Immobilien-Investments für alleSo viel Risiko steckt in der Schwarmfinanzierung

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Baugewerbe

Baukran zwischen Neubauten

Köln – Dass sich viel Geld mit Immobilien verdienen lässt, ist kein Geheimnis. Wer auf dem Markt mitmischen will, braucht in der Regel aber neben entsprechendem Fachwissen auch ein gut gefülltes Portemonnaie: Wollen Anleger in einzelne Objekte investieren, müssen sie diese entweder gänzlich erwerben oder zumindest mehrere Tausend Euro in einem geschlossenen Fonds unterbringen.

Nicht weniger als die „Demokratisierung des Immobilienmarktes“ versprechen daher sogenannte Crowdinvesting-Anbieter wie Exporo, Engel & Völkers Digital Invest oder Bergfürst. Bei Crowdinvestments, auch Schwarmfinanzierung genannt, finanzieren gleich mehrere Anleger gemeinsam einen Neubau oder die Modernisierung eines bestehenden Gebäudes. Anleger müssen lediglich ein paar Klicks am PC tätigen und schon wird das Geld an den Projektentwickler transferiert.

Konditionen mit Risiko

Sobald das Projekt abgeschlossen und veräußert ist, erhalten Anleger nicht nur ihr Kapital zurück sondern auch Zinsen ausgezahlt. Und davon versprechen die Anleger nicht wenig: bis zu neun Prozent rufen einige Portale auf, zudem werben sie mit festen Laufzeiten und niedrigen Mindestanlagen, teilweise bereits ab einem Euro.

Die Konditionen scheinen verlockend, doch mit ihnen gehen große Risiken bis hin zum Totalverlust einher. Beim Crowdfunding kommen nämlich sogenannte Nachrangdarlehen zum Einsatz: Sollte ein Projekt scheitern, weil zum Beispiel der Projektentwickler Insolvenz anmelden muss, so werden zunächst Banken und Großanleger entschädigt und erst zum Schluss die Kleinanleger. Weil dann oft nichts mehr von den Sicherheiten übrig ist, bedeutet das für Anleger häufig den Totalverlust.

Anziehender Markt

Auch die Verbraucherzentrale erklärt, dass Anleger bei Crowdinvestments besonders vorsichtig sein müssen, wenn es um die Informationslage geht. Die Marktwächter Finanzen zum Beispiel untersuchten 83 Projekte auf 33 Crowdinvesting-Plattformen: „In vielen Fällen waren die Angaben zu einzelnen Projekten unpräzise, die Ausführungen zu Laufzeit und Kündigungsmöglichkeiten unklar oder widersprüchlich formuliert.“

Die ersten Schwarmfinanzierer sind hierzulande im Jahr 2009 in den Markt gestartet. Seitdem ist die Nachfrage stark gewachsen. Lagen die Immobilien-Crowdinvestments in Deutschland im Jahr 2012 noch bei rund einer Million Euro, kamen sie 2019 bereits auf 314 Millionen Euro, wie das Branchenportal Crowdinvest.de errechnet hat. Im stark von der Pandemie geprägten Jahr 2020 sanken die Investments allerdings auf 254 Millionen Euro.

Verzögerte Auszahlung oder Totalausfall

Mit knapp 135,7 Millionen Euro macht das Projektvolumen des Anbieters Exporo mehr als die Hälfte davon aus. Der Crowdinvestor ist der größte und bekannteste des Landes, zeigte jedoch vergangenes Jahr, dass diese Faktoren kein Garant für sichere Investments sind: Nach etlichen Medienberichten über gescheiterte Projekte und verzögerte Auszahlungen bestätigte Exporo, dass sich bei rund 15 Prozent der Projekte im vergangenen Jahr die Rückzahlungen trotz verstrichener Frist verzögert hätten. Zwischen Unternehmensgründung und September 2020 seien aber auch „30 von 39 Projekten, die verzögert waren, erfolgreich und voll verzinst zurückgeführt“ worden.

Mit einem Projektvolumen von 21,5 Millionen Euro zwar deutlich kleiner ist Bergfürst. Für Aufruhr hat das Unternehmen aber gesorgt, weil mit der Volksbank, Axel Springer und Commerz Real bekannte Geldgeber in Bergfürst investiert haben. Eigenen Angaben nach seien Anleger bei Bergfürst durch eine Besicherung im Grundbuch gut geschützt – und stünden damit im Rang direkt hinter einer Bank. Nachrangig werden sie dadurch dennoch behandelt.

Und auch bei Bergfürst sorgte ein Projekt für Sorge bei rund 300 Anlegern, die für insgesamt zwei Millionen Euro in den Bau einer Villa auf Mallorca investiert hatten und dafür sieben Prozent Zinsen bekommen sollten. Die Frist, die dem Projektentwickler zur Rückzahlung eingeräumt wurde, ist jedoch abgelaufen.

Priorität Digitalisierung

Zwar zeigen sich die Anbieter bemüht, die Probleme zu lösen, doch viel mehr Wert legen sie auf die Weiterentwicklung ihrer Produkte. Exporo zum Beispiel hat im Sommer eine neue Plattform namens Propvest ins Leben gerufen. Künftig werden über Exporo nur noch neue Projekte finanziert, über Propvest Bestandsobjekte. Zusätzlich dazu eingeführt hat man einen sogenannten Robo-Advisor, also ein auf Algorithmen basierendes Programm, das Empfehlungen zur Vermögensanlage gibt und diese auch umsetzt – also im Grunde eine künstliche Intelligenz, die den Vermögensberater ersetzen soll.

Außerdem setzt Propvest auf sogenannte Security Token, den neuesten Trend in der Crowdinvesting-Welt. Über ein digitales Sicherheitssystem, die sogenannte Blockchain, zeichnen Anleger digitale Wertpapiere zur Immobilie, die sie auf den Plattformen der Anbieter speichern können – ohne zwischengeschaltete Banken oder Verwahrstellen. Das soll Papier und Kosten sparen.

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Zwar sollen Anleger die Token jederzeit handeln können, bislang geht das aber lediglich über recht kleine Zweitmärkte auf den jeweiligen Plattformen. Doch die Deutsche Börse und die Börse Stuttgart arbeiten bereits an der Umsetzung einer anbieterübergreifenden Handelsplattform. 

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