MedizinAbsatz von Magenmittel Iberogast bricht ein

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  • Medikament des Bayer-Konzerns soll Todesfall verursacht haben – Unternehmen bestreitet Zusammenhang

Leverkusen –  Die scharfe Kritik von Kordula Schulz-Asche hat Bayer „ins Mark getroffen“. Das sagte am Donnerstag Frank Schöning, Chef der deutschen Pharma-Sparte Bayer Vital. Die Grünen-Abgeordnete hatte dem Konzern vorgeworfen, das Wohl der Patienten nicht ernst genug zu nehmen. Zuvor war ein Todesfall bekannt geworden: Ein Patient war nach einer Transplantation an Leberversagen gestorben. Die Ursache für den Tod ist nach bisherigen Erkenntnissen bei Bayers pflanzlichem Magen-Präparat Iberogast zu suchen. Daraufhin hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) Bayer angewiesen, die Packungsbeilage von Iberogast um Warnhinweise zu ergänzen. Das war das Ende eines Streits, der sich seit einem Jahrzehnt hinzog. Dabei geht es um den Iberogast-Inhaltsstoff Schöllkraut. Er steht unter dem Verdacht, die Leber zu schädigen. Am Donnerstag sagte Christoph Theurer, Spartenchef für rezeptfreie Arzneien bei Bayer: „Für uns ist der Kausal-Zusammenhang noch nicht belegt.“ Die Angelegenheit müsse zunächst abschließend bewertet werden. Das Einschreiten des Bfarm empfinden die Leverkusener als zu früh. „Die paar Wochen bis zur finalen Bewertung hätte man ruhig noch warten können“, ergänzte Schöning. Im Konzern ist man nach wie vor von Iberogast überzeugt. Wirksamkeit und Sicherheit seien bei mehr als 7000 Teilnehmern in klinischen Studien nachgewiesen. Das Magenmittel ist seit beinahe 60 Jahren auf den Markt. Zu Bayer kam es, als die Leverkusener vor fünf Jahren den Pflanzenmedizin-Spezialisten Steigerwald übernahmen. Eine Rezeptur ohne das inzwischen fragwürdige Schöllkraut gibt es, sogar eine Zulassung gibt es dafür. Gebrauch machen will Bayer davon aber nicht.

Iberogast ist dank seiner massenhaften Verbreitung und der Zulassung in mehr als 40 Ländern sehr bekannt. Und es zählt zu den großen Umsatzträgern bei Bayer. In den Top-Ten des Konzerns rangiert es auf dem siebten Platz, allerdings mit großem Abstand zum Spitzenprodukt, dem Herz-Präparat Xarelto. Die Zeichen stehen gut, dass der Blockbuster mit dem jährlichen Milliarden-Umsatz Bayer noch mehr Freude macht: Gerade ist der Gerinnungshemmer für eine achte Indikation zugelassen worden. Xarelto kann jetzt auch Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit verschrieben werden. Auf dem zweiten Platz beim Umsatz steht das Augenpräparat Eylea – auch Dauerbrenner wie Betaferon, Bepanthen und Aspirin bescheren Bayer noch erkleckliche Umsätze. Dem Verkauf von Iberogast hat die jüngste Diskussion allerdings erkennbar geschadet: Die Verkäufe sind nach Angaben eines Apotheken-Branchendienstes zwischen April und Ende August im Schnitt um acht Prozent zurückgegangen. Verglichen mit dem Vorjahr seien 60 000 Packungen weniger verkauft worden. Auch auf dieser Ebene trifft die Iberogast-Affäre Bayer ins Mark.

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