LebensmittelRewe erwartet weitere Preissteigerungen – Verzicht auf Marge

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Alle Standorte der Rewe Group beziehen bereits seit 2008 Grünstrom.

Alle Standorte der Rewe Group beziehen bereits seit 2008 Grünstrom.

Köln – Kundinnen und Kunden müssen sich auf weitere Preissteigerungen in Supermärkten einstellen. Nachdem Lebensmittelhändler wie Rewe und Aldi bereits Anfang der Woche die Preise erhöht hatten, machte Rewe-Chef Lionel Souque am Dienstag deutlich, dass weitere Erhöhungen folgen werden.

„Es wird Artikel geben, bei denen wir nicht anders können, als die Preiserhöhungen der Industrie zu akzeptieren. Und einen Teil davon werden wir weitergeben müssen“, sagte Souque bei der digitalen Vorstellung der Rewe-Group-Jahreszahlen in Köln. „Ich arbeite seit 26 Jahren im Handel – wir sind gerade mit Preisen konfrontiert, die wir so noch nie erlebt haben.“

Alle Warengruppen betroffen

Der Vorstandsvorsitzende erwartet, dass alle Warengruppen betroffen sein werden, wenn auch unterschiedlich stark. Bei Frische-Ware sei die Situation besonders schwierig, aber auch Verpackungen aller Art würden durch Engpässe bei Papier und Aluminium teurer. „Die Frage ist: Wer soll das zahlen?“, sagte Souque. Preissteigerungen könnten nicht eins zu eins an die Verbraucher weitergereicht werden, denn die seien zu Hause bereits durch steigende Energiepreise mit Mehrkosten konfrontiert. Man müsse sie über die gesamte Wertschöpfungskette verteilen. „Die Industrie muss akzeptieren, dass sie einen Teil der Preiserhöhungen mit eigenen Maßnahmen auffangen muss. Und für uns gilt das Gleiche.“

Man prüfe derzeit zum Beispiel, ob die Temperatur in den Filialen etwas gesenkt werden könne. Es sei aber „vollkommen klar“, dass Rewe in diesem Jahr auf Marge werde verzichten müssen. Im ersten Quartal habe man bereits einen dreistelligen Millionenbetrag investiert. „Wir können das nicht lange durchhalten, aber wir werden auf keinen Fall höher gehen als die Discounter“, sagte Souque.

Kein Versorgungsproblem mit Sonnenblumenöl

Der Rewe-Chef appellierte außerdem an Verbraucher, keine Lebensmittel zu hamstern. Zuletzt war zum Beispiel Sonnenblumenöl bei vielen Lebensmitteleinzelhändlern knapp geworden. „Das Problem ist, dass sich viele in den Märkten für Monate eingedeckt haben, wie zu Beginn der Pandemie auch. Aber mittelfristig gibt es kein Problem in der Versorgung mit Sonnenblumenöl, wenn die Leute ihrem normalen Verbrauch entsprechend kaufen.“ Das zeigten zum Beispiel andere europäische Länder, in denen Sonnenblumenöl weiter gut verfügbar sei.

Wirtschaftlich ist die Rewe-Group derweil weiter gut aufgestellt. Der Handels- und Touristikkonzern steigerte seine Umsätze im vergangenen Jahr um zwei Milliarden Euro auf 76,5 Milliarden Euro. Dazu trug vor allem die starke Entwicklung im Lebensmittelhandel im In- und Ausland bei. In Deutschland testete Rewe dabei auch neue Handelskonzepte wie den Pick&Go-Markt am Neumarkt, wo Kundinnen und Kunden ohne Kassenkontakt einkaufen können. Auch das Geschäft der selbstständigen Rewe-Kaufleute entwickelte sich mit einem Plus von 4,6 Prozent positiv. Das Geschäftsfeld Convenience mit der Lekkerland Gruppe verzeichnete ein Plus von 4,4 Prozent.

DER Touristik macht weniger Minus

Durch die Pandemie belastet waren im vergangenen Jahr hingegen sowohl Baumarkt- als auch Touristiksparte. Bei den Baumärkten sanken die Umsätze lockdownbedingt um 11,4 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Die Touristik-Tochter DER Touristik steigerte ihre Umsätze nach dem Corona-Einbruch von 2020 zwar wieder von 1,3 Milliarden auf zwei Milliarden Euro, lag damit jedoch immer noch nur bei 41 Prozent des Umsatzes von 2019. Die Verluste unter dem Strich konnten von 400 Millionen Euro auf 200 Millionen reduziert werden.

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Seit Jahresbeginn erlebe man nun aber einen regelrechten „Buchungsboom“, sagte Touristikvorstand Sören Hartmann. Bei Beginn des Ukraine-Krieges habe es einen kurzen Schreckensmoment gegeben – „danach ist die Reiselust ungebrochen weitergegangen“. Die Perspektive auf den Sommer bezeichnete Hartmann als „sehr positiv“. Auch osteuropäische Ziele wie Rumänien, Tschechien und die Slowakei seien weiter gefragt. Wer nicht Gefahr laufen wolle, angesichts der gestiegenen Energiekosten eine Benzinpauschale zahlen zu müssen, solle besser früh buchen.

Keine Geschäfte in Russland und der Ukraine

2022 erwartet der Rewe-Konzern ein „stabiles Jahr“. Umsatzwachstum werde sich vor allem aus der Touristik speisen. Der Handel befinde sich nach den Corona-Jahren bereits auf einem hohen Niveau. Für dieses Jahr erwartet Rewe keine weiteren Pandemie-Auswirkungen auf das Geschäft.

Mit Blick auf die Folgen des Krieges zahlt sich für den Kölner Konzern derzeit aus, dass er sich bereits 2020 und 2021 von seinem Ukraine- und Russlandgeschäft verabschiedet hat. „Wir haben mit Vorstand und Aufsichtsrat vor zwei, drei Jahren entschieden, dass wir in diesen zwei Ländern keine sichere politische und wirtschaftliche Situation sehen“, sagte Souque. „Man muss im Nachhinein sagen, das war eine verdammt gute Entscheidung.“

Die Rewe Group beschäftigt insgesamt etwa 380.000 Mitarbeitende in 21 Ländern.

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