Bei der Kölner Lebensmittelmesse Anuga präsentiert die Ernährungsindustrie ihre Trends – auf dem Speiseplan stehen unter anderem alternative Proteinquellen, wie pflanzliche Poached Eggs.
Anuga in KölnDiese Lebensmittel könnte es bald im Supermarktregal geben

Der zuckerfreie Eistee wird aus den Blüten der Schmetterlingserbse gewonnen – der Kaugummigeschmack sorgt trotz der natürlich blauen Färbung für künstliche Aromen.
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Darf es ein blauer, spritziger Schmetterlingserbsen-Eistee sein, Geschmacksnote Kaugummi? Oder doch lieber BBQ-Jerky auf Grillenbasis, Aprikosenkernbutter, pflanzliche Poached-Eggs oder Rinder-Carpaccio mit Algenanteil? Was in einigen Ohren lecker klingen mag, in anderen exotisch und bei weniger experimentierfreudigen Konsumenten für eine Portion Skepsis sorgen dürfte, sind Produkte, die „hoffentlich die Supermarktregale und Speisekarten von morgen prägen“, sagt Bastian Mingers, Geschäftsbereichsleiter Ernährung und Ernährungstechnologie bei der Messe Köln.
Dort startet Samstag, 4. Oktober, die Anuga, eigenen Angaben zufolge die weltweit größte Fachmesse für Lebensmittel und Getränke, mit 8000 Ausstellern aus 110 Ländern. 140.000 Fachbesucher werden bis Mittwoch, 8. Oktober, auf dem Messegelände in Deutz erwartet, wo sie sich unter anderem einen Überblick über die wichtigsten Produktneuheiten verschaffen können – auch über Schmetterlingserbsen-Tee (gewonnen aus der Blüte der Pflanze) und Trockenfleisch aus Grillenproteinen.
Anuga in Köln: Größte Fachmesse für Lebensmittel und Getränke
Zumindest eine internationale Jury der Anuga hat genau diese und mehr als 60 weitere Innovationen der Lebensmittelindustrie für gut befunden und unter 1900 Bewerbungen als besonders erfolgversprechend ausgezeichnet. Die Kriterien: eine gute Idee, Nachhaltigkeit, Marktpotenzial und kreative Umsetzung. Ein Beispiel ist das Carpaccio der niederländischen Marke Selektmeat. Der Algenanteil von 25 Prozent sorgt laut Hersteller nicht nur für reduzierte Ackerlandnutzung und CO2-Mengen bei der Verarbeitung sowie eine Einsparung „von Millionen Litern Wasser“, sondern auch für entsprechende Aromen.
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Bastian Mingers (links) von der Messe Köln und Christoph Minhoff (Mitte), Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie stellten Trends der Anuga 2025 vor.
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Denn vor dem Supermarktregal ist das im Zweifel der entscheidende Faktor. Der Sprung müsse gelingen – vom Trend zum Produkt, bei dem Geschmack und auch der Preis passen, sagt Christoph Minhoff, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). „Geschmack ist wichtiger als Inhalt“, zumindest was das Kaufverhalten betrifft. 180.000 Produkte werden seinen Angaben zufolge auf dem deutschen Lebensmittelmarkt gehandelt. 40.000 davon verschwinden jährlich und werden durch neue ersetzt. „Innovationen haben es schwer, weil es so viele gibt.“ Und „viele Verbraucher kaufen eben das, was sie kennen“, so Minhoff.
Wagen sich die Produzenten doch auf Neuland, könnten sie auf den Gebieten punkten, die die Anuga unter dem Leitthema „Sustainable Growth“ (englisch: nachhaltiges Wachstum) als Trends der Zukunft präsentiert.
70 Prozent der Deutschen vertrauen auf regionale Qualität
Mit Lebensmitteln wie veganen Thunfischalternativen oder Ei-Ersatzprodukten etabliere sich die pflanzliche Ernährung als eigenständige Genusswelt, erklärt Bastian Mingers von der Messe Köln. Immer wichtiger werde außerdem der Gesundheitsaspekt. Essen solle für Funktionalität im Alltag sorgen, das können zum Beispiel probiotische Drinks, Proteinbrote oder „adaptogene Pilzgetränke“ regeln – die sollen Stress regulieren. Mut zum Probieren ist da auf Käuferseite gefragt. Nicht alles Neue bedeutet auch Genuss, wie einige Probierportionen zeigen.
Weiterhin gelten Transparenz und Regionalität der Kölner Messe zufolge als Zukunftsweiser. Auf die Kritik von Konsumenten, die sich jahrelang fragten: „Wo kommt mein Essen überhaupt her?“, reagieren Produzenten beispielsweise mit QR-Codes auf Verpackungen, um die Rückverfolgbarkeit vom Feld bis ins Regal zu ermöglichen, so Mingers. Auch regionale Spezialitäten seien weiterhin angesagt, das ergibt eine Studie der BVE für den deutschen Markt. 70 Prozent der Befragten kaufen demnach bevorzugt Lebensmittel aus Deutschland, weil sie auf die Qualität vertrauen. „Die Menschen haben dann das Gefühl, eine Restkontrolle zu haben“, sagt Geschäftsführer Minhoff.

Fermentieren ist in – wie bei diesem mediterranen Kimchi aus Weißkohl, Oliven, Paprika und Tomaten bleiben die aktiven Kulturen, Nährstoffe und Vitamine aus dem Gemüse enthalten
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In „einer Welt mit immer mehr Menschen und endlichen Ressourcen“ nehme auch die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft immer mehr zu. „Das ist kein Nice-to-have mehr, sondern überlebenswichtig“, so Minhoff. Dabei sei auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz entscheidend.
Kreislaufwirtschaft eröffne neue Möglichkeiten, Nebenströme und Rohstoffe im Produktionsprozess effizienter zu nutzen, während KI dabei helfe, Qualitätssicherung, Prozesssteuerung und Ressourceneinsatz zu optimieren, zeigt eine anlässlich der Anuga veröffentlichte Publikation des BVE und des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik (DIL). Gemeinsam, so das Ergebnis, bilden diese Ansätze ein Fundament für mehr Nachhaltigkeit und Produktivität.
Während der Einsatz von KI in der Branche erst nach und nach Einzug hält, scheinen viele andere Themen nicht wirklich innovativ – vielmehr sind es langfristige Entwicklungen, die die Ernährungsbranche schon seit längerem verfolgt, sich aber immer wieder neu entdeckt: mit fermentiertem Gemüse, glutenfreier Salmorejo (andalusische Gemüsesuppe) oder Buchweizendrink Kefir-Style.
Der Blick in die Zukunft ist daher aus einer weiteren Perspektive interessant: Wie reagieren Industrie und Verbraucher auf Krisenzeiten? Reduziert sich der Konsum auf das Nötigste? Wie resilient ist die Branche? Auch darum wird es bei der Anuga gehen, nicht nur um blauen Schmetterlingserbsen-Eistee.