Preise um zehn Prozent gestiegenGebrauchtwagen sind so teuer wie nie

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Gebrauchtwagenhändler

Köln – Wer derzeit auf der Suche nach einem gebrauchten Auto ist, muss tiefer in die Tasche greifen als je zuvor in Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern. Das zeigt der jährlich erscheinende Gebrauchtwagen-Preis-Index des Internetportals Autoscout24. Demnach verteuerten sich gebrauchte Pkw in Deutschland zwischen November 2020 und November 2021 um fast zehn Prozent.

Gebrauchte fast 4000 Euro teurer als 2020

Lag der Durchschnittspreis im Spätherbst 2020 bei 21.287 Euro und damit nur geringfügig über dem Vorjahreswert, lag er im gleichen Monat des abgelaufenen Jahres bei fast 25.000 Euro.

Betrachtet man die einzelnen Fahrzeugsegmente, so verteuerten sich Mittelklassewagen (3er-BMW, Mercedes C-Klasse, Ford Mondeo, Audi A4) mit einem Plus von gut 14 Prozent am deutlichsten. Obere Mittelklasse (5er BMW, Audi A6) und Kompaktklasse (Golf, Focus) stiegen im Preis um elf Prozent. 17.800 Euro wurden im Schnitt für einen Kompakten verlangt.

Auch Kleinwagen sind teurer

Die vor allem bei Großstadtbewohnern und jungen Fahrern beliebten Kleinwagen verteuerten sich laut Autoscout-Statistik im Schnitt um fast zwölf Prozent auf 11.500 Euro. SUVs wurden um 7,5 Prozent teurer. Am geringsten war der Anstieg bei Kleinbussen mit unter zwei Prozent auf fast 20.000 Euro. Einen Rückgang der Gebrauchtwagenpreise wurden in keinem einzigen Segment verzeichnet.

Überraschend an den neuen Daten: Je älter ein Fahrzeug ist, desto größer war im zweiten Corona-Jahr der relative Anstieg der Gebrauchtwagenpreise. Jahreswagen verteuerten sich „nur“ um sieben Prozent. Drei bis fünf Jahre alte Autos immerhin um knapp zehn Prozent, Fahrzeuge zwischen zehn und 20 Jahren legten mit 12,3 Prozent relativ betrachtet am stärksten zu, wenn auch mit knapp 6800 Euro auf einem moderaten Niveau. Kurios: Fahrzeuge über 20 Jahre kosteten mit 7000 Euro im Schnitt mehr als jüngere und verteuerten sich immerhin noch um sieben Prozent.

Diesel-Wagen überraschend gefragt

Betrachtet nach Antriebsarten verzeichneten wenig überraschend Elektro- und Hybridfahrzeuge die höchsten Preise mit 38.500 beziehungsweise 39.000 Euro im Mittel. Allerdings ist die Statistik in diesem Punkt verzerrt und wenig aussagekräftig, denn diese Fahrzeuge mit alternativen Antrieben sind deutlich jünger als die restliche Flotte. Außerdem sind die E-Fahrzeuge auch neu deutlich teurer.

Der durch Abgasskandale und schlechte Feinstaubwerte vor der Pandemie in Verruf geratene Diesel dagegen scheint eine Renaissance zu erleben. Von allen Gebrauchtwagen mit konventionellen Antrieben ist der Selbstzünder der teuerste mit im Schnitt 27.000 Euro – 3000 Euro mehr als ein Jahr zuvor.

Chipmangel und Lockdown

„Mit Blick auf die Preisdynamik im Gebrauchtwagenmarkt ist 2021 ein absolutes Ausnahmejahr“, sagt Stefan Schneck, Vertriebschef bei Autoscout. „Noch 2020 verharrten die Preise fast auf Vorjahresniveau, jetzt legen sie aus dem Stand um zehn Prozent zu – das gab es in dieser Form noch nie.“

Um die Entwicklung zu erklären, müssten laut Schneck mehrere Faktoren berücksichtigt werden. „Da ist zunächst die Bedeutungszunahme der individuellen Mobilität in Folge der Corona-Krise, welche die Nachfrage nach Gebrauchtwagen befeuert hat. Verstärkt wurde der Trend durch die lockdown-bedingten stillstehenden Produktionen, wodurch junge Gebrauchte und Leasingrückläufer auf dem Markt fehlten“, sagte Schneck. Das habe sich in Nachholeffekten seitens der Verbraucher niedergeschlagen.

„Als ein Preis-Booster kann der Mangel an Halbleitern in der Automobilindustrie bezeichnet werden. Da Neuwagen entweder gar nicht zu haben waren oder nur unter der Bedingung langer Lieferzeiten, sind viele Kunden auf Gebrauchte umgestiegen“, sagte Schneck.

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„Es sind einfach sehr viel weniger Autos in den Markt gekommen“, sagt Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) der DPA. „Schon das zweite Jahr hintereinander fehlen Neuzulassungen von Dienstwagen, Tageszulassungen, Mietwagen, die normalerweise relativ schnell als junge Gebrauchte in den Markt kommen“, sagte er. Die Folge: „Momentan haben wir weniger Gebrauchtwagen als Kunden.“

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