Süßigkeiten gehören zu Weihnachten dazu, doch zu viel Zucker kann gesundheitsschädlich sein. Experten geben Tipps, wie Eltern den Zuckerkonsum ihrer Kinder in der Adventszeit reduzieren können – ohne den Spaß zu verderben.
Tipps gegen die ZuckerflutSüßigkeiten für Kinder zu Weihnachten? Ja, aber …

Weihnachtsmänner aus Schokolade stehen in einem Supermarkt-Regal. Verbieten sollten Eltern zuckerhaltige Lebensmittel nicht, da sind sich die Expertinnen und Experten einig.
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Zu Weihnachten gibt es jede Menge süße Verlockungen: Schokolade aus dem Adventskalender, selbst gebackene Plätzchen (meist noch mit buntem Zuckerguss verziert), Lebkuchenhäuser, Christstollen, kandierte Äpfel, geröstete Mandeln … nur die wenigsten können dieser Zuckerflut widerstehen. Auf Kinder trifft das besonders zu. Doch was, wenn der Zuckerkonsum überhandnimmt?
Angeborene Vorliebe für Süßes
„Wir alle, Groß und Klein, haben eine angeborene Vorliebe für Süßes“, sagt Wiebke von Atens-Kahlenberg, Ökotrophologin vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen. Schon unsere Vorfahren wussten: süß, das bedeutet schnelle, leicht zugängliche Energie. Unser süßer Zahn ist also genau genommen ein Überlebensmechanismus.
Das erste Mal kommen wir als Baby mit Zucker in Kontakt, in Form der leicht süßlich schmeckenden Muttermilch. Im weiteren Verlauf des Lebens ist es besonders die Nahrungsmittelindustrie, die uns mit Zucker versorgt und die sich den menschlichen Hang nach Süßem zunutze macht – und ihn durch Süßigkeiten, gezuckerte Getränke, süßes Gebäck und vieles mehr verstärkt.
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Aber auch die elterliche Prägung spielt beim Zuckerkonsum eine Rolle: „Wenn kleine Kinder regelmäßig mit Süßem belohnt oder getröstet werden, ist das oftmals auch später verknüpft mit einem guten Gefühl“, sagt von Atens-Kahlenberg. Das kann die Lust nach Süßem ebenfalls steigern.
Zucker als Gesundheitsrisiko
„Wenn Kinder beim Zuckerkonsum mal über die Stränge schlagen, wie jetzt zur Weihnachtszeit, ist das nicht dramatisch“, sagt Burkhard Rodeck, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. „Der Konsum sollte sich nur nicht verselbstständigen.“ Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass Zucker insgesamt höchstens zehn Prozent der täglich benötigten und aufgenommenen Energie ausmachen sollte. „Das ist weniger als eine Tafel Schokolade ohne jeglichen anderen Zuckerkonsum, die man am Tag zu sich nehmen sollte“, rechnet Rodeck vor.
Bei vielen Familien falle der Gabentisch jedoch deutlich größer aus. Denn die Eltern hätten die Gefahren eines übermäßigen Zuckerkonsums oft gar nicht auf dem Schirm, sagt der Kinderarzt. Zu viel Zucker kann die Zähne schädigen und zu Karies führen. Er verursacht Übergewicht und Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Fetteinlagerungen in wichtigen Organen wie der Leber.
Hyperaktiv durch Zucker? Ein Mythos
Hinzu kommen kognitive Beeinträchtigungen. „Wenn wir Zucker konsumieren, geht der Blutzuckerspiegel schnell nach oben“, erklärt von Atens-Kahlenberg. „Genauso schnell fällt er aber auch wieder, weil viel Insulin ausgeschüttet wird. Wenn der Blutzuckerspiegel sinkt, kann das dazu führen, dass die Kinder müde und unkonzentriert werden.“ Auch erneuter Heißhunger ist dann möglich.
Gleichzeitig kommt es zu einem Gewöhnungseffekt. „Je mehr Süßigkeiten wir essen, desto mehr verlangt der Körper auch danach“, sagt Ilse Julia Broekaert, pädiatrische Gastroenterologin und Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Köln. Ungesüßtes oder weniger Süßes werde dann oft nicht mehr als so appetitlich empfunden.
Dass Kinder durch Zucker hyperaktiv werden, ist dagegen nur ein Mythos. „Obwohl in der Öffentlichkeit weitverbreitet angenommen wird, dass Zucker hyperaktives Verhalten verursacht, ist dies wissenschaftlich nicht belegt“, hieß es bereits 2009 in einer Studie aus den USA. „Auch in keiner der Studien, die Süßigkeiten oder Schokolade untersuchten, wurden negative Auswirkungen dieser Lebensmittel auf das Verhalten festgestellt.“
Strategien für einen bewussten Umgang mit Zucker
Dennoch kann es nicht schaden, sich bei Schokolade, Keksen und Co. etwas zurückzuhalten. Verbieten sollten Eltern zuckerhaltige Lebensmittel aber nicht, da sind sich die Expertinnen und Experten einig. „Denn alles, was verboten ist, wird natürlich interessant“, sagt Ernährungsberaterin von Atens-Kahlenberg.
Sie empfiehlt stattdessen, Süßigkeiten bewusst einzuplanen, zum Beispiel nach einer Mahlzeit. „Dass man abends sagt: ‚So, als kleines Dessert gibt es nach dem Essen ein Stückchen Schokolade und danach gehen wir Zähne putzen‘.“ Oder man beschränkt den Süßigkeitenkonsum auf das Wochenende oder hält es bei einer bestimmten Menge an Süßigkeiten pro Tag, schlägt Broekaert vor.
Auch beim bunten Teller kann man gegensteuern. Neben Süßigkeiten könnte darauf zusätzlich Obst Platz finden. Am besten sei es, schon beim Einkauf bewusst auf die Zuckermengen in den Lebensmitteln zu achten, rät von Atens-Kahlenberg. Nicht immer sei die Zuckermenge so offensichtlich. Häufig sei Zucker versteckt, etwa hinter Inhaltsstoffen wie Dextrose, Glukose oder Süßmolkenpulver. Zudem sollten Eltern von Süßigkeiten als Belohnung oder Aufmunterung absehen. Eine einfache Umarmung könne oftmals die gleiche Wirkung haben, so die Expertin.
Wenn der Drang nach Zucker doch zu groß wird, kann es helfen, die Kinder abzulenken. Zum Beispiel mit einem Spaziergang an der frischen Luft.
Mehr Aufklärung nötig
Kinderarzt Rodeck spricht sich darüber hinaus für eine „Zuckersteuer“ und ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für überzuckerte Lebensmittel aus. Beides könne maßgeblich zu einem gesunden Aufwachsen der jungen Generation beitragen.
Auch brauche es eine bessere Aufklärungsarbeit. Kinder sollten seiner Ansicht nach schon in der Kita und Grundschule von den Gefahren eines hohen Zuckerkonsums erfahren. „Wir müssen dort Instrumente einführen, die zu einer besseren Ernährungs- und damit auch Gesundheitskompetenz führen“, sagt er. Gesunde Ernährung müsse auch dort eine Selbstverständlichkeit sein.
Beginnen würde die Aufklärungsarbeit aber bei den Eltern. Sie sollten ebenfalls hinterfragen, wie sie mit Süßigkeiten umgehen. Schließlich ist auch unter den Älteren ein hoher Zuckerkonsum weitverbreitet, genauso wie die entsprechenden Folgeerkrankungen. Dementsprechend halte die Weihnachtszeit auch für Erwachsene viele Verlockungen parat, so Broekaert. „Es ist wichtig, dass sie ein gutes Vorbild für die Kinder sind.“
