Kekse für KönigshäuserHermann Bühlbecker hat das Lambertz-Imperium groß gemacht

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Hermann Bühlbecker, Inhaber der Lambertz-Gruppe aus Aachen, vor einer Gebäckmaschine.

Hermann Bühlbecker, Inhaber der Lambertz-Gruppe aus Aachen, vor einer Gebäckmaschine.

  • Mit Süßwaren hat Hermann Bühlbecker ein Vermögen gemacht.
  • Der Inhaber der Lambertz-Gruppe inszeniert sich wie kein Zweiter. Ein Geheimnis seines Erfolgs

Düsseldorf – In der grauen Welt deutscher Industrie-Chefs ist er eine der schillerndsten Persönlichkeiten – und wohl der einzige, dessen Konterfei häufiger in Illustrierten zu sehen ist als in den Wirtschaftsteilen großer Zeitungen. Er selbst empfindet das keinesfalls als Makel. Selfies und Schnappschüsse von Hermann Bühlbecker mit der schwedischen Königin, mit Fürst Albert von Monaco, mit Bill Clinton, Leonardo di Caprio, John Travolta oder Sarah, der Herzogin von York , im besten Fall mit einer Nostalgie-Lebkuchendose seines Imperiums in der Hand – für den Aachener mit der markanten silbergrauen Frisur sind sie unbezahlbar.

Lebkuchensaison gestartet

Zigtausende solcher Fotos sind wohl gemacht worden, seit Hermann Bühlbecker vor gut 40 Jahren das Ruder bei Lambertz übernommen hat. Viele hundert davon lädt der Alleininhaber des Aachener Printen- und Lebkuchenherstellers, der die Geschäfte schon länger nicht mehr selbst führt, regelmäßig auf seine Facebook-Seite. Sie sind eine wertvolle Hilfe, wenn Bühlbecker seine Produkte („Das ist die Dose der Stars“) neuerdings auch auf TV-Shopping-Kanälen anpreist. Rund 40.000 Dosen für jeweils 40 Euro in einer Viertelstunde – das solle ihm einer seiner Wettbewerber erst einmal nachmachen, sagte er auf der Bilanzpressekonferenz am Donnerstag schmunzelnd. Die wichtigste Zeit des Jahres hat für die Gruppe vor wenigen Wochen begonnen: die Lebkuchensaison ist gerade gestartet.

Unter Prominenten soll der Scherz kursieren, geschafft habe man es erst, wenn man mit dem Aachener Printen-, Gebäck- und Lebkuchenhersteller abgelichtet werde. Hermann Bühlbecker pflegt eine solche Bemerkung etwas gelangweilt beiseite zu wischen. Sie schmeichelt dem 68-Jährigen gleichwohl, der wie kein anderer in der Süßwarenbranche seine Person vermarktet. Fotos mit Promis auf seiner „Monday Night“ in Köln oder einer der vielen Charity-Partys dienen zwar auch persönlicher Eitelkeit. Sie sollen vor allem aber die Marke stärken und sind damit eine gut anlegte Investition für ein Unternehmen, das keinen Cent für klassische Werbung ausgibt.

Printen-König, Lebkuchen-Zar, Keks-König – vieles hat man ihn schon genannt. Bühlbecker mag keine einzige dieser Bezeichnungen. Ihren Ursprung haben sie nicht nur in der Historie des Unternehmens, das einst Hoflieferant der Königshäuser in Bayern, Preußen, Belgien und den Niederlanden war und auch heute noch viele adelige Kunden beliefert. Sie rühren auch daher, dass man irgendwie immer den Eindruck hat, Bühlbecker selbst halte Hof , wann und wo immer er auch auftritt.

Süßigkeiten für die Massen bezahlbar gemacht

Royale Freundschaften pflegt er ganz besonders. Zur Hochzeit von Prinzessin Eugenie, der Enkelin der britischen Königin, die am Freitag Jack Brooksbank das Ja-Wort geben wird, kommt das Gebäck aus Aachen. Als Gastgeschenk – versteht sich. Ebenso wichtig sei es ihm aber auch, Süßigkeiten für die Massen bezahlbar gemacht zu haben, betont er.

Sarah, Herzogin von York, ordert für die Hochzeit ihrer Tochter.

Sarah, Herzogin von York, ordert für die Hochzeit ihrer Tochter.

Denn Umsatz macht er nicht mit dem Adel oder der Polit-Prominenz, sondern vor allem mit dem einfachen Volk. Ein großer Teil der Printen, Lebkuchen, Baumkuchenspitzen und Gebäckmischungen der Gruppe geht nicht als Premium-Packung sondern als sogenannte Handelsmarke günstig bei Discountern und Supermärkten über die Ladentheke. Lambertz habe die Mozartkugel „demokratisiert“, sagt Bühlbecker mit einem bemerkenswerten Selbstbewusstsein. Das Unternehmen habe die beliebte Kugel schließlich erst für breite Schichten erschwinglich gemacht.

Bühlbecker bestimmt seit 40 Jahren den Kurs des 1688 gegründeten Familienunternehmens, das in diesem Jahr gleich mehrere Jubiläen feiert: 330 Jahre Lambertz, 80 Jahre Lambertzsche Saftprinte und 20 Jahre Lambertz in Polen.

„Wir sind historisches Kulturgut“

Der studierte und promovierte Betriebswirt, der gerne Tennis-Profi geworden wäre, stieg 1976 als Assistent der Geschäftsführung ein. Eigentlich wollte sein Onkel das verschuldete Familienunternehmen verkaufen, doch dann übernahm Bühlbecker die Verantwortung, wurde 1978 Geschäftsführer und baute das Unternehmen konsequent um und aus. Aus dem kleinen Aachener Printenhersteller machte Bühlbecker durch kluge Zukäufe einen der führenden deutschen Hersteller von Süßwaren. Aus 16 Millionen D-Mark Umsatz wurden 666 Millionen Euro Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr. Aus seiner sportlichen Karriere habe er fürs Berufsleben einiges mitgenommen, sagt der Manager. Er habe als Jugendspieler gelernt, wie man scheinbar übermächtige Gegner zermürbt, sagte er einmal in einem Interview. „Ich habe den älteren und kräftigeren Gegenspielern die Bälle immer lang und hoch an die Grundlinie gespielt. Irgendwann machten sie Fehler.“

In vielen Produktgruppen sieht sich Lambertz heute als Weltmarktführer, etwa bei „Herbst-Weihnachtsgebäck“ – Printen und Lebkuchen etwa. Zugleich ist Lambertz einer der beiden größten Baumkuchenhersteller im Lande. 640 Millionen Dominosteine stellt die Gruppe jedes Jahr her und 700 Millionen Herzen, Brezel und Sterne aus Lebkuchenteig. Ein paar davon, nicht viele, genießt auch Bühlbecker. Von den rund 1500 Produkten im Sortiment mag er selbst Mandelprinten und Elisen-Lebkuchen am liebsten. „Und ein wenig Vitalgebäck“. „Wir sind historisches Kulturgut“ , sagt der Manager selbstbewusst – und ist stolz darauf, dass Staatsgäste des Bundespräsidenten oder der Bundeskanzlerin oft süße Produkte aus seinen Werken wählen, wenn sie nach echt deutschen Gastgeschenken suchen.

Mit Fairtrade-Schokolade voll im Trend

Da es sich nicht nur vom Weihnachtsgeschäft leben lässt, baut das Unternehmen seine Produktpalette Jahr für Jahr aus mit Gebäck, das man das ganze Jahr über konsumieren kann. Bio ist gerade ein großes Thema, auch fairer Handel – Lambertz setzt seit 2017 auf Fairtrade-Schokolade. Und liegt damit voll im Trend.

So gern er für berufliche Zwecke das Licht der Öffentlichkeit sucht – im Privaten meidet er es tunlichst. Nach wie vor ist offen, ob das Unternehmen künftig wieder von einem Familienmitglied geleitet wird. Bühlbecker selbst hat sich vor geraumer Zeit aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, repräsentiert das Unternehmen aber nach wie vor mit Leidenschaft – und denkt noch lange nicht daran, aufzuhören.

In seine Fußstapfen könnte seine 22-jährige Tochter Shiraz aus einer früheren Ehe treten. Darauf dringen will er nicht, betont er – darüber freuen würde er sich gleichwohl schon. Die 22-Jährige studiert Wirtschaft und hat gerade ihren Bachelor gemacht. Nun will sie den Master anschließen, sagt Bühlbecker. Die Lambertz-Gruppe wird derzeit von externen Managern geführt – das könnte auch in Zukunft so bleiben. „Aber es wäre natürlich schön, wenn auch künftig ein Familienmitglied im Beirat säße“, sagt Bühlbecker weiter.

Ob seine Tochter dann auch die Nähe der Prinzen, der Fürsten, der Könige, der Stars und Sternchen sucht? Oder ein ganz anderes Produkt demokratisieren wird? Das steht auf einem anderen Blatt.

666 Millionen Umsatz mit Gebäck jeglicher Art

Die Lambertz-Gruppe erhöhte 2017/2018 den Umsatz um 1,8 Prozent auf 666 Millionen Euro. Mit dem Gewinn sei man „zufrieden“. Details nennt die Gruppe nicht. Seit 1976 ist Hermann Bühlbecker im Unternehmen, 1978 wurde er Geschäftsführer und 1992 Alleingesellschafter. Das operative Geschäft wird seit langem von externen Managern geführt, Bühlbecker ist Vorsitzender des Beirats.

Zu der Aachener Süßwarengruppe gehören die Marken Lambertz, Weiss , Haeberlein-Metzger, Kinkartz und Dr. Quendt. 4000 Mitarbeiter in acht in- und ausländischen Werken sind bei der Gruppe beschäftigt.

Durch den heißen Sommer kamen Lebkuchen und andere Weihnachtsartikel in diesem Jahr erst später in die Supermärkte. Die Lambertz-Gruppe ist aber zuversichtlich, den Umsatz aus dem Vorjahr zu halten.

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