Die Fans des 1. FC Köln feiern ausgelassen. Aber: Sie sind sehr wohl zur Selbstironie fähig und können die Dinge schon ganz gut einschätzen.
Geglückter StartEinfach mal freuen – das sollte beim 1. FC Köln ja wohl drin sein


Kölns Jan Thielmann jubelt nach seinem Treffer zum 3:0 gegen Freiburg, Isak Johannesson kommt zur Gratulation. Und im Stadion wird ohnehin gefeiert.
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Nun drehen sie gleich schon wieder durch, die Kölner. Als die FC-Fans bereits während des 4:1-Erfolgs gegen Freiburg Gesänge wie „Deutscher Meister wird nur der 1. FC Köln“ anstimmten und nach dem Abpfiff der Gassenhauer „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ folgte, war schnell mal wieder die Rede vom selbstbesoffenen Kölner im Rausch des ungewohnten Höhenflugs. Schublade auf, Schublade zu.
Nun mag ja vielleicht manches Vorurteil zutreffen. Doch wer den FC-Fans gleich den Hang zur Hybris vorwirft, verkennt doch einiges. Gewisse Übertreibungen und humorvolle Vergleiche gehörten ohnehin schon immer zu Köln. Ein besserer Sandflecken am Rhein heißt im Volksmund eben „Kölsche Riviera“, eine Portion Blutwurst mit einem Brötchen, Zwiebeln und Senf ist der „Kölsche Kaviar“. Und ein städtebaulicher Offenbarungseid wie der Barbarossaplatz ist alles andere, nur eben kein Platz. Dem aber ein eigener, populärer Song gewidmet ist.
Doch der Kölner und insbesondere der leidgeprüfte FC-Fan ist sehr wohl auch zur Selbstironie fähig.
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Manchmal weiß man zwar nicht ganz, wo sie anfängt oder aufhört: Wenn beispielsweise der populäre Stadionsprecher Michael Trippel, die Stimme des FC, der auch schon mal in Hamburg war, die Zuschauer mit dem legendären Begrüßungssatz „Herzlich willkommen in der schönsten Stadt Deutschlands“ empfängt.
Doch tausende FC-Fans haben in den vergangenen rund 30 Jahren in Verbindung mit ihrem Klub so viele sportliche und andere Katastrophen erlebt, da können sie die aktuelle Lage schon ganz gut und realistisch einschätzen. Und dabei dennoch ausgiebig und ein bisschen drüber feiern.
Man hat beim FC offenbar einfach mal gute, solide Arbeit abgeliefert
Der 1. FC Köln ist jüngst zum siebten Mal in die Bundesliga aufgestiegen. Ergo: Es gab davor auch immer einen Abstieg. Nach überwiegend deprimierenden Jahren mit vielen Grausamkeiten auf dem Platz, einer einzigartigen Transfersperre und reichlich Theater im Verein sind die Fans glücklich, dass bei ihrer erneuerten Mannschaft, angeführt von einem emotionalen und offenbar nach Köln passenden Trainer, etwas entstehen könnte. Konjunktiv.
Etwas, das endlich Hoffnung auf eine bessere Zukunft des Traditionsklubs macht, an dem viele Menschen so leidenschaftlich hängen. Und es könnte eine berechtigte Hoffnung sein. Man hat in der FC-Führung allem Anschein nach einfach mal gute, solide Arbeit abgeliefert. Soll es auch mal geben. Sogar in Köln.
Ein Blick in die Annalen zeigt aber auch: Letztmals war der FC vor 20 Jahren unter Trainer Uwe Rapolder mit zwei Siegen in die Bundesliga gestartet. Am Ende stand der Abstieg. Das prägt und schärft hoffentlich die Sinne – auch wenn sie bei manchem am Sonntag etwas vernebelt wirkten.
Lukas Kwasniok sprach nachher davon, dass man auch mal die Feste feiern sollte. Ja, richtig, einfach mal freuen, etwas auskosten: Das sollte drin sein. Und ein bisschen was von der Kölner Eigenschaft, das (Kölsch-) Glas eher halbvoll denn halbleer zu sehen, ist in Zeiten der mannigfachen Krisen wohl auch nicht die schlimmste. Das darf aber nicht dazu führen, dass man Defizite und Probleme ausblendet – was in Köln auch schon mal vorkommt. Aber den Eindruck vermitteln die FC-Verantwortlichen gerade auch nicht.