Nach dem Waffeneinsatz der Polizei gegen eine gehörlose Zwölfjährige in Bochum fordert der NRW-Gehörlosenverband einen 24-Stunden-Pool mit Gebärdendolmetschern und bessere Schulung der Beamten.
GehörloseSchuss auf Gehörlose: Verband fordert Gebärdendolmetscher

In diesem Mehrfamilienhaus im Bochumer Stadtteil Hamme ereignete sich der folgenschwere Polizeieinsatz.
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Nach dem Waffeneinsatz der Polizei gegen eine gehörlose Zwölfjährige in Bochum fordert der NRW-Landesverband der Gehörlosen einen 24-Stunden-Notfallpool für Gebärdendolmetscher. Gehörlose gerieten in einer Einsatzlage in eine extrem verletzliche Position, erklärte eine Verbands-Sprecherin auf dpa-Anfrage.
Gehörlose hätten immer wieder Vorfälle gemeldet, bei denen fehlende Kommunikationsstrukturen zu gefährlichen Situationen, Traumatisierungen und Rechtsverletzungen geführt hätten.
Zum konkreten Fall in Bochum wollte sich die Sprecherin aber nicht äußern, da sie die genauen Abläufe nicht kenne.
Gab es Kommunikation mit dem Mädchen?
Die Zwölfjährige soll laut Polizei bei dem Einsatz in der Nacht zum Montag die Beamten angegriffen haben. Sie habe dabei zwei Messer in der Hand gehabt. Das Mädchen wurde von einer Kugel am Bauch getroffen und mit zunächst lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.
Nach Angaben der Polizei sind sowohl die Zwölfjährige als auch ihre Mutter gehörlos. Ob und wie überhaupt eine Kommunikation zwischen den Einsatzkräften und den beiden Gehörlosen möglich war, werde weiter ermittelt, hatte die Polizei am Dienstag mitgeteilt. Ein Gebärdendolmetscher sei bei dem Einsatz nicht dabei gewesen.
Polizisten sollen Grundkenntnis der Gebärdensprache lernen
Die Verbandssprecherin forderte neben dem 24-Stunden-Notfallpool mit Gebärdendolmetschern eine verpflichtende Aus- und Fortbildung für Polizisten und Rettungskräfte, bei der Basiskenntnisse der Gebärdensprache vermittelt werden sollten. Außerdem müssten unter Beteiligung Gehörloser Einsatzprotokolle für das Verhalten der Polizei in solchen Fällen entwickelt werden. Als technische Übergangslösung seien auch Video-Dolmetsch-Systeme für Einsatzkräfte denkbar, erklärte die Sprecherin.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, sprach gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) von einem „hochdramatischen und gefährlichen Einsatz“. „Dabei wird deutlich, dass wir in Deutschland dringend über Messerkriminalität und Messereinsätze sprechen müssen. Wir müssen auch noch mehr über Ausrüstung, Training und Prävention sprechen.“ (dpa)
