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Kölner MarkenWie ein Kölner vor 94 Jahren mit Afri-Cola den Getränkemarkt aufmischte

Lesezeit 3 Minuten
Wilp, Charles, Afri-Cola Nonnen - Anzeige (Reprint), , , rba_d048067.

Afri Cola Werbung 1968 (Quelle: Kölner Stadtmuseum)

Wer heute eine Cola bestellt, erwartet meist Coca-Cola. Das war nicht immer so – der größte deutsche Konkurrent des Marktführers kam aus Köln.

Die besten Ideen sind leider nicht immer die eigenen. Doch ein guter Unternehmer lässt sich von sowas kaum abschrecken. Karl Flach war so einer: Er hatte auf einer Reise durch die Vereinigten Staaten beobachtet, wie erfolgreich Coca-Cola dort war – und daraufhin kurzerhand in Deutschland eine eigene Variante entwickelt. Die bekam den Namen Afri-Cola, denn mit der koffeinhaltigen Kolanuss kommt die wohl wichtigste Zutat aus Afrika.

Im Jahr 1931 wurde Flach, damals erst Mitte Zwanzig, Geschäftsführer der „F. Blumhoffer Nachfolger GmbH“. Das Kölner Unternehmen produzierte sogenannte Essenzen zur Getränkeherstellung: flüssige Konzentrate ähnlich wie Sirup, die dann in Brauereien zu den eigentlichen Getränken weiterverarbeitet werden. Im selben Jahr ließ Flach auch die Marke Afri-Cola eintragen. Lange kam die Afri-Cola-Essenz mitten aus Köln, genauer gesagt aus der Dagobertstraße 25 in der Nähe des Ebertplatzes. Hier stand die Cola-Fabrik.

Von NS-Propaganda gefärbte Afri-Cola-Werbung von 1938

Flachs Vorhaben, eine Art deutsche Coca-Cola zu entwickeln, hatte allerdings einen entscheidenden Haken. Der US-amerikanische Vorreiter arbeitete ebenfalls daran, in Deutschland Fuß zu fassen – mit Erfolg. Als Reaktion ließ Flach sich gemäß Historikern stark von Coca-Colas Marktstrategien inspirieren, besonders in der Werbung. Zu vielen Coca-Cola-Werbungen gab es bald ein Afri-Gegenstück: Warb Coca-Cola für sich beispielsweise als Getränk für alle Jahreszeiten, soll Afri-Cola bald darauf ein Getränk für Sommer und Winter gewesen sein.

Afri-Cola im Dritten Reich: „erfrischend, gut und deutsch“

Ganz so amerikanisch wie das Original wollte oder konnte Flach allerdings doch nicht sein. In den 1930er-Jahren warb das Unternehmen damit, die Kölner Cola sei „erfrischend, gut und deutsch“. Historiker berichten zudem von einer Schmutzkampagne, in der behauptetet wurde, Coca-Cola sei ein „jüdisch-amerikanisches Gesöff“. Der vermeintliche Beweis: Kronkorken mit hebräischer Aufschrift, die die US-Limonade als koscher kennzeichneten.

Afri-Cola Deutschland Rundfahrt 28.04.1961 /Sieger Friedhelm Fischerkeller nach seinem Sieg bei der Etappe Köln - Bad Schwalbach . Fischerkeller wurde auch Gesamtsieger *** Afri Cola Deutschland Rundfahrt 28 04 1961 Winner Friedhelm Fischerkeller after his victory in the Cologne Bad Schwalbach stage Fischerkeller also became overall winner HM

1961 warb Afri-Cola auf dem Trikot des Kölner Radrennfahrers Friedhelm Fischerkeller.

Coca-Cola ließ das nicht auf sich sitzen und schaltete Werbung im „Stürmer“, einer antisemitischen Wochenzeitung der Nazis – möglicherweise ein Versuch, die Vorwürfe zu entkräften und Schäden durch die Kampagne einzudämmen.

Die ikonische Form der Afri-Cola-Flasche entstand 1962.

Wandel zum kultigen Nischengetränk

Im Jahr 1945 waren Afri-Cola und Coca-Cola bei den Deutschen gleichermaßen beliebt – das Kölner Stadtmuseum berichtet von einem ähnlich hohen Marktanteil. In der Nachkriegszeit konnte die Kölner Marke gegen den US-Konkurrenten allerdings nicht bestehen. Dagegen sollten groß angelegte Werbekampagnen helfen: Seit 1962 wurde die Kölner Cola in speziell dafür entworfene Glasflaschen abgefüllt, mit Einkerbungen an beiden Seiten, die einer Frauentaille nachempfunden waren.

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Afri-Cola-Werbung von 1968

Am bekanntesten war Afri-Cola aber für zwei Werbespots aus dem Jahr 1968, beeinflusst von der Hippie-Bewegung. Junge Männer und Frauen räkelten sich darauf verführerisch hinter einer nassen Glasscheibe. Besonders provokant: Einige von ihnen waren als Nonnen verkleidet – ganz zum Unmut der katholischen Kirche, die sich darüber beschwerte. Für Afri-Cola natürlich ein Segen, die Werbespots verhalfen der Kölner Limonade so nämlich zu Kultstatus. Trotzdem: Um den Konkurrenten Coca-Cola in die Schranken zu weisen, reichte es nicht.

Heute bekommt man in Köln von alldem nicht mehr viel mit. Karl Flach starb 1997 und wurde auf dem Melaten-Friedhof begraben. Afri-Cola steht weiterhin deutschlandweit in vielen Supermärkten, kommt aber nicht mehr aus Köln. Die Markenrechte liegen seit 1998 bei einem Getränkehersteller aus Baden-Württemberg. Auch aus dem Kölner Stadtmuseum sind die Afri-Cola-Flaschen inzwischen verschwunden. An der Dagobertstraße erinnert ebenfalls nichts mehr an die historische Vergangenheit: Die Familie Flachs hat die Fabrik 2012 abreißen lassen, jetzt steht dort ein Marriott-Hotel. Immerhin – Afri-Cola wird an der Hotelbar noch angeboten.