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Bauförderung „Jung kauft Alt“Wie ein Vorzeige­programm der Regierung zum Rohrkrepierer wurde

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Der Bau oder Kauf eines Hauses ist teuer, weswegen viele junge Menschen das nicht aus eigener Kraft stemmen können. /

Der Bau oder Kauf eines Hauses ist teuer, weswegen viele junge Menschen das nicht aus eigener Kraft stemmen können. 

Das Versprechen der früheren Bauministerin Geywitz, die Wohnungsnot junger Familien und den Leerstand alter Gebäude gleichzeitig zu bekämpfen, ist gescheitert.

Die Idee klang bestechend einfach: Die Wohnungsnot junger Menschen in Deutschland ist groß, gleichzeitig stehen gut 2 Millionen Wohnungen leer, vor allem auf dem Land. Da ließen sich doch zwei Probleme auf einmal lösen, fand die frühere Bauministerin Klara Geywitz (SPD) – und hob mit viel Trara das Programm „Jung kauft Alt“ aus der Taufe. Familien, die eine alte Immobilie kaufen und diese auf Vordermann bringen, erhalten eine Förderung – so das Versprechen der Sozialdemokratin.

Allerdings hat das vor knapp einem Jahr gestartete Programm bislang kaum jemanden erreicht. Wie das Bauministerium auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) einräumte, gab es bislang gerade einmal 592 Förderzusagen – wohlgemerkt bundesweit. Nur 70 Millionen Euro flossen aus dem Fördertopf ab, wie eine Sprecherin mitteilte. Die fünffache Summe hätte allein für das vergangene Jahr zur Verfügung gestanden.

Wie „Jung kauft Alt“ funktioniert

„Jung kauft Alt“ (Kreditprogramm 308) setzt auf zinsverbilligte Kredite, die Familien oder Alleinerziehende erhalten, wenn sie eine alte Immobilie erwerben und sie innerhalb von 4,5 Jahren energieeffizient sanieren. Nach Abschluss der Arbeiten muss das Haus mindestens den Anforderungen der Energieeffizienzklasse 70 EE entsprechen, also 30 Prozent weniger Energie verbrauchen als ein gesetzlich definierter Standardneubau und mindestens 65 Prozent des Energiebedarfs für Heizung und Warmwasser aus erneuerbaren Quellen decken. Bei vielen alten Häusern sind dafür umfangreiche und teure Nachrüstungen nötig.

Gleichzeitig gelten strenge Einkommensgrenzen für die Förderung. Die günstigen Kredite der staatlichen Förderbank KfW bekommt man nur, wenn das jährliche zu versteuernde Haushaltseinkommen bei einer Familie mit einem Kind nicht über 90.000 Euro liegt. Bei jedem weiteren Kind verschiebt sich die Grenze um 10.000 Euro nach oben.

Haushalt 2025 noch nicht verabschiedet

2024 standen nach Angaben des von Verena Hubertz (SPD) geführten Ministeriums 350 Millionen Euro für das Programm bereit. Für 2025 sind ebenfalls 350 Millionen Euro vorgesehen, allerdings ist der Etat noch nicht verabschiedet, weshalb die vorläufige Haushaltsführung gilt.

Die ermöglicht es nach Angaben des Bundesfinanzministeriums aber, die verbliebenen Mittel aus dem Vorjahr abzurufen. Schon jetzt ist aber klar, dass das kaum noch gelingen wird, denn die Zahl der Familien, die genügend Geld für eine umfangreiche Sanierung aufbringen können und gleichzeitig unterhalb der Verdienstgrenze bleiben, ist gering.

Kassem Taher Saleh, baupolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, fordert die Bundesregierung deshalb zum Nachbessern auf. „Damit mehr Familien den Schritt ins Eigenheim schaffen, muss die Förderung noch einfacher zugänglich und breiter aufgestellt werden – und die hohen Sanierungskosten müssen stärker abgefedert werden”, sagte der Parlamentarier dem RND.

Ministerium spricht von eher verhaltener Nachfrage

Auch der Immobilienverband ZIA plädiert für einen großzügigeren Zuschnitt der Bedingungen. Die strengen Einkommensgrenzen, der Kredithöchstbetrag von 100.000 bis 150.000 Euro sowie die „hohen Modernisierungsanforderungen“ seien Hemmnisse, um eine „breite Wirkung zu erzielen“, argumentiert der Verband.

Das Bauministerium selbst analysiert nach eigenen Angaben das Antragsverhalten und sei in engem Austausch „mit den Finanzierungspartnern sowie der KfW über Ursachen der eher verhaltenen Nachfrage“, heißt es.

Wohneigentum für Familien läuft besser

Ein anderes Programm, das sich ebenfalls an Familien richtet, läuft besser. „Wohneigentum für Familien“ ist im Sommer 2023 gestartet und fördert den Neubau oder Erstkauf eines Hauses. Seit Anfang des Jahres wurden rund 2800 Familien gefördert, erklärt die Ministeriums-Sprecherin. Seit Mitte 2023 seien es sogar 9300 gewesen. Allerdings schrumpft der Fördertopf: Nachdem 2024 noch 350 Millionen Euro eigenplant waren, sollen es 2025 nur noch 250 Millionen Euro sein.

Beide Programme sind Teil der Förderkulisse der Bundesregierung für Menschen, die ein Haus bauen, kaufen oder es sanieren wollen. Mehrere Programme bieten Hilfen für Familien, für klimafreundliche Neubauten oder für energetische Sanierungen. Bauministerin Hubertz hat sich vorgenommen, sie zu zwei zentralen Programmen zusammenzuführen – eines für den Neubau und eines für die Sanierung.

Pakleppa: Neubau fehlen spürbare Impulse

Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe ZDB, Felix Pakleppa, hält das für richtig. Die bisherigen Programme seien „noch nicht optimal ausgestaltet“, sagt er dem RND. Dem Neubau fehlten derzeit spürbare Impulse.

Wie viele andere in der Branche pocht er darauf, auch den Neubau von Häusern zu fördern, die dem Standard eines Energiehauses 55 entsprechen. „Wir brauchen ein EH-55-Plus-Programm, das den Effizienzhausstandard 55 mit einer hundertprozentig regenerativen Heizlösung – etwa Wärmepumpe, Pelletheizung oder Fernwärme – kombiniert“, sagt Pakleppa. Nur so könne der dringend benötigte Schub entstehen, damit mehr Wohnungen gebaut würden.

Nur 251.900 neue Wohnungen

Denn daran fehlt es nach wie vor: 2024 wurden gerade einmal 251.900 Wohnungen fertiggestellt – ein Minus von rund 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Zwar steigt die Zahl der Baugenehmigungen inzwischen wieder langsam, von einer echten Belebung aber ist die Branche noch weit entfernt. „Solange Bauherren angesichts hoher Kosten und Zinsen und unklarer Förderung zurückhaltend bleiben, stagniert der Wohnungsbau“, sagt Branchenvertreter Pakleppa.