FührungspositionenFrauen die sich durchgesetzt haben

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Köln  – Wer sich mit dem Thema Frauen und Karriere befasst, stößt unweigerlich auf die Metapher der „gläsernen Decke“. Klingt wie aus einem Märchen über die Ungerechtigkeiten dieser Welt. Gemeint ist die reale Barriere zwischen den Führungskräften und denen darunter. Oder anders: Zwischen den überwiegend männlichen Top-Managern und den Frauen, die gerne dort hinwollen. Die Posten, sie scheinen zum Greifen nahe, die Hindernisse allerdings sind so unüberwind- wie unsichtbar. Soweit die bildliche Erklärung zu der Tatsache, dass in Deutschland Frauen in Leitungspositionen immer noch deutlich unterrepräsentiert sind.

Gründe für den geringen Prozentsatz

Dabei gibt die Forschung viele konkrete Gründe an: Sie reichen von der Beobachtung, dass die konservativ geprägte Wirtschaft mächtigen Frauen gegenüber skeptisch ist, über die komplizierte Vereinbarkeit von Beruf und Familie bis zu der Annahme, dass sich Frauen schlicht nicht trauen. Der Markt allein wird es nicht regeln. Zumindest glaubt dies die Mehrheit der Führungskräfte selbst: Der wachsende Bedarf an qualifiziertem Nachwuchs reiche nicht aus, um die Situation zu ändern. Und zwar so, dass es nicht einfach nur mehr Frauen im Management gibt, sondern dass sich gemischte Teams bilden können. Denn die bedeuten Vielfalt an Perspektiven und damit mehr Sicherheit in unruhigen Zeiten.

Gesetzliches Vorgehen für die Frauenquote

Gefordert werden deshalb Fördermaßnahmen. Ein neuer Gesetzesentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles etwa sieht das Recht auf befristete Teilzeit vor und soll die Chancen erhöhen, auf eine volle Stelle zurückkehren zu können. Und die Bundesregierung hat gegen große Widerstände die Frauenquote von mindestens 30 Prozent in Aufsichtsräten eingeführt. Die ist heute nahezu erfüllt und wird als Etappensieg gefeiert. Ein Kulturwandel ist das noch nicht. Der erfordert mehr als ein Gesetz, nämlich gesellschaftliches Engagement. Und es kommt mehr – von den Frauen selbst. Es werden Netzwerke gegründet, wie das Kölner Bündnis „Frauen in Führung“, dem sich 13 Unternehmen angeschlossen haben (Seite 14). Mentoring-Programme werden in diesen und anderen Betrieben ausprobiert und etabliert. Man tauscht sich aus, berät sich und macht sich Mut. Das hilft, sagen die, die davon profitiert haben.

Wir haben nachgefragt, was es heißt, als Frau die Leiter ganz nach oben zu steigen. Ab durch die Decke – als gäbe es die gläserne nur im Märchen.

Alexa Moysies, Geschäftsführerin M2Beauté

Alexa Moysies: „Wenn ich selbst glücklich bin, spüren das auch die Kinder.“

Alexa Moysies: „Wenn ich selbst glücklich bin, spüren das auch die Kinder.“

Manche dahingesagten Sätze können auch eine gestandene Geschäftsfrau wie Alexa Moysies ins Grübeln bringen. „Ach, Sie sind die Mutter?“ Gefallen war der Satz auf einem Schulfest. Er suggerierte: „Sie habe ich im Zusammenhang mit dem Kind noch nie gesehen.“ „Je nach Tagesform kann ich das besser oder schlechter wegstecken“, sagt die dreifache Mutter, die das Kölner Beauty-Unternehmen M2 Beauté leitet. Sie und ihre 23 Mitarbeiter entwickeln und vermarkten Kosmetikprodukte mit ausgewählten Wirkstoffen. Der Bestseller ist ein Serum, das die Wimpern schneller und dichter wachsen lässt. Die Arbeit macht ihr großen Spaß, Moysies bezeichnet sie als einen wichtigen Teil von sich selbst. „Als Familie sind wir mit unserer Alltagsorganisation auch immer glücklich gewesen. Nur von außen kamen oft andere Meinungen oder Bemerkungen.“

Inspiration aus Amerika

Vor den Kindern hat die studierte Kauffrau als leitende Angestellte bei der Telekom gearbeitet. Dann kamen erst die Zwillinge, später das dritte Kind. Sie stieg wieder mit 30 Stunden ein. „Hilfreich war, dass ich schon vor den Kindern Führungspositionen hatte und mich früh um meinen Wiedereinstieg gekümmert habe.“ Heute arbeitet Alexa Moysies selbstständig in ihrem Büro im Kölner Rheinauhafen – oder reist für ihr Unternehmen nach Asien oder in den Nahen Osten.

Die Firma entstand damals aus einer Idee heraus. Eine amerikanische Freundin erzählte Alexas Eltern vor etwa zehn Jahren, dass in den USA dichte, lange Wimpern der große Trend wären. Und dass es Frauen gäbe, die sich medizinische Augentropfen auf die Wimpern träufeln, nur um den Nebeneffekt auszunutzen: Schnell wachsende und vollere Wimpern. „Das muss doch auch anders gehen“, sagte sich die Familie, suchte sich Profis für die Entwicklung eines Serums und gründete M2 Beauté. Tochter Alexa ist seit 2015 alleinige Geschäftsführerin. Das Serum wird heute für 120 Euro pro Fläschchen verkauft und ist in mehr als 30 Ländern erhältlich.

Das Verhältnis zu ihren Kindern

„Schau mal Mama, die neue Anzeige von uns.“ Wenn ihre Kinder das sagen, freut sich Alexa Moysies. Aber die 44-Jährige gibt auch ehrlich zu, dass ihre Kinder sich gerade in den ersten Jahren daran gewöhnen mussten, dass sie beruflich so eingespannt ist. „Man braucht eine Familie, die das mitträgt und die Aufgaben übernimmt. Sonst geht man am Stock.“ Montags und mittwochs kommt eine Haushaltshilfe, die die Kinder auch zu ihren Hobbys fährt. Inzwischen sind die Zwillinge zwölf, die Tochter neun Jahre alt. Sie erledigen viel mit dem Fahrrad. Eine der großen Herausforderungen in Moysies Leben ist, zu akzeptieren, dass eine Karrieremutter nicht immer alles leisten kann: „Wenn mein Kind krank ist, ich aber gerade in Peking sitze, kann ich es leider nicht persönlich trösten, so gerne ich es auch täte.“ Gleichzeitig ist sie überzeugt, dass es gar nicht so gut ist, immer nur um die Kinder herumzutanzen. „Jede Mutter muss da tief in sich hinein hören, was das Beste für sie ist. Wenn man selbst glücklich ist, spüren das auch die Kinder.“ Anderen Frauen rät sie: „Keine Angst, traut euch. Wer sich für einen anspruchsvollen Beruf entscheidet, ist noch lang keine Rabenmutter – und wer zu Hause bleibt, nicht zwingend eine Glucke. Sagt immer, ihr kriegt das hin, auch wenn ihr im ersten Moment das Gegenteil denkt.“ Allerdings müsse die Karriere früh geplant und dann auch konsequent verfolgt werden. Es sei naiv zu glauben, der Job bliebe, auch nach der Babypause. „Letztlich zeigt mir meine Erfahrung, dass man es schaffen kann, sich beruflich zu verwirklichen und gleichzeitig ein glückliches Familienleben zu führen.“

Katharina Hamma, Geschäftsführerin Kölnmesse

Katharina C. Hamma

Katharina C. Hamma

Wann sie gemerkt habe, dass sie ohne Arbeit nicht könne? Katharina Hamma muss nicht lange nachdenken, begibt sich aber weit zurück zu ihrem damaligen Partner, mit dem sie in Sachen Lebensplanung folgenden Deal hatte: „Zunächst sollte er sich an mir, danach ich mich nach ihm orientieren.“ Diese Vereinbarung war schließlich mit einem Umzug verbunden, ebenso mit dem Gedanken, zu heiraten und Kinder zu kriegen. „Als ich dann drei Monate untätig zu Hause saß, wusste ich genau: Das ist nicht mein Leben.“ Sie floh, wie sie sagt, aus der Beziehung in die Berufstätigkeit. Sie fing als Messehostess in München an. Heute ist sie Geschäftsführerin der Kölnmesse.

Im Kindesalter geprägt

Ihr Büro ist eine Auszeichnung in klassischer Ausprägung: Es befindet sich im 12. Stock des Messehochhauses und gibt einen Blick auf Köln frei, den man sich erarbeiten muss. Es gibt nur noch wenig Luft nach oben. Hier empfängt Hamma ihre Gäste mit festem Händedruck und fester Stimme und auf die Frage, ob sie sich das offensichtliche Selbstvertrauen mühsam aneignen musste, schüttelt sie den Kopf. „Das war schon immer da.“ Die 50-Jährige stammt aus einer Unternehmerfamilie, wuchs mit einer Schwester, zwei Brüdern auf – und ihre Mutter war immer beruflich tätig. „Schon meine Großmütter hatten eine akademische Berufsausbildung.“ Das heißt auch: „Es gab an uns eine klare Erwartung an eine abgeschlossene Ausbildung.“ Egal, ob Mädchen oder Junge. Gerne erzählt sie die Anekdote von ihrem Bruder, der einmal keine Lust auf Küchendienst hatte, weil es Frauenarbeit wäre. „Daraufhin wurde er zu vier Wochen Spülen eingeteilt.“ Das präge, sagt sie und lacht.

Das Arbeiten mit männlichen Chefs

Doch bei allem Selbstverständnis: Es sei immer noch etwas Besonderes, als Frau einen Führungsposten innezuhaben. Das merke sie erstens daran, dass sie es auf dieser Hierarchiestufe immer noch überwiegend mit Männern zu tun habe. Zweitens, dass einige Männer ihr Bolzplatz-Verhalten einfach nicht ablegten. „Sie merken das irgendwann und entschuldigen sich auch.“ Manchmal seien das harmlose Entgleisungen, manchmal aber eben nicht. „Sexismus, ja, das ist immer noch ein Thema.“ Ihre Antwort: „Man muss Grenzen aufzeigen. Laut und deutlich und so, dass es alle hören.“ Aber Männer müssten auch so einiges ertragen. „Frauen können ebenfalls ganz schön abschätzig sein.“ Schlagfertigkeit brauche also jeder, der sich durchsetzen will.

Das sei übrigens nie ihr Problem gewesen. Sie hätte auch nie Angst gehabt. Vielleicht seien das ihre ganz individuellen Stärken und hätte nichts mir ihr als Frau zu tun. Dass es aber tatsächlich typisch feminine Vorzüge gibt, steht für sie außer Frage. Allen Frauen gemeinsam sei definitiv, dass sie viel integrativer seien. „Sie denken ganzheitlich und finden schneller Kompromisse, die benötigt werden.“ Auch deshalb wünscht sich Hamma mehr Frauen in verantwortungsvolle Positionen. Es gäbe auch genügend Kandidatinnen, die das Potenzial hätten. Sie müssten sich nur trauen. Genau das sagt sie ihnen auch: Es ist keine Überraschung, dass Hamma wegen ihrer abgeklärten Art als Mentorin gefragt ist. Als solche stellte sie sich gerne zur Verfügung als die Koelnmesse bereits 2013 mit der Stadt und anderen Kölner Unternehmen ein Cross-Mentoring, das heißt, ein überbetriebliches Förderprogramm für weibliche Nachwuchskräfte, startete.

Hamma will das Selbstbewusstsein der Frau stärken

Ihre Beobachtung dabei, so leid es ihr täte, sei immer noch stereotyp. Während Männer direkt nach einem Job, mehr Geld und höherem Status greifen, warten Frauen ab, hinterfragen sich und zweifeln oft daran, dass der nächste Schritt mit ihrem Familienleben vereinbar sei. „Sie möchten gefragt werden.“ Nach der Devise: „Ich bin eigentlich gut und das muss doch jemand erkennen.“ Diese Frauen, so Hamma, können lange warten. „Mir ist es als Mentorin wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, mit welchem Rollenverhalten man nicht weiter kommt.“ In einer von Männern dominierten Welt müssten Frauen sagen, dass sie etwas haben wollten. Für alles andere finde sich eine Lösung. „Diesen Schalter müssen Frauen umlegen.“

Wichtig sei es außerdem, darüber zu reden und sich in Netzwerken auszutauschen. Auch darüber, „im Business nicht in erster Linie als Frau, sondern als Mensch wahrgenommen zu werden“. Als ein Mensch, der Erfolg haben will. „Und für mich bedeutet Erfolg, gemeinsam etwas zu leisten.“ Frauen über eine Quote in Führungsetagen zu geleiten, findet sie indes nicht ganz glücklich. „Die Diskussion darum hat ein Geschmäckle bekommen, das dem eigentlichen Ziel abträglich ist.“ Denn am Ende gehe es darum, diverse Strukturen in einem Unternehmen zu schaffen. „Damit ist nicht nur gemeint, Männer und Frauen zu beschäftigen, sondern auch Menschen unterschiedlicher Kulturen. Unternehmen, die divers aufgestellt sind, haben es leichter.“ Dass dabei die Qualifikation nicht außer Acht gelassen werden dürfte, sei selbstverständlich. Daher lautet ihre Forderungen an Männer wie Frauen schlicht: Mehr Mut. „Wenn ich etwas will, dann geht das.“

Catja Caspary, Führungsposition in der Kölnmesse

Catja Caspary

Catja Caspary

Für Catja Caspary ist klar: Wenn sie nicht an dem Mentoring teilgenommen hätte, wäre sie heute nicht dort, wo sie ist: Sie leitet ein Team von 20 Mitarbeitern bei der Koelnmesse. Vollzeit. Ihr Sohn ist anderthalb Jahre alt. Dass dies überhaupt machbar ist, war für sie alles andere als selbstverständlich – bis sie eben in das 18-monatige Programm für weibliche Nachwuchskräfte aufgenommen wurde. Mehrere Unternehmen der Stadt nahmen daran teil, stellten Mentoren wie Mentees, die einander begleiteten, sich austauschten, gegenseitig inspirierten.

Rückkehr als Führungskraft

„Zunächst war es für mich einfach eine Ehre, vom Unternehmen ausgewählt worden zu sein. Meine Erwartungen waren völlig offen“, sagt Caspary. Dann traf sie dort auf einen Mentor, einen Vater von fünf Töchtern, der sie aus der Reserve lockte. „Der wusste einfach, wie Frauen ticken“, sagt sie und lacht. In der Tat, meint sie, gingen Frauen anders, auf jeden Fall zweiflerischer mit der Berufstätigkeit um. Sie selbst sei da keine Ausnahme gewesen. „Dabei habe ich sehr wohl gewusst, was ich wollte.“ Nämlich auch nach der Babypause als Führungskraft zurückkommen. Als ihre jetzige Stelle ausgeschrieben wurde, besprach sie sich zunächst mit ihrem Mann und machte deutlich, dass es so viele Chancen in einem mittelständischen Betrieb nicht gäbe. „Ich wollte sie nutzen, wusste aber nicht genau wie.“

Berufstätige Mütter als Vorbild

Sie vereinbarte mit ihrem Mann, dass sie noch vor Ablauf Elternzeit den Job antritt und er die restlichen Monate das Kind betreut. „Ich habe mich also noch in der Elternzeit beworben, bekam die Stelle und wurde schließlich befördert.“ Nicht nur, aber auch die Gespräche mit dem Mentor waren hilfreich für ihre Entscheidung. Genauso wie die Begegnung mit anderen Mentees: Darunter waren berufstätige Mütter mit ein oder zwei Kindern, die zu ihren Vorbildern wurden. „So etwas gibt es in meinem privaten Umfeld nicht.“ Im Gegenteil: Vor dort erntete sie vor allem Kritik. „Wie willst du das schaffen, willst du denn dein Kind nicht aufwachsen sehen?“ Diese Vorbehalte ließ sie nicht gelten. Es sei zwar schwierig gewesen, aber sie hätte nun eine 45-Stunden-Betreuung für ihren Sohn gefunden, „wo er zuverlässig und liebevoll umsorgt wird“.

Sie und ihr Mann arbeiten beide Vollzeit. Sie ist sich sicher: Würde sie in Teilzeit arbeiten, wäre es für sie viel schwieriger gewesen, in diese Position zu kommen. „Meinen Mann hat übrigens niemand gefragt, wie viel Prozent er nach der Pause wieder arbeiten will.“ Natürlich gebe es Momente nach einer durchwachten Nacht wegen eines fiebernden Kindes, in denen das Konstrukt wackelt. „Aber irgendwie geht es doch.“ Gleich nach dem Mentoren-Programm gründete Caspary mit einer weiteren Mentee der Koelnmesse selbst ein informelles Netzwerk mit Kolleginnen, die sich außerhalb der Arbeitszeit treffen.

Caspary als Ansprechpartnerin für andere Mütter

Die Kritik an ihrer Entscheidung ist heute leiser geworden. „Ich treffe mich mit Kollegen und Kolleginnen zum Mittagessen, die wissen wollen, wie es funktioniert.“ Sie würde sich freuen, wenn sie nun selbst zum Vorbild würde. Sie finde es traurig, wenn sie von Kolleginnen höre, sie könnten zur Not auch vom Geld des Mannes leben. „Ich sehe das anders. Ich trage nennenswert zur finanziellen Sicherheit meiner Familie bei und mir würde ohne meinen Beruf etwas fehlen.

Martina Drope, Steuerberaterin

Andere haben den Kopf geschüttelt, sie hat es trotzdem gemacht. Als ihr Sohn zweieinhalb Monate alt war, ist Martina Drope wieder arbeiten gegangen. Vollzeit. Sie ist Steuerberaterin und Partnerin der Sozietät Stelten, Drope und Siebert in Köln-Junkersdorf. Sie habe keine andere Wahl gehabt, als möglichst schnell wieder in den Beruf zurückzukehren. „Ich hatte den Gesellschaftsanteil der Kanzlei übernommen und finanziert. Und meine Mandanten konnte ich auch nicht längere Zeit im Stich lassen.“ Sie fand es wichtig, ihren beruflichen Weg weiterzugehen. Auch mit Kind. Heute ist Sohn Tobias neun Jahre alt und gerade mit der Frage beschäftigt, auf welche weiterführende Schule er im Sommer gehen wird. Seine Mutter hat seine ganze Kindheit hindurch Vollzeit gearbeitet. Das ging, aber nur mit Unterstützung der Großeltern. Martina Drope selbst war als Kind oft von ihrer Oma betreut worden, somit erschien ihr das auch für ihren Sohn als gute Lösung.

Großeltern als unterstützende Instanz

Als Baby und Kleinkind war Tobias drei Tage pro Woche bei ihrer Mutter und zwei bei den Schwiegereltern. „Natürlich war ich manchmal eifersüchtig auf die Großmütter“, sagt die 48-Jährige. Besonders die erste Zeit zurück im Job war nicht leicht. Drope nutzte jede Mittagspause, um mal kurz zu ihrem Baby zu düsen. Dass es bei einem Kind bleiben wird, wurde ihr und ihrem Mann schnell klar. Heute ist alles entspannter, Tobias wird immer selbstständiger. Die Großeltern kümmern sich zwar noch oft nach der Schule um ihn, aber Freitag ist Mama-Tag. „Da hole ich ihn immer selbst ab, das ist mein Highlight.“ Auch das Abendessen mit der Familie ist ihr wichtig, weil das gemeinsame Frühstück meist ausfällt. Ihr Mann muss schon früh los. Auch er hat in den vergangenen Jahren zurückgesteckt. „Hätte er als Ingenieur stur seine eigene Karriere verfolg, wäre das mit meinen beruflichen Plänen nichts geworden.“

Ungewöhnlicher Karriereweg

Martina Drope hat ihre eigene Karriere gar nicht wirklich geplant, sie hat sich viel mehr ergeben. Studiert hat sie nicht. Nach ihrer Ausbildung zur Steuerfachangestellten sattelte sie die Fortbildung zur Bilanzbuchhalterin oben drauf. Nach zehn Jahren machte sie die Steuerberaterprüfung und stieg als Gesellschafterin ein. Alles in einer Kanzlei. Inzwischen arbeitet Martina Drope in der Sozietät als einzige Frau mit drei Männern zusammen und freut sich, wenn die Kollegen sie bei kniffligen Fällen fragen: „Was sagst du denn mit deinem weiblichen Instinkt dazu?“

Heutiges Verhältnis zu ihrem Sohn

Doch auch ihr Tag hat nur 24 Stunden, auch wenn sie sich als berufstätige Mutter in den vergangenen Jahren oft mehr Zeit gewünscht hätte. Heute ist die Beziehung zwischen Mutter und Sohn sehr innig. Tobias weiß genau, dass er bei ihr an erster Stelle steht. Manchmal hat die Steuerberaterin das Gefühl, er holt die vermisste Zeit der ersten Jahre jetzt nach.

Früher gab es oft stirnrunzelnde Blicke von anderen. Unterschwellig kam dabei zum Ausdruck: „Warum musste die denn jetzt auch noch ein Kind kriegen?“ Das hat ihr in der ersten Zeit besonders wehgetan.

Vorbild für andere berufstätige Mütter

Drope begann, sich im Verband berufstätiger Mütter zu engagieren. „Weil ich mich als vollzeitarbeitende Mutter ziemlich allein auf weiter Flur gefühlt habe.“ Genau das rät sie auch anderen: „Sucht euch Gleichgesinnte für die moralische Unterstützung. Motiviert euch gegenseitig und nehmt die Männer mit in die Verantwortung.“ Doch vielen Müttern falle genau das schwer. Beruf und Kind – das klappt nur mit abgespecktem Perfektionismus. Im Hause Drope hilft unter der Woche oft der Bofrost-Mann mit dem Essen aus. Am Wochenende kocht die Steuerexpertin dann aufwendiger, bedient sich aber auch des ein oder anderen Fertigprodukts. „Man muss ja nicht alles selber machen.“

Isabel Gronack-Walz, selbstständige Unternehmerin

Als ihre erste Tochter drei Monate alt war, hat sich Isabel Gronack-Walz gemeinsam mit ihrem Mann selbstständig gemacht. Die beiden gründeten die Medienproduktionsfirma Cologne Digital. Das Unternehmen entwickelt unter anderem Webseiten, Audioführungen und Apps für Kunden. „Es war damals ein schönes Gefühl, wieder ein Jackett anzuziehen und zum Termin zu fahren“, sagt die 48-Jährige rückblickend. Und das, obwohl sie während der Schwangerschaft noch dachte, sie bliebe auf jeden Fall zwei bis drei Jahre zu Hause. Inzwischen hat Familie Gronack-Walz drei Kinder im Alter von 19, 16 und 10 – und die Produktionsfirma natürlich auch noch.

Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder

Zu arbeiten als die Kinder noch klein waren, das hat sich für sie immer richtig angefühlt. Über zehn Jahre lang halfen diverse Au-pair-Mädchen aus. Das war praktisch, aber auch nicht immer einfach. „Ohne meine Eltern, die in der Wohnung oben drüber wohnen, wäre das mit drei Kindern nicht gegangen.“ Und ohne die Selbstständigkeit wohl auch nicht. Was ihr mit den Jahren immer bewusster geworden ist: „Es braucht schon sehr viel Energie, einen kleinen Menschen groß zu ziehen. Zumindest, wenn man es gut machen will.“ Uns Frauen werde suggeriert, wir hätten unerschöpflich viel von dieser Kraft. Doch dem sei nicht so.

Genug Zeit für Hobbys nehmen

Isabel Gronack-Walz hat in den vergangenen Jahren lernen müssen, mehr auf sich zu achten, sich selbst wichtig zu nehmen. Etwas, das vielen Müttern schwer fällt. Mit drei Kindern herrscht naturgemäß Chaos in der Wohnung. „In der Rushhour des Lebens sind wir alle so sehr mit dem Bewältigen des Alltags beschäftigt.“ Da hilft nur, die eigenen Ansprüche zurückzuschrauben. Und sich selbst immer wieder Freude zu gönnen. In ihrer Freizeit schneidert die Ingenieurin Kostüme aus dem Barockzeitalter. Auf öffentlichen Veranstaltungen tritt sie als „Saloniere“ auf und präsentiert die historische Schokoladenkultur. Für sie ein schöner Ausgleich zur digitalen Arbeit.

"Kinder zu haben ist Lebensfreude pur."

Ihren Sohn und ihre zwei Töchter will sie zu selbstständigen und eigenverantwortlichen Menschen erziehen. Wichtiger als schon in frühen Jahren Chinesisch zu lernen sei für Kinder, herauszufinden, was man wirklich will im Leben. Ziele entwickeln. Die 48-Jährige engagiert sich als NRW-Vorsitzende im Verband kinderreicher Familien. Sie wünscht sich, dass Familien, die Zeit, die sie in ihre Kinder investieren, auch anerkannt bekommen. „Es wird immer so getan, als sei das Kinderkriegen Privatsache, aber das stimmt einfach nicht.“ Nicht nur wegen der Renten, die die Kinder später zahlen. Sie selbst empfindet es als „Lebensfreude pur“ Kinder zu haben. Die größte Herausforderung im Alltag sei, den Kopf frei zu bekommen. Nicht ständig an beides zu denken. Wenn Arbeit, dann Arbeit. Wenn Kinder, dann Kinder. „Ich habe früher oft darunter gelitten, dass es bei uns so chaotisch ist.“ Heute weiß sie, mit Kindern laufen die Dinge eben nicht immer perfekt. Zumindest nicht, wenn man sie gleichzeitig anpackt. „Sie hintereinander perfekt zu machen, das geht dann wiederum schon.“

Neues Bündnis "Mit Frauen in Führung"

Sie ist Jungunternehmerin mit über 40 Jahren Berufserfahrung: Christine Kronenberg leitete bis August 2016  bei der Stadt Köln das  Amt für Gleichstellung von Frauen und Männern.   Sie ließ sich beurlauben und machte sich  selbstständig, um das Thema  Gleichstellung in Kölner Unternehmen zu tragen. „Female Resources“ heißt ihre neue Firma.  

Ein wichtiger Schritt in Richtung Chanchengleichheit

Kurz vor Jahresende trat die 61-Jährige mit einem ambitionierten Projekt an die Öffentlichkeit. Sie stellte in der Industrie- und Handelskammer zu Köln das von ihr initiierte Bündnis „Mit Frauen in Führung“ vor.  13 Kölner Unternehmen sind  bisher dem Bündnis beigetreten. Die gemeinsamen Ziele: Karrieren von Frauen fördern, Chancengerechtigkeit zwischen Frauen und Männern schaffen, Netzwerke bilden.  Vertreterinnen und Vertreter der 13 Bündnispartner unterzeichneten in der IHK eine Selbstverpflichtung, die richtungweisend für die Etappen zu mehr Chancengleichheit in den Konzernen ist. Die Unterschrift ist das Bekenntnis der Unternehmensspitze, Frauen auf ihren Karrierewegen zu unterstützen. Das schließt gerechte Bezahlung, ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in Führungspositionen sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit ein. Zu den beteiligten Unternehmen gehören neben der DuMont Mediengruppe die Stadt Köln, der WDR, der Airport Köln Bonn, die DEG Deutsche Entwicklungsgesellschaft, die Delvag Luftfahrtversicherungs-AG, der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln, Eurowings, der Evangelische Kirchenverband Köln und Region, das Jobcenter Köln, die Rewe Group, die Sparkasse Köln Bonn sowie Ströer, Anbieter von Außenwerbung . „Female Resources“ stützt sich bei dem Projekt auf eine Kooperation mit der Stadt Köln, Stadtmarketing und IHK.

Cross Mentoring als Herzstück des neuen Bündnisses

„Wir starten jetzt mit einem unternehmensübergreifenden Workshop.  Wir werden Maßnahmen zur konzeptionellen und individuellen Frauen- und Potenzialförderung erarbeiten“, sagt Kronenberg. Herzstück des neuen Bündnisses ist Cross Mentoring. Das bedeutet: Führungserfahrene Mentoren und Mentorinnen aus einem Unternehmen bilden mit karriereorientierten Mitarbeiterinnen aus einem fremden Betrieb ein Team. So wird dafür gesorgt, dass  die Karrieren der Frauen an Fahrt gewinnen.   Das Projekt „Mit Frauen in Führung“ ist ein laufender Prozess. Das heißt, es können weitere Unternehmen einsteigen. Die Bündnispartner verpflichten sich, mindestens drei Jahre mitzuarbeiten. Am Ende eines Jahres stellen die Unternehmen ihre Aktivitäten und Erfolge vor. www.female-resources.koeln

Von Monika Salchert

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