-Dienstleistungen. Die Concierges erledigen Einkäufe oder helfen bei Behördengängen. Auch Seniorentreffs oder Ferienreisen für Kinder gehören häufig zum Angebot. Viele Genossenschaften beschäftigen Sozialarbeiter, die sich um hilfebedürftige Bewohner kümmern. Beratung bei Mietschulden und Zahlungsschwierigkeiten, Vermittlung bei Nachbarschaftskonflikten, Fürsprache bei Ämtern sowie Unterstützung von Selbst- und Nachbarschaftshilfe gehört zu den Aufgabengebieten.

-> Gästewohnungen: Wer Besuch bekommt und zu Hause keinen Platz hat, kann bei vielen Genossenschaften eine Gästewohnung buchen. Für einen Preis zwischen 30 und 60 Euro können die Gäste in den Wohnungen mit ein oder zwei Zimmern während der Urlaubstage übernachten. Die Reinigung kostet extra.

-> Sparen: Manche Genossenschaften haben auch Spareinrichtungen an. Klassische Sparkonten, Festzinssparen oder Ratensparverträge verschaffen den Baugenossenschaften billiges Geld, mit dem sie den Bestand erhalten oder neue Wohnungen bauen können. Die Genossen bieten im Gegenzug meist eine sichere Geldanlage und einen guten Zinssatz.

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