Die Plombe im Nordturm wird gezogen

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Mit fast 30000 Ziegelsteinen war das Bombenloch repariert worden. Der haltbare Flicken wird jetzt durch Steinmetzkunst ersetzt.

Mit fast 30000 Ziegelsteinen war das Bombenloch repariert worden. Der haltbare Flicken wird jetzt durch Steinmetzkunst ersetzt.

Die Backstein-Plombe im Nordtum des Doms wird verschwinden. Mit maßgefertigten Steinarbeiten wird die Erinnerung an den Bombentreffer vom November 1943 beseitigt.

Die einen wollten sie unbedingt behalten, als eingemauertes Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung. Die Backstein-Plombe an der Westfassade des Doms, die nach einem der ersten schweren Bombentreffer der Kathedrale im November 1943 eingeflickt wurde, zählt zu den augenfälligsten Kriegserinnerungen im heutigen Stadtbild. Bei der lebhaften Diskussion um Plombenerhalt oder originalgetreue Reparatur setzte sich zu Beginn der 90er Jahre die Ansicht von Domprobst Bernard Henrichs und dem damaligen Dombaumeister Arnold Wolff durch, die den Nachkriegs-Look nicht auf Dauer erhalten wollten.

Gestern wurde das Gerüst am Strebepfeiler des Nordturms aufgebaut, und das Plombenziehen kann beginnen. „In kleinteiliger und sehr komplizierter Arbeit sind die fehlenden Steine in der Dombauhütte gefertigt worden und werden jetzt eingefügt“, schildert Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner. Sechs Figuren samt Baldachinen nach den Originalentwürfen aus dem 19. Jahrhundert, zahlreiche Wasserspeier und weiterer Zierrat, dazu die maßgenau einzupassenden Fassadensteine wurden in mehr als dreijähriger Arbeit zum größten Teil vorproduziert. „Das Austauschen wird bis zum Sommer 2005 dauern“, sagt Barbara Schock-Werner. Zum Weltjugendchortreffen sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Die Dombaumeisterin erwartet zum Baubeginn auch ein neues Aufflackern der alten Diskussion um Plombenerhalt oder Restaurierung. Viele Kölnerinnen und Kölner hängen an dem Stück roten Mauerwerks, das sie als Ehrung für die Arbeit der Trümmerfrauen oder anderer um das Stadtwahrzeichen besorgte Menschen anerkennen. „Da gibt es viele Legenden, die schwer auszurotten sind“, verweist sie auf verschiedene Berichte, nach denen mal ein SS-General, mal eine Gruppe Zwangsarbeiter als „Retter des Doms“ genannt werden, weil sie seinerzeit den Domturm mit fast 30 000 Ziegeln repariert hätten. „Stimmt alles nicht“, sagt Barbara Schock-Werner und kann für die einzig wahre Plomben-Legung auch schriftliche Beweise anbieten: „Eine kleine Kölner Baufirma mit fünf Arbeitern - darunter zwei Holländer - hat damals den Auftrag bekommen und ausgeführt. Darüber liegen sogar noch die Abrechnungen der Stundenzettel vor.“

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