Ein anwaltliches Gutachten belegt die Höhe der Summe, die die Sparkasse Köln/Bonn an die Kölner Messe zahlen soll. Damit wird ein seit zwei Jahrzehnten schwelender Streit der beiden Unternehmen beigelegt.
Messehallen-Streit beigelegtSparkasse Köln/Bonn zahlt Millionen-Entschädigung

Bearbeitetes Luftbild der Messe Köln mit dem im vorigen Jahr eröffneten Confex
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Eine Garantieerklärung der Sparkasse vom 17. Dezember 2003 hat für den längsten Streit in der Kölner Wirtschaftsgeschichte gesorgt. Im Kern ging es um die Frage, ob die Sparkasse Köln/Bonn der Kölner Messe 70 Millionen Euro für das Grundstück der Nordhallen zahlen muss oder nicht. Seit 2009 stritten beide Firmen darüber, die beide mit der Stadt in Verbindung stehen.
Nun scheint dieses Kapitel geschlossen zu werden. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfahren hat, haben sich die Kölner Messe und die Sparkasse Köln/Bonn auf einen millionenschweren Vergleich geeinigt.
Juristisches Gutachten liegt vor
Diesem Vergleich hatte der Aufsichtsrat der Messe Köln am 17. September aber nur unter Vorbehalt zugestimmt. Damals lag den Mitgliedern des Gremiums nur ein Entwurf über die wirtschaftlichen Eckpunkte vor. Deshalb sollte der Mönchengladbacher Anwalt Werner Langen von der Kanzlei Kapellmann noch bestätigen, dass das juristische Schiedsgutachten in den wesentlichen Bewertungen dem bisherigen Entwurf entspricht. Seit 7. Oktober liegt es vor.
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Und aus diesem Gutachten, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, geht hervor, dass die Sparkasse Köln/Bonn eine Abgeltungssumme in Höhe von 57,2 Millionen Euro an die Messe Köln zahlt. Damit bestätigt der Anwalt ein finales Rechtsgutachten sowie eine Verkehrswertermittlung der Kanzlei PwC Legal beziehungsweise der PwC Wirtschaftsprüfung.
Firmen wollen sich beide nicht äußern
Wie es zu der Einigung und der konkreten Zahlung kam, ist nicht öffentlich. Von der Sparkasse hieß es auf Anfrage, dass man sich nicht zu einem laufenden Verfahren äußere. Auch bei der Messe Köln wollte man keine Stellung nehmen, da es sich bei dem Gutachten um ein internes Papier handele. Wann das Geld nun konkret fließen wird, ist zum heutigen Stand unklar.
Fest steht aber: Damit ist der seit 2009 laufende Rechtsstreit beigelegt.
Der Grund war eben die Garantieerklärung: Im Zuge des Baus der Messehallen Nord durch den Oppenheim-Esch-Fonds garantierte die Sparkasse Köln/Bonn im Jahr 2003, das Grundstück der Nordhallen nach 30 Jahren für 70 Millionen Euro wieder zurückzukaufen. Das war eine Bedingung für das Zustandekommen des Vertrages. Damals hieß die Sparkasse noch Stadtsparkasse Köln.
Gerichtshof sieht unzulässige Vergabe
Der Haken an der Sache: Die Stadt hatte dem Oppenheim-Esch-Fonds den Auftrag zum Hallenbau ohne öffentliches Vergabeverfahren erteilt. Das war nicht rechtens. Deswegen entschied der Europäische Gerichtshof im Jahr 2009, dass der Mietvertrag unzulässig ist. Die Sparkasse hielt die Garantie wegen der Neufassung des Mietvertrages für hinfällig. Die Kölner Messe dagegen sah das Kreditinstitut weiter an die vereinbarte Garantie gebunden.
Darüber, wer recht hatte, wurde 16 Jahre lang juristisch gestritten. Nach Informationen dieser Zeitung hat der Aufsichtsrat unter Führung der scheidenden Oberbürgermeisterin Henriette Reker kurz vor ihrem Amtszeitende am 17. September den Beschluss zum Vergleich getroffen. Aufsichtsratsvorsitzende ist noch Reker selbst, im Verwaltungsrat der Sparkasse ist sie laut Geschäftsbericht 2024 stellvertretendes Mitglied, das beratend an den Sitzungen teilnimmt.
So berechnet sich die Summe
Die Summe von 57,2 Millionen Euro ist laut Gutachten das Ergebnis einer komplexen Rechnung. Verfasser Werner Langen sieht einen erstattungsfähigen Schaden für die Messe, der aber durch ein Mitverschulden der Kölner Messe selbst um 19 bis 20 Millionen Euro gemindert wird. Außerdem wird noch eine Reduzierung um einen zweistelligen Millionenbetrag durch ein Prozessrisiko vorgenommen, weil unklar ist, ob die Messe vor Gericht Recht bekäme oder nicht. Demnach verbleibt ein Restschaden zwischen 67 und 53,8 Millionen Euro.
Mit der Summe von 57,2 Millionen Euro bleibt die nun vereinbarte Zahlung im unteren Drittel der ermittelten Bandbreite einer möglichen Schadenersatzzahlung.
Stadt hatte Messehallen gekauft
Die Stadt Köln hatte den Kauf der nördlichen Messehallen im Mai 2024 abgeschlossen. Der Kaufpreis beträgt demnach 350 Millionen Euro plus Nebenkosten. Die Grundstücke gehörten der „Grundstücksgesellschaft Köln Messe 15 bis 18“, die Investorengesellschaft RFR hatte die Gesellschaft in der Vergangenheit nach und nach aufgekauft. Die Grundstücksgesellschaft war zuvor im Besitz eines Oppenheim-Esch-Fonds.

Henriette Reker ist noch Aufsichtsratsvorsitzende der Messe Köln
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Unter den Beteiligten bei den Nordhallen waren dem Vernehmen nach Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, die Schuhdynastie Deichmann, die LTU-Erben Conle-Kalinowski, Maxdata-Gründer Holger Lampatz sowie wohl Matthias Graf von Krockow vom ehemaligen Bankhaus Oppenheim, die ihre Anteile an RFR verkauften. Schließlich gehörten dem Investor rund 80 Prozent. Die restlichen 20 Prozent verblieben bei einer Handvoll langjähriger Fondszeichner, darunter wohl auch die Familie Boquoi, Gründer von Bofrost, einem der größten Direktvertreiber von Tiefkühlkost.
Mit dem Kauf wollte die Stadt erstens der Messe Planungssicherheit geben und den 2034 auslaufenden Pachtvertrag bis 2054 verlängern. Und zweitens wollte sie sich den Zugriff auf diese Grundstücke sichern. Ein Ziel war auch, dass die größtenteils städtische Messe ihre Pacht zukünftig an die Stadt und nicht an einen privaten Investor zahlt. Die Stadt ist der größte Eigentümer der Messe mit gut 79 Prozent, weitere knapp 20 Prozent gehören dem Land. Vier weitere Klein-Besitzer kommen auf nicht mal ein Prozent.
Der Skandal um Miete und Finanzierung der Nordhallen hatte in den Nullerjahren die Kölner Kommunalpolitik erschüttert. Neben der umstrittenen Garantie kam es wegen erhöhter Mietzinsen, Korruptionsverdacht und zu wenig Transparenz zu zahlreichen Gerichtsverfahren gegen leitende Manager und Politiker.
Der WDR nahm 2019 die Geschehnisse des Messehallen-Skandals in Verbindung mit der finanzierenden Bank Sal. Oppenheim zum Anlass, die Filmsatire „Der König von Köln“ zu produzieren. Sal. Oppenheim geriet nach der Schieflage der Kaufhauskette Arcandor in Insolvenzgefahr und musste durch die Deutsche Bank übernommen werden.