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Henns GeschmackssacheWarum das „Kluth“ ein Kleinod in Ehrenfeld ist

4 min
09.10.2025
Köln:
Henns Geschmackssache Warum das „Kluth“ ein Kleinod in Ehrenfeld ist
Kevin Rademacher und Hannes Radeck
Hansemannstr. 33
Foto: Martina Goyert

Das „Kluth“ ist das gemeinsame Baby von zwei ehemaligen Köchen des Kölner Zwei-Sterners „Ox & Klee“: Hannes Radeck, 2021 vom Gault & Millau zum Patissier des Jahres gewählt, und Kevin Rademacker.

Den Gast erwartet in diesem Restaurant eine einfallsreiche Küche, der man die Freude der Inhaber am ersten eigenen Laden anmerkt.

Der erste Hinweis, dass dieses Restaurant ein wenig anders ist, findet sich links vom Eingang: Ein Plattenspieler, der hier für die Musik sorgt. Das kann am Abend zwar schon mal dazu führen, dass es ordentlich rauscht oder die Auslaufrille zu viel Zeit bekommt, aber trägt zur Atmosphäre bei: old school, handgemacht. Die Musikauswahl ist dabei eklektisch, mal Jazz, ein andermal etwas in Richtung 70er-Rock mit langen Soli.

Das im August in der ehemaligen „Frohnatur Weinbar“ eröffnete „Kluth“ ist das gemeinsame Baby von zwei ehemaligen Köchen des Kölner Zwei-Sterners „Ox & Klee“: Hannes Radeck, 2021 vom Gault & Millau zum Patissier des Jahres gewählt, und Kevin Rademacker.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Die leicht schmuddelige Seitenstraße der Venloer ist definitiv keine 1A-Lage, Laufkundschaft verirrt sich eher nicht hierhin. Dabei, das zeigt sich schnell, lohnt der Weg. Ein Dutzend Gerichte finden sich auf der Karte, drei mit Fisch oder Meeresfrüchten, eines mit Fleisch, zwei sind für den süßen Zahn, und sechs vegetarisch, alle zwei Wochen ändern sich einige Speisen im Menü.

Auf die Fahnen geschrieben hat man sich Saisonalität, Regionalität (auf dem Tisch liegt auch eine lange Liste mit den Erzeugern), artgerechte Haltung, Fisch aus nachhaltigen Quellen, und „From nose to tail“-Kochen, bei dem alles verwendet wird. Klingt klasse, aber wie schmeckt es?

09.10.2025
Köln:
Henns Geschmackssache Warum das „Kluth“ ein Kleinod in Ehrenfeld ist
Hansemannstr. 33
Foto: Martina Goyert

Der Weg in die leicht schmuddelige Seitenstraße lohnt sich. Denn innen eröffnet sich ein Kleinod.

Sauerteigbrot mit Röstzwiebelbutter zum Start

Los geht es mit warmem Sauerteigbrot und herrlich knuspriger Röstzwiebelbutter. Es folgen überwiegend asiatische „Salty Snacks“: frittierte Austernpilze mit feiner Schärfe dank Reiskoji, lauwarmer Grünkohl mit XO Sauce, und als Highlight eine Sonnenblumenkernpaste mit Spitzpaprika. Ein überzeugender und aromenstarker Beginn.

Dann wird es mediterran, denn der nächste Gang erinnert an ein Pan con Tomate mit Miesmuscheln. Die Meeresfrüchte werden sehr schlüssig mit stark gerösteter Focaccia, Tomatenpulpe, Gentleman's Relish und scharfen Rauke-Blättern vereint. Weniger naheliegend wirkt die Kombi von Tomaten, Aubergine, Pimientos und Physalis (dazu noch ein bisschen Panko obenauf). Aber es ist ein fruchtiges Vergnügen, bei dem Süße, Säure und Schärfe zu ihrem Recht kommen – und man sich an die Küche des „Ox & Klee“ erinnert fühlt, die stark mit Geschmacksnoten arbeitet. Aber auch wenn bei Radeck und Rademacker die kulinarische DNA Fine Dining ist, herrscht im „Kluth“ ein entspannter Casual Style. Die beiden erklären viele ihrer Gänge auch selbst am Tisch.

Ein mit Paste und Muscheln belegtes Brot ist zu sehen, große grüne Rauke-Blätter liegen obenauf.

Geröstete Focaccia mit Meeresfrüchten, Gentleman's Relish und scharfen Rauke-Blättern

Obwohl ich bekennender Sellerie-Fan bin, muss ich konstatieren, dass dem Gericht, bei dem das Gemüse mit Gerstenrisotto, Feigenpaste und -gel, aber auch mit Kaffee und Haselnuss gepimpt wird, nach dem dritten Löffel etwas die Luft ausgeht. Dasselbe gilt für die große, mit heißem Kürbismus gefüllten Girella-Pasta, bei der auch etwas zu intensiver Tomme-Käse, Hanfsaat und Hefe eine Rolle spielen. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau.

Kluge Fruchtakzente

Ganz großes Tennis ist dann die top glasig gegarte Silverstream-Forelle mit Bohnen, Tagetes, Ölweidebeere, Zucchini und Chips gepuffter Fischhaut obenauf. Da würde auch im Ein-Sternerestaurant keiner meckern. Hier zeigt sich wieder: Das Küchenteam spielt gern mit klugen Fruchtakzenten.

In den meisten Restaurants kann man sich das Dessert ruhig sparen, hier sollte man es essen. Nein, man muss! Radecks dekonstruierter Cheesecake mit Kirschpflaumen und Melisse ist frisch, fruchtig, cremig, crunchy, köstlich. À part gibt es noch einen mit Frischkäse gefüllten und mit Pflaume lackierten Donut. Mit den „Sweet Snacks“ bekommt man drei kleine Leckereien, und ob Windbeutel mit Traube, Toffee-Macaron oder eine Schwarzwälder Kirsch en miniature, hier sitzt alles und die Süße ist klasse balanciert.

Ein Tellergericht ist zu sehen mit Fisch und grünem Saucenspiegel

Großes Tennis: Silverstream-Forelle mit Bohnen und gepuffter Fischhaut

Die Weinkarte mit über 50 Positionen – etliche davon Naturweine - ist für ein neu eröffnetes Restaurant okay, darf aber gern noch ein bisschen größer werden.

Man kann einzelne Speisen bestellen, das Restaurant rät zu drei bis vier. Je nachdem, was man ordert, sind aber auch zwei bis drei ausreichend. Ich empfehle aber das Menü, da sind die Speisegrößen angenehmer und man hat die Chance viel dieser ebenso einfallsreichen wie verspielten Küche zu genießen, der man die Freude am ersten eigenen Laden der beiden Inhaber anmerkt.

Fazit: Tolle Grundprodukte, kreative Gerichte. Alles saisonal sowie nachhaltig gedacht – und vor allem lecker.

Bewertung 5 von 6

Restaurant Kluth, Hansemannstraße 33, 50823 Köln, Do & So 18-23, Fr & Sa 18-24 Uhr


Henns Auswahl

4 Gerichte inkl. Brot & Petit Fours 75 / 80 € (ohne / mit Fleisch & Fisch)

Getränkebegleitung inkl. Wasser (alkoholisch & nicht-alkoholisch) // 45 Euro

Salty Snacks 9 Euro

Tomate / Aubergine / Physalis / Pimientos 18 Euro

Miesmuschel / Focaccia / Lardo / Rauke 22 Euro

Silverstream Forelle 27 Euro

Sellerie / Feige / Kaffee / Gerste / Haselnuss 24 Euro

Cheesecake / Kirschpflaume / Boshi / Melisse 15 Euro

Sweet Snacks 9 Euro