Alternative zum teuren Immobilien-KaufSo funktioniert das Erbbaurecht für Kölner Häuser

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Neu errichtete Wohnhäuser stehen am Ortsrand, im Hintergrund ist ein Baukran zu sehen. Vor den Einfamilienhäusern breiten sich Ackerflächen und grüne Wiesen aus.

Neu errichtete Wohnhäuser stehen an einem Ortsrand. Das Thema Erbbaurecht wird auch für den Kölner Wohnungsmarkt diskutiert, nachdem ein Unternehmen in einem Kölner Viertel Häuser nach dem Modell anbietet. (Symbolbild)

Erbbaurecht kann die monatliche Finanzierungslast beim Hauskauf senken – doch es hat langfristige Folgen. Eine Erklärung des Modells.

Der Immobilienmarkt ist dieser Tage hart zu denjenigen, die Wohneigentum erwerben möchten. Weil die Kaufpreise weiter hoch und die Immobilienzinsen spürbar gestiegen sind, können sich immer weniger Menschen die Finanzierung leisten.

In dieser Situation wird nun wieder über ein Modell diskutiert, was in der Niedrigzinsperiode der vergangenen Jahre oftmals unattraktiv war: Das Erbbaurecht. So bietet derzeit unter anderem die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft (Aachener) elf Immobilien im Kölner Stadtteil Roggendorf mit Erbbauvertrag an.

Dabei erwerben die Käuferinnen und Käufer nur die Immobilie, nicht aber das Grundstück, auf dem sie steht. Letzteres müssen sie von den Eigentümern pachten. „Wir bieten eine Alternative zum klassischen Hauskauf“, sagt Larissa Lenting von der Aachener. „Für viele ist der derzeit zu teuer. Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen.“

Grundstücksbesitzer sind meist Städte, Kommunen oder Kirchen

In der Praxis funktioniert das Erbbaurecht so: Haushalte kaufen eine Immobilie auf einem Grundstück, was ihnen nicht gehört – und zahlen einen jährlichen Erbbauzins, um es nutzen zu können. Üblicherweise sind die Grundstücksbesitzer Städte, Kommunen oder Kirchen. Die Gesellschafter der Aachener beispielsweise sind verschiedene Bistümer und Erzbistümer.

In den vergangenen Jahren war ein Erbbaurechtvertrag für Privatnutzer selten sinnvoll. Denn die Erbbauzinsen liegen im Normalfall zwischen jährlich drei und sechs Prozent des Bodenrichtwerts. In der langen Niedrigzinsphase war die Finanzierung eines Grundstücks häufig günstiger als es zu pachten.

Situation am Markt hat sich gedreht

Doch nun hat sich die Lage am Markt gedreht. „Wir haben uns gefragt, wie der Mittelstand jetzt noch ein Haus finanzieren kann. Am Ende haben wir uns entschieden, den Erbbauzins zu dämpfen“, sagt Larissa Lenting. Die Aachener bietet die Einfamilienhäuser zu einem vergünstigten Erbbauzins von zwei Prozent an.

„Sinnvoll kann ein Erbbauvertrag vor allem für einkommensschwache, kinderreiche Familien sein, die sich den Traum vom Eigenheim erfüllen wollen“, sagt Carsten Harms aus der Abteilung Immobilienfinanzierung des Kölner Versicherers DEVK. „Sie sparen sich so Eigenkapital oder die Kosten für die Finanzierung.“ Vor allem kirchliche Anbieter böten oft faire Konditionen für Familien.

Günstigere Zahlung pro Monat – doch auf lange Sicht teuer

Harms rechnet vor, wie der Unterschied zwischen Erbbauzins und Darlehen sich in der Praxis bemerkbar machen kann. Dabei geht er von einem Grundstückswert von 200.000 Euro aus, dazu einem Zinssatz von 4,3 Prozent sowie einer Tilgung von 1,64 Prozent. Die monatliche Rate liegt hier bei 990 Euro für die Finanzierung des Grundstücks – der Erbbauzins dagegen bei 333,33 Euro, also 657 Euro niedriger.

Doch an der Rechnung zeigt sich auch ein deutlicher Nachteil des Erbbaurechts: Denn nach 30 Jahren wäre das Darlehen für die Finanzierung vollständig getilgt und das Grundstück würde dem Käufer gehören. „Die Pächter bilden jedoch kein Eigentum“, so Harms. Selbst beim niedrigen Zinssatz von zwei Prozent haben die Hausbesitzer nach 50 Jahren genauso viele Zinsen gezahlt, wie das Grundstück wert ist. Danach zahlen sie vereinfacht gesagt drauf. Im langen Rennen zahlt sich also die Finanzierung aus.

Pachtverträge laufen 50 bis 99 Jahre

Die Pachtverträge haben dabei eine feste Laufzeit, die üblicherweise zwischen 50 und 99 Jahren liegt. Läuft der Erbbauvertrag aus, geht das Nutzungsrecht, sofern nicht anders vereinbart, wieder an den Verpächter zurück – und zwar mitsamt der Immobilie. Für die erhält der Käufer bloß eine Entschädigung in Höhe von mindestens zwei Dritteln des Verkehrswerts.

Harms empfiehlt, genau auf die Konditionen des Erbbauvertrags zu achten. Denn anders als bei einer Finanzierung, wo der Zinssatz festgeschrieben ist, können Erbbauzinsen über die Jahre steigen. Außerdem hat der Eigentümer des Grundstücks Mitspracherechte an dessen Nutzung, zum Beispiel wenn es um Umbaumaßnahmen oder eine Vermietung geht. Vertraglich regeln lässt sich außerdem eine Rückkaufoption, die den Pächtern das Recht gibt, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt doch noch zu kaufen.

Rückkaufoption des Grundstücks kann vereinbart werden

Bei der Aachener, beispielsweise, ist diese Rückkaufoption vertraglich fest vereinbart. „Sie können das Grundstück jeder Zeit zum aktuellen Bodenrichtwert kaufen, zum Beispiel, wenn sich die Zinssituation ändert“, sagt Larissa Lenting.

Bei der DEVK sind Finanzierungen von Immobilien auf Erbbaurecht zurzeit selten. „In den vergangenen Jahren waren die Kaufpreise so stark explodiert, dass die Kaufpreise der Häuser mit Erbbauvertrag am Markt kaum günstiger waren als die mit Grundstück“, so Harms. „Aber das könnte sich jetzt wieder ändern.“

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