Nach KrisenjahrKölner Motorenbauer Deutz macht wieder Gewinn

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Deutz-Zentrale in Köln-Eil

Deutz-Zentrale in Köln-Eil

Köln – Deutz liegt wieder stärkere Zahlen vor: Nachdem der Kölner Motorenbauer im Krisenjahr 2020 deutliche 75 Millionen Euro operativen Verlust gemacht hat, konnte er seinen operativen Gewinn im Jahr 2021 auf 37,2 Millionen Euro steigern. Das Wachstum ist damit zwar groß, an das Vorkrisenjahr 2019 mit einem operativen Gewinn von 79 Millionen Euro kann Deutz damit aber noch nicht anknüpfen.

Angezogen sind auch wieder die Auftragseingänge: mit 2,01 Milliarden Euro stiegen sie um rund 52 Prozent. Ohne die elektrischen Bootsmotoren der Tochterfirma Torqeedo gerechnet, stieg der Absatz der Deutz-Motoren um 33 Prozent auf fast 161.000 Einheiten – 2019 waren es 30.000 mehr.

Dividende nach zwei ausgesetzten Jahren

Insgesamt stieg der Umsatz im Jahr 2021 demnach um rund 25 Prozent auf fast 1,62 Milliarden Euro, ebenfalls deutlich mehr als im Jahr 2020 (1,3 Milliarden Euro), aber noch nicht auf Niveau des Jahres 2019 (1,84 Milliarden Euro). Anders als in den beiden Vorjahren wird Deutz damit wieder eine Dividende zahlen. Verzichtet hatte man, um die Liquidität für die damals aufziehende Coronakrise zu sichern. 0,15 Cent pro Aktie zahle man Anlegern aus, was einer Ausschüttungsquote von 47 Prozent entspricht.

Noch etwas hinterher hinkt das neue Segment „Green“. Seit Januar 2022 weist Deutz sämtliche elektrische Antriebe (darunter auch die Bootsmotoren von Torqeedo und die Batteriesysteme von Futavis), Wasserstoffmotoren und Brennstoffzellenprodukte des Investments in den dänischen Brennstoffzellenhersteller Blue World Technologies sowie das gesamte Servicegeschäft im Bereich getrennt aus. Im „Classic“-Segment verbleiben Technologien um Diesel, Gas, Bifuel und das zugehörige Servicegeschäft. „Green läuft natürlich noch deutlich schwächer“, sagt Sebastian Schulte, neuer CEO von Deutz, während der Präsentation der Bilanz. Ist der Auftragseingang vergleichsweise gering, steht es um den Absatz des Green-Segments mit rund 40.500 Einheiten im Vergleich zu den 161.000 Classic-Einheiten etwas besser. Nur beim Umsatz schwächelt das Geschäft: „Da stecken besonders die hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung drin“, erklärt Schulte.

Wenig Raum für CEO-Wechsel

Mit Blick auf die Vergangenheit sagt er, dass Deutz beim Ausbau des Green-Segments und der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeit schon vieles richtig gemacht habe, und weist gleichzeitig darauf hin, dass er ja erst seit vier Wochen als CEO im Amt sei. Damit spielt er auf die plötzliche, einstimmige Abberufung des ehemaligen CEOs Frank Hiller an, nachdem ein Streit über die Frage eskaliert war, wie einer der vier Vorstandsposten beim Motorenbauer mit einer Frau besetzt werden kann. Infolge wechselte Schulte, zuvor Finanzvorstand und Arbeitsdirektor, in die Position. Bis auf einen weiteren Kommentar („Wir hatten einen Leadershipwechsel am 12. Februar im Vorstand und im Aufsichtsratsvorsitz“) blieb das Thema aber unerwähnt.

Gründe für die besseren Zahlen sieht Deutz viele: Einerseits hätten sich alle relevanten Endmärkte weitgehend von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholt, auch wenn Wellen im Infektionsgeschehen weiterhin zu Ausfällen bei der Produktion führten. Zudem habe der Motorenbauer sein Ziel, das Servicegeschäft zu stärken erreichen können sowie Kostenmaßnahmen gegriffen. Unter anderen hatte der Motorenbauer im Sommer 2020 einen Jobabbau angekündigt, durch den etwa 800 Stellen abgebaut werden konnten.

Chipmangel und hohe Materialkosten

Negativ belastet hat weiterhin die schwache Halbleiterverfügbarkeit: „Die Knappheit hat uns empfindlich getroffen, ohne die hätten wir noch mehr absetzen können“, sagt Schulte. Auch im Bereich Kunststoff gebe es erheblichen Mangel. „Das ist ein täglicher Kampf.“ Hinzu kommen steigende Rohmaterialpreise, durch die etwa 25 Millionen Euro zusätzliche Forderungen auf das Unternehmen zugekommen sind.

Durch die Flutkatastrophe im Ahrtal und die Blockade des Suezkanals seien Zulieferungen für das Unternehmen erschwert worden, sagte Schulte. Um die Logistik mit China aufrechterhalten zu können, sei man auf den Schienenweg ausgewichen. Angesichts der von Wladimir Putin geführten Invasion Russlands in der Ukraine setzt man aber wieder auf den Seeweg.

Geopolitische Unsicherheiten

Mit einem Vorkrisenumsatz von rund 20 Millionen Euro pro Jahr ist das Geschäft von Deutz in Russland, Belarus und der Ukraine vergleichsweise klein. Mit Deutz Vostok gebe es nur eine Niederlassung in Moskau. „Wir arbeiten lediglich die letzten Lieferungen, die bezahlt sind, vor Ort ab und haben das Neugeschäft komplett eingestellt“, sagt Schulte mit Blick auf alle drei Länder. Da auch keine direkten Lieferanten in den Krisenregionen säßen, seien direkte Folgen vermutlich überschaubar, indirekte Folgen aber schwer abschätzbar.

Die geopolitischen Unsicherheiten und ihre Auswirkungen auf die Lieferketten, Preissteigerungen bei Transport, Energie und Rohstoffen sowie die Investitionsbereitschaft der Absatzmärkte seien der Grund, weshalb Deutz seine Prognose für das Jahr 2022 mit Stand Februar unter Vorbehalt stellt. „Wir werden jeden Tag die Auswirkungen beobachten, das wird ein sehr variables Bild geben in den nächsten Wochen“, so Schulte.

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Der Prognose nach will Deutz den Absatz seiner Motoren um 5000 bis 25.000 auf 165.000 bis 180.000 steigern, den Umsatz um 100 bis 230 Millionen Euro auf 1,7 bis 1,85 Milliarden Euro, die Ebit-Rendite vor Sondereffekten solle bei 2,5 bis 5,5 Prozent liegen. Angesichts der soliden Bilanz, einer hohen Eigenkapitalquote und ungenutzten hohen Kreditlinien habe das Unternehmen zudem ausreichend finanziellen Spielraum für anorganisches Wachstum. „Im Moment haben wir aber kein größeres, konkretes Target vor der Brust“, sagt Pressesprecher Christian Ludwig.

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