Typische FehlerDie größten Fallen beim Immobilienkauf

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Angesichts niedriger Zinsen denken viele über eine eigene Immobilie nach. Doch Vorsicht: Die Gefahr, sich zu übernehmen ist groß. Denn in Zukunft werden die Zinsen vermutlich wieder steigen.

Angesichts niedriger Zinsen denken viele über eine eigene Immobilie nach. Doch Vorsicht: Die Gefahr, sich zu übernehmen ist groß. Denn in Zukunft werden die Zinsen vermutlich wieder steigen.

Das Angebot klingt verlockend: Vier Zimmer im gut gepflegten Altbau, beste Wohnlage in der Innenstadt, 115 Quadratmeter, Holzdielen und Stuck an der Decke, gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Die Kosten für das Domizil liegen bei 300.000 Euro. „Bei solchen Angeboten denken in der derzeitigen Niedrigzinsphase viele über einen Kauf nach“, erklärt Renate Daum von der Stiftung Warentest in Berlin. Schließlich erscheint eine solche Wohnung angesichts stetig steigender Immobilienpreise durchaus attraktiv.

Das gilt umso mehr, wenn Interessenten dann noch die Beispielrechnung für die Finanzierung lesen, die der Anbieter in diesem Fall auf seinen Internetseiten aufmacht: Bei einem Kreditzins von 3,05 Prozent und einer Tilgungsrate von 1 Prozent liegt die monatliche Rate bei erschwinglichen 835 Euro. „Das entspricht oft dem, was Sie für eine solche Wohnung auch an Miete zahlen würden“, sagt Daum. „Spätestens an diesem Punkt denken deshalb viele: Das kann ich mir ja auch leisten.“

Unrealistisch sind solche Muster-Berechnungen nicht. Der durchschnittliche Zins für Immobilienkredite liegt laut der unabhängigen FMH Finanzberatung derzeit bei 2,32 Prozent (Stand 12.05.14). Und dennoch: „Die Berechnungen der Anbieter sind meist sehr optimistisch“, sagt Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen. Die Folge: Manche Käufer planen ihre Finanzierung zu knapp. „Wenn die Zinsen mal steigen, können sie die Raten unter Umständen nicht mehr bedienen.“

Drei typische Fallen für Interessenten:

Volumen des Immobilienkredits: Bei niedrigen Zinsen ist die Gefahr groß, dass Kaufinteressenten sich übernehmen. Der Grund: „Je niedriger die Zinsen, desto höher ist das mögliche Kreditvolumen“, erklärt Renate Daum. Ein Beispiel: Ein Käufer kann sich eine monatliche Belastung von 1000 Euro leisten. Bei einem Zins von 3 Prozent und einer Tilgungsrate von 1 Prozent ergibt sich rechnerisch ein Kreditvolumen von 300.000 Euro.

Steigende Zinsen können hier zu einem echten Problem werden. Denn liegen die Zinsen nur wenige Prozentpunkte höher als jetzt, sinkt das Kreditvolumen deutlich: Bei einem Zinssatz von 4 Prozent kann sich der Käufer in dem Beispielfall nur 240.000 Euro Kredit leisten. Bei einem Zinssatz von 5 Prozent sinkt das mögliche Kreditvolumen sogar auf 200.000 Euro. „Es werden für manche bei den derzeit niedrigen Zinsen plötzlich Häuser erschwinglich, die früher nicht bezahlbar waren“, warnt Daum. Aber nur, wenn der Zinssatz niedrig bleibt.

Rückzahlungsdauer des Kredits: „Es mag ungewöhnlich klingen, aber es ist wahr: Je niedriger die Zinsen sind, desto länger dauert es, bis ein Kredit zurückgezahlt ist“, erklärt Daum. Ein Beispiel: Für einen Kredit über 100.000 Euro werden bei einem Zinssatz von 5 Prozent und einer Tilgungsrate von 1 Prozent jährlich 6000 Euro fällig. Damit ist der Kredit nach etwa 36 Jahren vollständig abbezahlt.

Liegt der Zinssatz bei 2 Prozent, müssen bei gleicher Tilgungsrate jährlich zwar nur 3000 Euro gezahlt werden. Dafür dauert es fast 55 Jahre, bis das Geld an die Bank zurückgezahlt ist. „Wer seine Immobilie bis zum Eintritt in die Rente abbezahlen will, schafft das so kaum“, sagt Verbraucherschützer Schwarz.

Denn der Anteil, der in die Tilgung fließt, steigt bei Krediten mit höheren Zinsen im Laufe der Jahre stärker. Im ersten Fall kommen im 20. Jahr bereits rund 2640 Euro von den jährlich fälligen 6000 Euro der Tilgung zugute. Im zweiten Beispiel fließen von den jährlich zu zahlenden 3000 Euro nur 1475 in die Tilgung.

Tipps zur Anschlussfinanzierung lesen Sie auf der nächsten Seite.

Anschlussfinanzierung: Kredite haben eine Zinsbindung. In Musterberechnungen der Anbieter wird häufig eine Laufzeit von zehn Jahren angenommen. „Nach dieser Zeit ist der Kredit aber in der Regel noch nicht vollständig abbezahlt“, erklärt Schwarz. Bei dem oben genannten Beispiel wären von den 300.000 Euro nach zehn Jahren noch immer rund 265.000 Euro offen.

Doch wie hoch werden dann die Zinsen sein? Eine verlässliche Antwort darauf ist kaum möglich. Renate Daum vermutet aber: „Die Zinsen werden in zehn Jahren wahrscheinlich höher sein als heute.“ Schließlich sei das derzeitige Niveau rekordverdächtig niedrig. Das heißt aber auch: Die Anschlussfinanzierung wird teurer. Wer keinen finanziellen Spielraum mehr hat, kann an dieser Stelle schnell in Schwierigkeiten geraten.

„Lassen Sie sich also von solchen Berechnungen der Immobilienverkäufer nicht zu einem unüberlegten Kauf verleiten“, empfiehlt Hartmut Schwarz. Immer öfter kämen Verbraucher zu ihm in die Beratung, die sich eigentlich keine Immobilie leisten können. „Ein Fehler, den viele machen: Sie setzen ihre Miete gleich mit einer möglichen monatlichen Belastung.“

Nebenkosten immer mit einkalkulieren

Doch Käufer müssten zusätzlich zu den Kreditkosten immer auch noch laufende Nebenkosten für ihre Immobilie zahlen können, zum Beispiel für die Hausverwaltung, Steuern oder Versicherungen. „Wenn Sie zum Beispiel 800 Euro Miete im Monat zahlen, müssen sie davon ungefähr 150 Euro abziehen“, sagt Schwarz. „Das heißt, Sie könnten monatlich 650 Euro für einen Kredit aufbringen.“

Wer dennoch die niedrigen Zinsen nutzen will, sollte immer ein Polster einplanen. „Rechnen Sie lieber mit etwas höheren Zinssätzen. Dann haben Sie einen Puffer“, rät Daum. Außerdem sollte die Tilgung bei mindestens 2, besser noch 3 Prozent liegen. „Dann können Sie den Kredit auch wirklich bis spätestens zur Rente abbezahlen.“ (dpa)

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