Edward SarpeiDirekter Draht nach Südafrika

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Edward Sarpei ist der sieben Jahre ältere Bruder von Fußballprofi Hans Sarpei. Die Vorfreude auf das WM-Spiel seines Heimatlandes Ghana gegen Deutschland ist groß. (Bild: Ralf Krieger)

Edward Sarpei ist der sieben Jahre ältere Bruder von Fußballprofi Hans Sarpei. Die Vorfreude auf das WM-Spiel seines Heimatlandes Ghana gegen Deutschland ist groß. (Bild: Ralf Krieger)

Leverkusen – Telefonieren gehört in diesen Tagen zu Edward Sarpeis Hauptbeschäftigungen. Mit der Mutter in Flensburg, dem Vater in Köln, der Verwandtschaft in Ghana. Und mit dem Bruder. Der heißt mit Vornamen Hans und ist in Leverkusen kein Unbekannter, weil Defensivspieler bei Bayer 04. Zurzeit weilt Hans Sarpei als Stammspieler im ghanaischen Fußballnationalteam bei der WM in Südafrika.

In der Familie Sarpei sorgt das für jede Menge Gesprächsstoff. „Absolut stolz“ seien sie natürlich alle, erzählt Edward Sarpei, sowohl die Eltern hier in Deutschland als auch die große Verwandtschaft in Ghana. „Die Telefonkosten sind sehr hoch im Moment“, fügt der 40-Jährige lachend hinzu. Das Lachen, da ist er zuversichtlich, wird ihm auch heute Abend nicht vergehen. Dann nämlich, wenn im Stadion von Johannesburg eine ganz besondere Partie ausgetragen wird: Ghana gegen Deutschland.

„Ich tippe das Spiel wird 1:1 ausgehen“, sagt der Leverkusener. Damit wäre Ghana fürs Achtelfinale qualifiziert, Deutschland abhängig vom Ausgang der Partie zwischen Australien und Serbien. Dass die „Fußballmacht Deutschland“ in der Vorrunde ausscheidet, glaubt der Hobbyfußballer aber nicht. Er hofft, dass die Partie trotz der „aufgeheizten Stimmung“ - Stichwort Kevin-Prince Boateng - fair verläuft und sich am Ende beide Teams freuen. Trotzdem: Sein Herz schlägt für Ghana, für das Land, in dem er geboren wurde und dessen Nationaltrikot nun sein sieben Jahre jüngerer Bruder trägt.

„Das ist so, wie wenn der FC gegen Leverkusen spielt“, erklärt Edward Sarpei. Mit Leverkusen verbinde ihn die „tiefe Liebe“ zum Bruder, mit Köln ein Gefühl von Heimat. Als Edward Sarpei neun Jahre alt war, verließ die Familie Ghana und kam ins Rheinland. Im Fußballverein versuchte Sarpei, Anschluss zu finden, doch dort hielt er es nicht lange aus. „Ich habe viel Zeit gebraucht, um mich an Deutschland zu gewöhnen. Und das Spiel hat mir auch nicht so viel Spaß gemacht“, erinnert er sich.

Erst mit 19 Jahren schnürte er wieder die Fußballschuhe, in der Saison 2003/04 spielte er sogar für den 1. FC Köln in der Bundesliga. Verletzungsbedingt führte sein Weg in den Amateurfußball, unter anderem nach Leichlingen, inzwischen ist er Spielertrainer beim Kreisligateam des FC Rheindorf. Mit seinem siebenjährigen Sohn Kingsley lebt Sarpei in Rheindorf, seine beiden älteren Kinder wohnen in Köln - und alle feuern „Onkel Hans“ vorm Fernseher lautstark an.

Für das Spiel gegen Deutschland wird Edward Sarpei das heimische Wohnzimmer indes verlassen. „Sonst betrachte ich Fußball nüchtern und bin auch mal froh, wenn ich Abstand davon habe. Aber dieses Spiel ist etwas besonders“, erzählt er. In Köln wird er sich beim Public Viewing unters Volk mischen, um sich von der Atmosphäre mitreißen zu lassen. Ob er das Trikot von Ghana anzieht? „Vielleicht.“ Sicher aber ist, dass er vor dem Anpfiff noch mal telefonieren wird. Mit Hans, seinem Bruder.

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