„Resignation und Kündigungen“Kölner Feuerwehrleute klagen über psychische Probleme

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Beamte der Kölner Berufsfeuerwehr

Köln – Die Stadtspitze wird sich in den kommenden Tagen mit den Arbeitsbedingungen in der Kölner Berufsfeuerwehr beschäftigen. Überlastung vor allem im Rettungsdienst, mangelnde Einsatzfähigkeit im Brandschutz und psychische Probleme von Beamten waren Kritikpunkte, die zuletzt öffentlich wurden.

Drei Krisentreffen geplant

Stadtdirektor Stephan Keller trifft am Mittwoch eine 20-köpfige Gruppe von Beamten, um mit ihnen über ihre Situation zu sprechen. Zwei weitere Treffen in ähnlich großer Runde sollen bis Anfang März folgen.

„Die Unzufriedenheit müssen wir ernst nehmen“, sagte Keller: „Wir wollen in kleinerer Runde intensiver ins Gespräch kommen.“ Das Kernproblem sei aus seiner Sicht die hohe Beanspruchung im Rettungsdienst. 2016 gab es in Köln 150 000 Rettungsdienst-Einsätze. Die Einsatzzahlen steigen pro Jahr um vier bis fünf Prozent.

Kritik von Bundeswehr-Kampfpilotin

Bundeswehr-Kampfpilotin Nicola Baumann, die vor Kurzem ein Praktikum bei der Feuerwehr absolvierte, beklagte jüngst in einem offenen Brief an die Ratsmitglieder, dass jüngere Beamte zu etwa 70 Prozent im Rettungsdienst eingesetzt würden. Nur 30 Prozent der Arbeitszeit entfalle entsprechend auf den Brandschutz, wodurch sich ein „niedriger bis sehr niedriger Erfahrungsstand im Brandschutz“ mit potenziell gefährlichen Folgen ergebe.

„Resignation und Kündigungen“

Die Beamten sähen sich „in einer Zwickmühle aus unzureichender Ausbildung und dem Wunsch, bestens ausgebildete und stets einsetzbare Brandschützer und Spezialisten zu sein.“ Viele Feuerwehrleute fühlten sich mit ihren Problemen von der Branddirektion nicht ernst genommen. Dies führe zu Resignation und Kündigungen.

Feuerwehr-Chef Johannes Feyrer kann die Kritik nur begrenzt nachvollziehen. So sei der Anteil der Rettungsdienst-Einsätze, den die Berufsfeuerwehr bearbeiten muss, zuletzt von 52,3 Prozent auf 43,8 Prozent reduziert worden. „Die Hauptlast tragen  die Hilfsorganisationen und die Firma Falck“, so Feyrer. Besonders beanspruchte Wachen würden  zudem von weniger gefragten Wachen entlastet.

Dass ein Beamter 70 Prozent seiner Arbeitszeit für den Rettungsdienst aufbringe, sei „möglich in einzelnen Wochen und Monaten, nicht aber im Jahresmittel“, so Feyrer. Selbst unter ungünstigsten Bedingungen sei lediglich ein Wert von 50 Prozent Rettungsdienst denkbar.

70 von 950 Stellen unbesetzt

Stadtdirektor Keller kann derweil auch beim Personal keinen akuten Notfall erkennen.  Von den 950 Stellen in der Berufsfeuerwehr seien nur rund 70 unbesetzt: „Wir sind nicht in einem Zustand chronischer Überlastung“, so Keller. Ein Insider gibt jedoch zu bedenken, dass viele Kollegen dauerhaft krank seien, in Elternzeit oder in Kur: „Bei der Feuerwehr gibt es jede Menge Papiertiger.“

Hoher Krankenstand auf einigen Wachen

Gerade auf den stark beanspruchten Wachen wie denen in Deutz, in der Innenstadt, in Ehrenfeld oder Mülheim, wo es pro Zwölf-Stunden-Schicht nicht selten zu zehn und mehr Rettungsdienst-Einsätzen komme, sei der Krankenstand hoch. Auch die unterschiedliche Behandlung von Rettungsdienst und Brandschutz führe zu Unmut in der Belegschaft. Während die Brandschutz-Dienste in 24-Stunden-Schichten eingeteilt seien, werde der Rettungsdienst in Zwölf-Stunden-Schichten organisiert.

Durch einen Fehler im computergesteuerten Dienstplanprogramm würden Rettungsdienst-Schichten über das Jahr gesehen allerdings mit weniger Stunden berechnet als Brandschutz-Schichten. Die Folge sei eine Benachteiligung der Beamten im Rettungsdienst hinsichtlich bezahlter Überstunden und Freizeitausgleich. Und wer Zwölf-Stunden-Dienste schiebe, müsse zudem öfter zur Wache fahren als andere. Kollegen mit besonders langer Anreise würden je nach Dienstplan gleich in der Wache übernachten: Eine Wohnung in Köln sei für viele Feuerwehrleute  nämlich nicht bezahlbar.

Auch Feuerwehrchef sieht Handlungsbedarf

Unterm Strich sieht aber auch Feuerwehr-Chef Feyrer Handlungsbedarf. „Wir müssen gucken, wie die Zahl der Rettungsdienst-Einsätze reduziert wird.“ So müsse schon die Leitstelle ausloten, ob ein Rettungswagen mit hoch qualifizierten Rettungsassistenten der Feuerwehr ausrücken müsse oder ein Krankenwagen mit Rettungssanitätern, die nur über eine Basisausbildung verfügten.

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