Im Schnäppchen-November sind die Kölner Einkaufsstraßen noch voller als ohnehin schon. Der Handel allerdings hat schlechte Stimmung. Warum eigentlich?
Zwischen Schnäppchen und SparzwangDieser Black Friday markiert eine Zäsur im kriselnden Handel

In der Kölner Innenstadt sind die Straßen immer voll. Allein im Oktober 2025 waren auf der Schildergasse knapp zwei Millionen Menschen unterwegs.
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Wer dieser Tage auf den Kölner Einkaufsstraßen unterwegs ist, merkt von schlechter Konsumstimmung und Kaufzurückhaltung wenig. Bei der Eröffnung des neuen Douglas-Ladens auf der Schildergasse standen die Menschen schon weit vor Ladenöffnung Schlange, wohlgemerkt an einem normalen Werktag. Bei Uniqlo war es am vergangenen Wochenende so voll, dass sich einige Kunden entschieden, doch nicht in das Geschäft hineinzugehen. Und bei Fast-Fashion-Filialisten wie Primark und H&M herrscht sowieso Hochkonjunktur. Wie passt das zusammen mit Händlern, die über sinkende Umsätze in ihren stationären Läden klagen und Instituten, die Kaufzurückhaltung und wirtschaftliche Flaute beobachten?
Handelsexperte: Das Geschäft ist heute deutlich schwerer als vor zehn Jahren
„Es gibt nicht umsonst die Redewendung ‚Jammern ist des Kaufmanns Gruß‘“, sagt Handelsforscher Kai Hudetz. Seit 15 Jahren ist er Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung in Köln (IFH), beobachtet den Handel schon doppelt so lange. „Natürlich war das Klagen in der Vergangenheit oftmals begründet, immerhin haben seit 2010 etwa 40.000 Einzelhändler bundesweit geschlossen.“ Hudetz sagt aber auch: Heute ist die Lage deutlich schwieriger als vor zehn Jahren.
Das Bedürfnis, in der Stadt unterwegs zu sein, sei nach wie vor groß. „Die Menschen bummeln dann aber eher, als tatsächlich einzukaufen.“ Vor allem Hohe Straße und Schildergasse zählen seit jeher zu den beliebtesten Einkaufsstraßen Europas. Allein im Oktober sind knapp zwei Millionen Menschen hier unterwegs gewesen – die volle Kölner Innenstadt ist also bei weitem nicht repräsentativ für Innenstädte allgemein. „Wer in Einkaufszentren wie in Kalk oder Weiden unterwegs ist, sieht: Der Buchladen und die Eisdiele sind gut besucht, vielleicht noch H&M und Zara. Andere Anbieter werden deutlich weniger frequentiert“, sagt Hudetz.
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Viele Menschen hätten Angst, ihren Lebensstandard nicht mehr halten zu können und kaufen weniger. „Unsere Umfragen zeigen, dass der Preis bei 80 Prozent der Käufe das entscheidende Kriterium ist“, sagt Hudetz. Und: Sie kaufen nur das, was sie dringend brauchen. Der Textil-Discounter Kik, der ohnehin vergleichsweise günstige Produkte verkauft, berichtet: „Der Black Friday bleibt für den Handel insgesamt ein relevantes Absatzphänomen, auch für unsere preisbewusste Kundschaft. Gleichzeitig spüren wir das gedämpfte Konsumklima und gehen mit einer realistischen Erwartungshaltung in dieses Jahr.“

Die Schwestern Carmen und Nicole Oles bummeln zwar, kaufen aber - wenn überhaupt - online.
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Der Handelsverband HDE rechnet in diesem Jahr mit einem Umsatz in Höhe von 5,8 Milliarden Euro, davon entfällt mehr als ein Viertel auf Weihnachtsgeschenke. Hinzu kommt, dass in diesem Jahr zwar mehr Menschen planen, an den Aktionstagen reduzierte Produkte zu kaufen, unterm Strich dafür aber weniger ausgeben wollen als in den Vorjahren.
Was nach einer ganzen Menge klingt, markiert eine Zäsur. Seit Beginn der Datenerfassung des HDE im Jahr 2016 sind die Ausgaben zu Black Friday und Cyber Monday kontinuierlich gestiegen, zwischenzeitlich sogar um mehr als zwanzig Prozent im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr. Schon im Jahr 2023 legten die Umsätze im Vorjahresvergleich allerdings nur noch geringfügig zu, bevor der Aufwärtstrend im Jahr 2024 auf hohem Niveau zum Stillstand kam und das Umsatzniveau des Vorjahres nicht übertroffen wurde. In diesem Jahr erwartet der HDE nun erstmals einen Rückgang der Umsätze zu den beiden Aktionstagen, ein Rückgang um knapp zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
„Ich schaue nur nach Weihnachtsgeschenken“
Ein Besuch in der Kölner Innenstadt zeigt ein ähnliches Bild. „Ich schaue wirklich nur nach Weihnachtsgeschenken. Sonst nichts, ich möchte mein Geld zusammenhalten“, sagt Sofia Rimmel. Eine Mutter berichtet davon, dass sie derzeit nur das kaufe, was sich ihre Kinder zu Weihnachten wünschen – „zum Beispiel einen Controller und Kopfhörer“. Auch defekte Haushaltsgeräte habe die Familie während der Aktionstage ersetzt.
Die drei Freundinnen Saskia, Tamara und Sophia kaufen schon lange nur noch das, was sie brauchen. „Wenn es dann günstiger ist, ist es ja super“, sagt Saskia, die einen Trockner zum Aktionspreis gekauft hat und einen Schal für ihren Freund. Auch Sophia hat in der Vergangenheit am Black Friday bei einer Waschmaschine zugeschlagen. Sie sagt: „Ich habe in diesem Jahr auch schon Weihnachtsgeschenke gekauft, einen Bademantel. Für meine Mutter habe ich ein Haarshampoo-Set gekauft, das war günstiger.“

Susanne und Bernd Schäfer sind spontan zum Bummeln in die Stadt gefahren.
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Ein paar Spontankäufe sind dann aber doch dabei. Susanne und Bernd Schäfer sind spontan in die Stadt gefahren, zum Bummeln und „einfach mal zum Gucken“. Sie berichten: „Wir haben eine Jacke gekauft. 33 Prozent gingen nochmal runter und sie war vorher schon fast um die Hälfte reduziert. Eigentlich sollte der Mantel 400 Euro kosten, dann war er auf 189 heruntergesetzt und für 120 haben wir ihn jetzt letztendlich gekauft.“
Rabatte sind gut für Kunden, aber schlecht für Händler
Für den Einzelhandel ist das Weihnachtsgeschäft die umsatzstärkste Zeit im Jahr, einige Händler machen rund ein Viertel ihres Jahresumsatzes in den Wochen vor dem Fest. „Für uns sind sowohl das Vorweihnachtsgeschäft, das bereits im November beginnt und auch die Shopping-Tage rund um den Black Friday einschließt, als auch das Weihnachtsgeschäft selbst traditionell die umsatzstärkste Saison“, berichtet eine Sprecherin von Media-Markt-Saturn. Sechs Wochen lang, von Ende Oktober bis Anfang Dezember, gewährt der Elektronikhändler Rabatte. „Mehr als einen Monat lang dürfen sich Kundinnen und Kunden auf attraktive Aktionen freuen: Black Deals, Singles Day, Black Week, der legendäre Black Friday und das große Finale mit der Cyber Week“, heißt es auf der Website.
Die Schnäppchensaison beginnt nicht nur bei Media-Markt-Saturn immer früher: Der Begriff „Black November“ steht längst dafür, dass sich die Rabattschlacht auf den kompletten Monat ausgeweitet hat. Dass die Rabatte zwar gut für die Verbraucher, aber nicht für das Geschäft sind, ist bekannt, denn die Preisnachlässe gehen zu Lasten der Marge – während Personalkosten, Energiepreise und Mieten im besten Fall gleich bleiben, im Normalfall aber eher steigen. Der Handel ist in einer Zwickmühle. Man muss abwägen: „Wer nicht bei Rabattaktionen mitmacht und reguläre Preise verlangt, riskiert, auf der Ware sitzenzubleiben“, sagt Hudetz.
Die Frage stellt sich auch Theresa Weingarten, Geschäftsführerin des gleichnamigen Kölner Modehauses. Sie sagt: „Gerade in der Modebranche ist der Zeitpunkt der Reduzierung viel zu früh in der Saison. Um den Einzelhandel in den Städten aufrechtzuerhalten und nicht noch mehr Leerstand zu erzeugen, können die Rabatte nicht weiter zunehmen. Mit dieser Preisstrategie können die gestiegenen Kosten nicht finanziert werden.“ Komplett aus dem Preiskampf heraushalten kann sie sich allerdings nicht – das Modehaus gibt am „Black Weekend“ bis zu 30 Prozent Rabatt.


