XXL-Restaurant(K)ein Genuss in Übergröße

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Tobi Höller bestellte sich den Monster-Burger mit 800 Gramm Fleisch. (Bild: Höller)

Tobi Höller bestellte sich den Monster-Burger mit 800 Gramm Fleisch. (Bild: Höller)

Rhein-Berg – Ich habe den ganzen Tag nichts gegessen.“ Leidend hält sich Jojo den Bauch. Mit der Bahn sind wir auf dem Weg nach Frankenforst. Im Urlaub hatte irgendwer die Idee, das XXL-Restaurant an der Eissporthalle zu besuchen. Jetzt sind zehn hungrige Freunde auf dem Weg ins „Big Food“, um es dort mit Portionen aufzunehmen, die einer gewöhnlichen Wochenration in nichts nachstehen.

Zehn Jungen wohlgemerkt - Mädchen waren für die Vorstellung von übermäßig viel Fleisch und Bier seltsamerweise nicht zu begeistern. Die meisten der Anderen hatten genau wie Jojo auf ihr Mittagessen verzichtet. Ich bereute den Teller Nudeln schon.

Im Restaurant angekommen, werden erst einmal Anekdoten ausgetauscht von unzähligen Weihnachtstagen, Hochzeiten und anderen Gelagen - Mann muss sich ja Mut zureden. Auch auf Morgan Spurlocks „Super Size Me“ kommen wir zu sprechen, einen Dokumentarfilm, in dem sich der Filmemacher einem ungewöhnlichen Selbstversuch aussetzt: Spurlock will sich 30 Tage lang nur von Fast-Food-Produkten ernähren, und das meist in „Super Size“, also die Menügröße, die es in Deutschland nicht einmal gibt. Der Film zeigt vor allem die negativen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen solch einer extremen Ernährung auf, also nichts, worüber man sich Gedanken machen will, wenn einem ein Hamburger mit 40 Zentimetern Durchmesser auf den Tisch gehievt wird.

Im Big Food kann man seine großen Gerichte auf zweierlei Art bestellen: Entweder zum regulären Preis oder „mit Wette“. Die Regeln sind einfach: Wer das Gericht ohne fremde Hilfe, innerhalb einer Stunde und vollständig aufisst, muss es nicht bezahlen. Wer verliert, zahlt fünf Euro drauf, die allerdings gespendet werden. Nun ja. Wir waren ja schon einmal da. Und wer prahlt, muss auch beweisen, was so ein Magen aushält. Die XXL-Biergläser tun ihr Übriges, so dass bei vier von uns genug Übermut vorhanden ist, um den Handschlag zu wagen. 800 Gramm sind ja gar nicht so viel. Während wir warten, überschlage ich die Kalorien im Kopf. 800 Gramm Fleisch auf dem Burger, dazu Mengen an Käse, Mayonnaise und Weißbrot. Muss ich mir jetzt einen Marathon antun, um das wieder auszugleichen?

Lange kann ich mir darüber keine Gedanken machen. Die ersten Teller - doch eher Platten - kommen aus der Küche. Die Kellnerin hat deutlich mit den zwei Ungetümen zu kämpfen. Begeisterung ist angesichts der Größe die erste Reaktion. Dann wird es ernst, der Ehrgeiz packt uns. Jeder isst auf seine Art. Ich versuch's auf die althergebrachte Methode, doch diesen Burger hochzuheben und reinzubeißen, ist unmöglich. Dustin isst ihn mit Messer und Gabel, Marco's wird wie eine Pizza zerlegt. Dustin hat jetzt schon zu kämpfen. Aber nicht mit der Menge, sondern mit der Schärfe. Wer bestellt sich auch eine Riesenportion, bei der groß „hot“ daneben steht?

Allmählich trennt sich die Spreu vom Weizen. Alleine Marco und ich kämpfen noch. Mit der Menge, aber vor allem mit der Zeit. Nur noch gut ein Viertel Burger ist da, aber wenn man sich all die satten Menschen und die trotzdem noch vollen Teller der anderen ansehen muss, macht der Kopf einfach nicht mehr mit. Die anderen feuern mich an, trotzdem schaff ich das letzte Brot nicht mehr. Erleichterung, als die Kellnerin - mit einem süffisanten Lächeln - die nicht ganz leeren Platten mitnimmt. Jetzt beginnt das Wundenlecken. Die Besiegten helfen sich mit Cola oder Tabletten gegen das Völlegefühl, einige greifen auf das Hausmittel schlechthin zurück und bestellen einen Schnaps. Die Burger mit 800 Gramm Fleisch sind übrigens nur die zweitgrößten. Erst zwei Leute haben die größten der Fastfoodkette bezwungen - einer in 37 Minuten. Ob der junge Mann wirklich klein und dünn war und ob er das wirklich so schnell geschafft hat, oder ob die Kellnerin uns nur ärgern wollte, lass ich einmal offen.

Beim Zahlen erfahren wir, dass die fünf Euro heute an die Tafel in Bergisch Gladbach gespendet werden. Klingt ein bisschen nach Gewissenserleichterung, macht die „Niederlage“ aber durchaus erträglicher. Meine ethischen Bedenken, dass es ungerecht ist, einen Berg Essen zu bestellen in einer Welt mit Nahrungsengpass in vielen Ländern, sind nicht groß. Aber die Tafel ist nah und die Tatsache, dass sich viele Menschen in Deutschland gesundes Essen nicht mehr leisten können und man sich selbst gerade zum Essen zwingen musste, hinterlässt einen unschönen Beigeschmack. Neben der Sache mit den Kalorien.

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