Kohleausstieg 2030Rettung der fünf Dörfer ist nicht garantiert

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Ein Protestplakat am Rande des Tagebaus Garzweiler

Düsseldorf – Ob der Rückzug aus der Braunkohleverstromung in Deutschland um acht Jahre auf 2030 vorgezogen werden kann, will die neue Bundesregierung spätestens im Dezember 2022 entscheiden.

Für das Rheinische Revier hätte das zur Folge, dass 4500 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt an der Braunkohle hängen, entsprechend früher wegfielen, sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart am Montag in Düsseldorf.

Innerhalb von zwölf Monaten müssen die Bundesregierung und die Kohleländer also sicherstellen, dass die Versorgungssicherheit beim Strom auch ohne Braunkohle ab 2030 gewährleistet ist.

Im Kohleausstiegsgesetz war dieser erste Überprüfungstermin noch für das Jahr 2026 vorgesehen. Das Ziel könne man nur mit einem schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien, der Speicher und der Netze und den Bau von modernen Gaskraftwerken erreichen, die sich später auf klimaneutrale Gase umrüsten lassen.

Minister Pinkwart: "Wir haben nicht mehr viel Zeit"

„Das Vorziehen stellt hohe Anforderungen an alle Beteiligten, aber wir können das schaffen“, sagte Pinkwart. „Wir haben nicht mehr viel Zeit und arbeiten mit Hochdruck daran.“

Wie wichtig die Kohleverstromung für die Energiesicherheit in Deutschland immer noch sei, sehe man „in diesen Wintermonaten, in denen wir bis zu 75 Prozent des Stroms aus konventionellen Energieträgern beziehen“. Viele Bürgermeister in der Region seien in Sorge, dass ein vorzeitiger Ausstieg zu erheblichen Verwerfungen führen könne. „Wir werden sicherstellen, dass keiner der Betroffenen ins Bergfreie fällt“, so Pinkwart.

Über Schicksal von Lützerath entscheiden die Gerichte

Der NRW-Wirtschaftsminister räumte ein, dass die im Koalitionsvertrag von CDU, Grünen und FDP enthaltene Aussage zum Fortbestand der fünf Dörfer Unter- und Oberwestrich, Keyenberg, Berverath und Kuckum lediglich eine politische Willenserklärung und keine Garantie sei. „Ich gehe aber davon aus, dass die Dörfer erhalten bleiben“, sagte Pinkwart.

„Wir haben gesagt, dass für den Kohleabbau die nicht mehr bewohnten Flächen in Anspruch genommen werden sollen.“ Dass Lützerath nicht einbezogen wurde, sei nachvollziehbar. „Bei Lützerath müssen wir von einer so gut wie nicht mehr bewohnten Fläche reden.“ Die Entscheidung, was mit dem Dorf und dem Hof des einzig verbliebenen Landwirts geschehen wird, „müssen die Gerichte entscheiden“.

Klimaneutralität spätestens im Jahr 2045 erreichen

Noch in diesem Jahr wird die Landesregierung ihre Energieversorgungsstrategie fortschreiben. „Wir müssen uns positionieren, damit wir die Klimaneutralität auch in NRW im Jahr 2045 erreichen“, so Pinkwart. Ob die umstrittene Abstandsregel für Windräder zur Wohnbebauung im bevölkerungsreichsten Bundesland gekippt wird, ließ der Minister offen.

Die Erneuerung und den Ausbau von Windrädern am alten Standort sei bereits jetzt möglich. „Im Koalitionsvertrag der Ampel spielen Mindestabstände keine Rolle“, so der Minister. Berücksichtige man die Fläche und die Einwohnerdichte, stünden in NRW aber bereits jetzt die meisten Windräder in ganz Deutschland. „Wir sind sehr weit vorn und wollen das auch bleiben.“

Sonderplanungszone für das Rheinische Revier

Der Schwerpunkt des Ausbaus der erneuerbaren Energien werde aber in der Photovoltaik liegen. Das Rheinische Revier bereite einen Gigawatt-Pakt vor. Überdies wolle man ein 60 Millionen Euro-Paket für die Kommunen schnüren mit dem Ziel, die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte zu verhindern.

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Das Land wird bei der Bezirksregierung Köln eine Taskforce für die Errichtung einer „Sonderplanungszone“ für das Rheinische Revier schaffen. Sie sollen dafür sorgen, dass Genehmigungsverfahren beschleunigt und Verkehrsinfrastruktur-Projekte so angegangen werden, „dass sie noch in diesem Jahrzehnt einen Nutzen entfalten können“, sagte Pinkwart.

Um die Strukturhilfen des Bundes in Höhe von knapp 15 Milliarden Euro für NRW bis 2038 schneller und zielgenauer einsetzen zu können, müsse der Bund ein Sondervermögen bilden, damit die Mittel nicht jedes Haushaltsjahr aufs Neue in den Bundeshaushalt eingestellt werden müssen.

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