Lieblingsort LuxemburgerKrokusse gegen Betonwüste

Lesezeit 2 Minuten

Köln – Die Schienen der S-Bahn quietschen. Autos quetschen sich in zwei Spuren durch die Straße. Hupen, Klingeln, Rauschen – der Lärm ist ohrenbetäubend. Die Optik passt zum akustischen Eindruck. Die Häuser sind so grau wie der Asphalt. Leerstehende Ladenlokale und schmuddelige Fassaden reihen sich aneinander. Klobige Wolkenkratzer aus den 70er Jahren ragen in den Himmel. Die Luxemburger Straße zwischen Barbarossaplatz und Uni-Center ist urbane Hässlichkeit in Reinform. Hier ist man gemeinhin nur auf der Durchreise – Hauptsache schnell weg.

Cappuccino // 2,20 Euro

Himbeerkäsekuchen mit Schokoladenganache // 2 Euro

Schokoladenrotweinkuchen // 2 Euro

Maracujakäsekuchen // 2 Euro

Saft aus Blutorangen, Maracuja und Ananas // 3 Euro

Milchreis // ab 2,50 Euro

Mittagstisch ab 5 Euro: Kohlrabi-Kartoffel-Suppe

Nudelsalat mit Gorgonzola und Walnuss-Pesto

Mitten in diesem trüben Chaos aus Lärm und Smog entsteht aber möglicherweise etwas Schönes. So wie ein Krokus am Straßenrand – ein plötzlicher Farbklecks und niemand weiß, wo er herkommt.

Die Bäckerei Milchbubi, die eher ein Café ist, ist so ein Lichtblick. Inhaber Mark Berger hat im ehemaligen Brotkörbchen seine ganz eigene Ästhetik einziehen lassen. Eine Wand ist absichtlich freigelegt und lediglich durch einen breiten, goldenen Rahmen abgesetzt. Die wunderschönen Bodenfliesen sehen nach 1900 aus, sind aber neu. An der Decke hängt ein riesiger artischockenähnlicher Leuchter. Möbel aus den 50er Jahren, Hirschgeweihe und Schmetterlinge hinter Glas sorgen für Nostalgie und Stilbruch.

Genauso unkonventionell verhält es sich mit dem Angebot: Für die morgendliche Laufkundschaft gibt es belegte Brötchen, mittags kocht Mark Berger, worauf er Lust hat: Vom Bohnen-Kartoffel-Salat über Pilzrisotto bis zur Gulaschsuppe. Nebst selbstgemachten Cookies und Milchreis im Weckglas gibt es täglich frisch gebackenen Kuchen. Dazu Kaffee von Schamong und frische Säfte.

Das Bild vom blühenden Krokus ist zugegebenermaßen etwas schmalzig und der eifrige Zyniker spottet umgehend drauf los: „Das Zeug blüht doch sowieso nur zwei Wochen“ oder „Da trampelt sofort irgendein Trottel drauf, weil eh alle nur noch auf ihre Smartphones gucken“. Das ist zwar gemein, aber leider vollkommen richtig. Dennoch beharre ich auf meiner Krokus-These: Wo einer aus dem Boden lugt, da schießen auch noch weitere hervor. Ein paar gibt es sogar schon: Eine Galerie, ein Weinhandel und eine hübsche kleine Boutique etablieren sich hier – vielleicht das Frühlingserwachen auf der Luxemburger Straße.

Bäckerei Milchbubi, Luxemburger Straße 66, 50674 Köln Öffnungszeiten: Mo–Fr 8–16 Uhr, Sa 10–15 Uhr www.milch-bubi.de

KStA abonnieren