Abo

Teilverkauf der ImmobilieWieso Verbraucherschützer das Modell kritisieren

Lesezeit 5 Minuten
Werbeplakat Deutsche Teilkauf

Bei der Deutsche Teilkauf fällt beim späteren Verkauf kein Durchführungsentgelt an.

Köln – „Sag mal, Dach neu, Auto neu – wie geht das?“, fragt der unverkennbar neidische Nachbar das Paar aus dem Werbevideo. „Das? Geht aufs Haus“, antwortet die Frau, bevor sie ins Cabrio steigt. Was hier beworben wird, ist der Teilverkauf der eigenen Immobilie: Dabei veräußern Besitzer einen bestimmten Anteil ihres Hauses oder ihrer Wohnung, bleiben aber gleichzeitig weiter darin wohnen. Das Modell wurde zuletzt groß auf Werbewänden beworben – nun hält es auch Einzug in eines der großen deutschen Immobilienportale. Denn das Unternehmen Deutsche Teilkauf hat eine Kooperation mit Immoscout24 geschlossen.

Verbraucherschützer sehen Teilverkauf kritisch

„Interessierte Immobilieneigentümer haben damit die Möglichkeit, im Zuge ihrer Immobilienbewertung über ImmoScout24 ein unverbindliches Angebot für einen Teilverkauf ihrer Immobilie über die Deutsche Teilkauf einzuholen“, heißt es dazu. Der Haken: Verbraucherschützer sehen das Modell sehr kritisch. 

Der Teilverkauf ist eines von mehreren Modellen der sogenannten Immobilienverrentung. Sie alle haben gemeinsam, dass Eigentümer fortgeschrittenen Alters einen Teil ihres Immobilienwertes in Liquidität umwandeln. Doch ganz so simpel, wie das zunächst klingt, ist es in der Praxis aber nicht. Finanziell betrachtet lohnen sich die Angebote kaum – auch wenn es Lebensumstände gibt, in denen sie nützlich sein können. Ein Überblick über die Modelle Umkehrhypothek, Leibrente und Teilverkauf und was sie in der Praxis bedeuten.

Umkehrhypothek

Bei der Umkehrhypothek schließen die Verbraucher einen Darlehensvertrag ab, bei dem eine Immobilie als Sicherheit dient. Sie bekommen entweder einen Einmalbetrag ausgezahlt oder Geld in Raten – müssen aber anders als bei einem gewöhnlichen Darlehen Zeit ihres Lebens weder Zins noch Tilgung zahlen. Stattdessen bekommt die Bank die bis dahin gestundeten Zahlungen nach dem Tod der Bewohner auf einen Schlag. Dazu könnte sie zum Beispiel die Immobilie verkaufen und einen etwaigen Überschuss an die Erben auszahlen. Die Erben können das Darlehen aber auch selbst abbezahlen. Verkaufen die Bewohner das Haus vor ihrem Tod, zum Beispiel, um in ein Pflegeheim zu ziehen, wird das Darlehen schon dann beglichen.

„Das Konzept hat sich bisher nicht durchgesetzt“, sagt Ralf Scherfling, Finanzexperte der Verbraucherzentrale NRW. Das liegt vor allem daran, dass es sich um eine teure Lösung handelt: sowohl was den Zinssatz als auch sonstige Gebühren angeht. Zum Beispiel sichern sich Banken mit einer Rückversicherung „gegen das Risiko eines langen Lebens“ ab – also für den Fall, dass die Besitzer länger leben als die Statistik vorhersagt. Diese Kosten werden weitergegeben. Die Verbraucherzentrale rechnet vor, dass man für eine Immobilie im Wert von 200.000 Euro am Ende etwa 50.000 Euro Darlehen erwarten könne. Die Erbmasse schrumpft dadurch spürbar.

Leibrente

„Die Leibrente ist ein völlig anderes Modell, auch wenn es den gleichen Kern wie die Umkehrhypothek hat“, so Scherfling. In diesem Fall gibt es keinen Kreditvertrag – die Besitzer geben ihr Eigentum auf und verkaufen es. Anstelle eines Geldbetrags bekommen sie das Recht, dort lebenslang mietfrei zu wohnen und zusätzlich eine monatliche Rente ausgezahlt. Ob sich das rechnet, hängt letztlich schlicht von der Länge des weiteren Lebens ab. Eine Alternative wäre, die Immobilie klassisch zu verkaufen und zurückzumieten.

Ein wichtiger Unterschied der Leibrente zur Umkehrhypothek: Sofern es im Vertrag nicht anders vereinbart ist, muss der Käufer für Sanierungskosten aufkommen. Bei der Umkehrhypothek verbleiben diese Kosten beim bisherigen Eigentümer.

Teilverkauf

Auch beim Teilverkauf geht es darum, weiter in einer Immobilie zu leben und gleichzeitig auf einen Teil ihres Wertes zuzugreifen. Der einfache Teil ist schnell ausgerechnet: Wer beispielsweise 20 Prozent seiner 300.000-Euro-Immobilie verkauft, bekommt dafür 60.000 Euro. Aber: die Bewohner müssen fortan ein sogenanntes Nutzungsentgelt zahlen, da sie nun in einer Immobilie leben, die ihnen nicht mehr vollständig gehört.

„Hier sollte man genau auf die Kosten schauen“, so Scherfling. Er warnt vor weiteren möglichen Fallstricken: zum Beispiel vor einem möglichen Durchführungsentgelt bei einem späteren vollständigen Verkauf, das schon einmal fünfstellig ausfallen könne. Oder davor, dass Instandhaltungskosten beim Noch-Eigentümer selbst liegen könnten. Das ist von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich.

„Finanziell rechnen wird sich das nicht. Bei kleineren Beträgen ist ein Darlehen meist günstiger“, sagt Scherfling. „Wer allerdings auf eine größere Geldsumme zugreifen möchte und in dieser Höhe kein Darlehen bekommt, für den kann der Teilverkauf eine Option sein.“

Für wen sind die Angebote denn geeignet?

„Problematisch ist, dass alle drei Modelle relativ teuer sind“, sagt der Finanzexperte. Es gebe aber kein Richtig oder Falsch, entscheidend seien immer die jeweiligen Bedürfnisse und Entscheidungen. „Fakt ist: die Gegenseite macht immer ein gutes Geschäft. Das heißt aber nicht, dass eine Immobilienverrentung deshalb nicht in Frage kommt.“

Denkbar sei sie zum Beispiel für Rentner, die eine (weitgehend) schuldenfreie Immobilie besitzen, dort wohnen bleiben, aber gleichzeitig mehr Geld zur Verfügung haben möchten. An dieser Stelle spielt dann das Thema Erbschaft eine Rolle. Sollte es keine nahestehenden Erben geben oder die Besitzer gar nicht das Ziel haben, die Immobilie zu vererben, seien Leibrente, Umkehrhypothek und Teilverkauf eher sinnvoll.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Experte empfiehlt die Modelle darüber hinaus vor allem Menschen mit finanziellem Polster: „Zum Beispiel, wenn sie sich etwas gönnen und eine Weltreise im Jahr machen möchten.“ Bei Menschen in unsichereren finanziellen Verhältnissen bestehe die Gefahr, dass das aus der Immobilie gezogene Geld irgendwann aufgebraucht sei – man dann aber seinen einzigen Vermögenswert aus der Hand gegeben habe. „Aber das ist eine individuelle Entscheidung, die jeder für sich treffen muss.“

Welches Vorgehen empfiehlt der Experte Interessierten?

Sie sollten die Angebote genau prüfen – sowohl die finanzielle Vorteilhaftigkeit als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen. „Interessenten müssen sich bewusstmachen: Das ist ein Vertrag, der bis zum Lebensende gilt.“ Man sollte sich bei der Entscheidung also ausreichend Zeit nehmen, Angebote vergleichen und diese dann alleine oder mit Fachleuten genau durchrechnen. „Und ich würde immer empfehlen, das Ganze auch einem Notar meines Vertrauens vorzulegen.“

KStA abonnieren