Tieren geht das Heu ausLandwirte im Kölner Süden klagen über steinharte Böden

Lesezeit 4 Minuten
25 original Tiroler Rindviecher und Kaltblüter hält Bernd Lorbach in Weiß. 

25 original Tiroler Rindviecher und Kaltblüter hält Bernd Lorbach in Weiß. 

Rodenkirchen – Ausnahmsweise hat Thomas Pulheim tagsüber Zeit. Auf den Feldern hat der Landwirt zurzeit wenig zu tun. Eigentlich sollten die abgeernteten Stoppelfelder für die nächste Aussaat bearbeitet werden, in zehn Tagen sollte der Winterraps raus. „Aber wir kommen nicht in den Boden rein“, sagt Pulheim.

Knochentrocken ist die Erde. „Die Maschinen kratzen da nur drüber“, berichtet der 37-Jährige. Anfang September sollten zum zweiten Mal in diesem Jahr die Wiesen gemäht werden, aber das fällt flach. Es gibt kein Gras mehr, die Wiesen sind braun und vertrocknet. Und die Zuckerrüben, die wie eingemauert in der Erde stecken, sind mickrig.

Ernteeinbuße beim Getreide liegen bei 25 Prozent

Seit Generationen betreibt die Familie Pulheim den landwirtschaftlichen Betrieb am Fuchskaulenweg sowie eine Reitanlage. „So eine lange und extrem trockene Periode hat auch mein Mann noch nicht erlebt, und der ist 75 Jahre alt“, sagt Mechthild Pulheim, die Senior-Landwirtin. Auf rund 50 Hektar rund um den Hof bauen die Pulheims Gerste, Weizen, Raps, Zuckerrüben, Hafer an, einige Flächen sind Wiesen.

Thomas und Mechthild Pulheims Familie betreibt seit Generationen Landwirtschaft. Einen derart trockenen Sommer hatten sie noch nie.

Thomas und Mechthild Pulheims Familie betreibt seit Generationen Landwirtschaft. Einen derart trockenen Sommer hatten sie noch nie.

Wegen der extremen Trockenheit, die schon im April begonnen hat, liege die Ernteeinbuße beim Getreide bei 25 Prozent – die Körner seien viel zu klein und von geringer Qualität gewesen. Wesentlich schlimmer sieht es beim Heu aus, also der Grasernte. Mechthild Pulheim spricht von einem Ausfall von 60 Prozent. Statt wie üblich dreimal im Jahr, gab es diesmal nur im Frühjahr einen vernünftigen Grünschnitt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Heu und Heu-Silage sind aber die wichtigsten Futtergrundlagen für die 55 Pferde, die in den Ställen auf dem Hof eingestellt sind. „Wahrscheinlich werden wir Heu teuer zukaufen müssen“, befürchtet Thomas Pulheim. Vorsorglich hat er sich schon einige Tonnen reservieren lassen. Auf den Weiden finden die Pferde seit Wochen kein frisches Gras zum Fressen. Gierig rupfen sie die letzten grünen Halme ab, die an ein paar schattigen Stellen auf dem Hofgelände wachsen.

Hungern müssen die Tiere nicht

So wie Lucy, die allerdings von Haus aus sehr „verfressen“ sei, wie Stephanie Voit scherzhaft sagt. Sie führt die Stute auf die Weide und bleibt überall stehen, wo Lucy noch was Grünes entdeckt. Pferd Rita zupft ein paar grüne Blätter von einem Busch ab. Hungern müssen die Tiere nicht, dafür wird auf dem Hof gesorgt. In der großen Halle lagert genügend Wiesenheu vom Frühjahrs-Grünschnitt sowie sonstiges Futter und jede Menge ausgedroschener und getrockneter Getreidestängel, Stroh genannt. Es ist vor allem für die Einstreu wichtig.

Stephanie Voits Pferd Lucy knabbert an den letzten grünen Halmen.

Stephanie Voits Pferd Lucy knabbert an den letzten grünen Halmen.

Auf Regen haben die Landwirte lange gehofft, der ist aber ausgeblieben im Kölner Süden. Getröpfelt hat es hin und wieder, ab und zu gab es mal einen kräftigen Schauer. Wahrscheinlich werde man erst wieder im Frühjahr 2019 aussäen können, vermutet die 65-jährige Mechthild Pulheim.

„Wenn es nicht bald stark regnet, bleibt im schlimmsten Fall alles so liegen bis zur Frühjahrsaussaat“, sagt auch Georg Rottscheidt vom Pflasterhof im Weißer Bogen, zu dem das Reit-Therapie-Zentrum RTZ gehört. „Die lange Trockenphase macht sich jetzt bemerkbar“, sagt der 57-jährige Landwirt.

Sorge um Flächenverlust

Dennoch hält er die Lage nicht für dramatisch. Schließlich seien die Getreideernte und der Grünschnitt gut gewesen im Frühling. Er habe genügend Reserven auf Lager. Er erinnert sich, dass es auch schon 1976, 1983 und 2003 trocken gewesen sei, wenngleich nicht so lange an einem Stück. Das habe man einigermaßen verkraftet.

Was ihm viel mehr Sorgen bereitet als die aktuelle Trockenheit sei der ständige Flächenverlust. „Als mein Vater hier 1960 anfing, bewirtschaftete er den halben Weißer Bogen, Felder beim Hahnwald, das Sürther Feld, Flächen in Immendorf“, sagt Georg Rottscheidt. Daraus sind jetzt Gewerbe- und Wohngebiete geworden, im Weißer Bogen sind Streuobstwiesen angelegt worden.

Rund 100 Hektar gehören derzeit zum Gut Rottscheidt. Mit den Ernten kann er seinen Pflasterhof und das RTZ versorgen. Aber wenn noch mehr Flächen gekündigt würden und er deshalb ständig Ackerfrüchte, Heu und Stroh zukaufen müsse, sieht er das Reit-Therapie-Zentrum gefährdet.

„Im Mai und Juni haben wir gutes Futter gemacht“

In unmittelbarer Nachbarschaft betreibt Bernd Lorbach seinen Pferde- und Bauernhof mit rund 80 Hektar Wiesen- und Ackerflächen. Und er hält als Besonderheit 25 original Tiroler Rindviecher auf einer – derzeit freilich mageren– Sommer-Weide. Mit der Versorgung seiner Kühe, Kälber, Bullen und Jungbullen und natürlich der Pferde komme er trotzdem klar.

Strohballen gibt es genug bei Thomas Pulheim, es fehlt eher am Heu, also dem Futter für die Tiere.

Strohballen gibt es genug bei Thomas Pulheim, es fehlt eher am Heu, also dem Futter für die Tiere.

„Im Mai und Juni haben wir gutes Futter gemacht“, sagt er. Deshalb wolle er nicht klagen, wenngleich auch er erzählt, dass die Böden „hart wie Beton“ und die Bearbeitung ziemlich dramatisch seien. „Wir hatten aber auch schon gute Jahre“, betont Bernd Lorbach.

Den Schrei nach Beihilfen für die Bauern hält er für übertrieben. Viel lieber sollten die Blühstreifen jetzt schnell fürs Mähen freigegeben werden. Die Verantwortlichen in der Agrarpolitik würden da viel zu lange überlegen. Notschlachten müsse er jedenfalls keines seiner Rinder. Davon betroffen seien höchstens solche Bauern, die ihre Weiden und Riesenställe mit den Tieren überbelegt hätten.

KStA abonnieren