Projektentwicklerin kritisiert Bauvorgaben„In Köln gibt es keinen Willen zur Veränderung“

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Bauprojekt Viva Agrippina

Auf dem ehemaligen Zurich-Campus entstehen im Rahmen des Projekts „Viva Agrippina“ 286 Wohnungen.

Anett Barsch entwickelt bei Swiss Life AM große Wohnprojekte in Köln und berichtet im Interview von Vorgaben der Verwaltung, die sie erschüttert haben.

Frau Barsch, Sie bauen in Köln derzeit an verschiedenen Stellen, zum Beispiel 286 Wohnungen auf dem ehemaligen Zurich-Campus im Villenviertel der Neustadt-Nord. Dabei ist der Markt alles andere als einfach. Kommt es bei Ihren Projekten zu Einschränkungen?

Anett Barsch: Unsere Kölner Projekte befinden sich in sehr unterschiedlichen Stadien, daher unterscheiden sich auch die Auswirkungen. Bei unserem Projekt „Viva Agrippina“ an der Riehler Straße sind wir schon relativ weit in der Umsetzung. Die Verträge mit den Bauunternehmen haben wir vor Beginn des Ukraine-Krieges geschlossen, deshalb sind die Kosten im Rahmen geblieben. Hier spüren wir vor allem die Folgen der gestiegenen Zinsen: Unseren Kunden fällt es schwerer, eine Wohnung zu finanzieren, und das erschwert natürlich den Verkauf. Aber es gibt noch immer Nachfrage in Köln, besonders in sehr guten Lagen.

Anett Barsch, Mitglied der Geschäftsleitung Swiss Life AM

Anett Barsch, Mitglied der Geschäftsleitung Swiss Life AM

Wie ist die Situation bei den Projekten, die 2022 weniger weit fortgeschritten waren?

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Am herausforderndsten ist die Lage bei Projekten, die erst dieses Jahr wirklich starten. Bei unserem Projekt an der Bonner Straße 515 mussten wir die Verträge zu gestiegenen Preisen vergeben. Entsprechend sind auch die Kaufpreise höher. Dieses Projekt startet bald in die Vermarktung – wir müssen abwarten, wie das läuft. Allerdings gehen wir davon aus, dass wir in Marienburg eine Klientel ansprechen, die die nötige Kapitalkraft mitbringt. Projekte, die noch weiter in der Zukunft liegen, wie zum Beispiel das ehemalige Siemens-Areal in Ehrenfeld, wo wir etwa 450 Wohnungen planen, haben bessere Perspektiven. Das Projekt wird erst ab 2024/25 realisiert. Hier erwarten wir, dass sich die Situation zum Marktstart in einigen Jahren wieder normalisiert hat.


Anett Barsch ist Head Project Development bei Swiss Life Asset Managers, dem Vermögensverwalter des Schweizer Konzerns Swiss Life. Barsch ist in Deutschland zuständig für das Projektentwicklungsgeschäft. In Köln entwickelt das Unternehmen derzeit Wohnprojekte mit insgesamt mehr als 750 Wohnungen in der Neustadt-Nord, Marienburg und Ehrenfeld. Hinzu kommen Büroimmobilien.


Wir haben Wettbewerber, die derzeit gar keine neuen Projekte beginnen, nicht weiterbauen oder den Vertrieb stoppen. Viele warten auf bessere Zeiten. Das machen wir auf keinen Fall, denn dafür dauern die Prozesse in Köln viel zu lange. Es kann natürlich sein, dass man nach einem Projektstart zum Stopp gezwungen wird, weil man keine Kunden findet, aber diese Erfahrung haben wir noch nicht gemacht.

Ein Projekt ist nur dann darstellbar, wenn es bezahlt wird
Anett Barsch, Swiss Life Asset Managers

Zuletzt erntete die Düsseldorfer Gerchgroup massive Kritik, weil sie die zuvor vertraglich vereinbarte Wohnbebauung im Laurenz Carré nicht umsetzen wollte. Wie beurteilen Sie das?

Ich kann den Vorstoß sehr gut verstehen. Ein Projekt ist nur dann darstellbar, wenn es bezahlt wird. Kein Projektentwickler würde mehr investieren, als er zurückbekommen kann. Alle Investoren müssen ihre Investments profitabel darstellen, sonst würden wir kein Kapital dafür bekommen. In einer Situation wie der heutigen überlegen die Unternehmen sich natürlich, welche Optionen sie haben.

Inwiefern beeinflussen politische Diskussionen wie die um das Gebäudeenergiegesetz Ihre Projekte?

Die größte Kritik am GEG betraf den Austausch von Heizungen in Bestandsimmobilien, das spielt im Neubau keine Rolle. Aber mit Blick auf politische Vorgaben stehen wir immer vor einer Herausforderung: Die Projekte, die wir heute planen, müssen die zum Zeitpunkt der Fertigstellung geltenden Gesetze erfüllen. Wir müssen also in die Zukunft schauen. Natürlich arbeiten wir deshalb nicht mehr mit fossilen Brennstoffen, sondern setzen zum Beispiel auf Photovoltaik, Wärmepumpen und Fernwärme. Doch die Kommunen – und zuletzt speziell die Stadt Köln – machen es uns dabei nicht immer leicht.

Eliana Berger

Eliana Berger

Eliana Berger, Jahrgang 1994, ist Redakteurin im Wirtschaftsressort des Kölner Stadt-Anzeiger. Dort schreibt sie vor allem über Immobilien, Handel und Arbeit. Sie ist Autorin des Immobiliennewsletters...

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Inwiefern?

Wir wollten auf dem Siemens-Areal eigentlich die Fernwärme der Rhein-Energie anschließen. Bis die Stadt Köln uns das untersagte – denn die Rhein-Energie nutzt derzeit noch schmutzige Energiequellen zur Erzeugung der Wärme. Zwar wird das Unternehmen perspektivisch auf erneuerbare Energien setzen, allein, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Aber wir werden früher an den Markt gehen. Das heißt, wir müssen eine andere Infrastruktur aufbauen, obwohl die Fernwärme nur wenig später sauber sein wird. Dieser Vorgang hat mich total erschüttert.

Weil Sie die Stadt hier als zu bürokratisch empfanden.

Die Stadt verfängt sich in ihren eigenen Regularien. Die Verwaltung muss dringend flexibler werden und die Politik muss sie dabei unterstützen. Doch bislang wird weitergemacht wie bisher. Es gibt keine Veränderung, keinen Willen zur Innovation. Wir sprechen nicht erst seit gestern über Herausforderungen wie den Wohnungsmangel und Nachhaltigkeit – aber ich sehe in Köln noch nicht, dass Pläne wirklich umgesetzt werden und langfristige Politik gemacht wird.

Welche Städte machen es besser als in Köln?

Hamburg ist ein gutes Beispiel. Jeder Bezirk hat dort eigene, konkrete Wohnungsbauziele. Die Bezirke sind dort sehr hinterher, diese auch wirklich zu erfüllen, weil die Zielvorgaben an Gelder geknüpft sind. So etwas macht einen Unterschied. Außerdem sitzen die Akteure aus Politik und Wohnungswirtschaft dort gemeinsam am Tisch. In Köln haben wir zwar das Wohnungsbauforum, doch ich würde mir wünschen, dass das deutlich konstruktiver ausgestaltet wird. Es darf kein Ort sein, an dem bloß Beschlüsse vorgelegt werden, die dann alle Beteiligten abnicken sollen.

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