„War in der Branche üblich“Kölner Taxi-Chefin wegen Steuerhinterziehung vor Gericht

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(Symbolbild)

Köln – Eine Kölner Taxi Unternehmerin soll nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft insgesamt 1,2 Millionen Euro hinterzogen haben. Die Verteidigung bestreitet den Griff in die Staatskasse nicht, allerdings wird die Höhe der Steuerschuld mit rund 900.000 Euro beziffert. Damit rückt nach Einschätzung des Anwaltes eine Bewährungsstrafe in den Fokus. Zumal die 64-jährige Unternehmerin bisher strafrechtlich ein unbeschriebenes Blatt ist.

Zum Prozessauftakt am Freitag hatte die Anklage die Summe an hinterzogener Lohn- und Umsatzsteuer auf 924.000 Euro reduziert und den Tatzeitraum auf sechs Jahre – von 2011 bis 2017 – eingegrenzt. Doris M. (Name geändert) leugnete die Anklagevorwürfe nicht. „Ich mache den Sachverhalt in keiner Weise streitig“, lautete ihr Geständnis. Warum es dazu kam, begründete sie mit den Worten: „Das war in der Branche so üblich.“

Angeklagte Kölnerin hat keinen Personenbeförderungsschein

Nach dem Realschulabschluss habe sie damals eine Ausbildung zur Sekretärin in der Finanzverwaltung absolviert. Dann lernte sie ihren Mann kennen, der schon damals als angestellter Taxifahrer unterwegs war. Sie bekam zwei Kinder, das Paar entschloss sich zur Selbstständigkeit. 1980, Doris M. hatte zuvor bei der IHK den Unternehmerschein abgelegt – gründete sie ihren eigenen Taxibetrieb, ihr Mann wechselte den Arbeitgeber und fuhr nun für die Ehefrau. Sie selbst habe jemals in ihrem Leben weder Taxi noch Mietwagen gefahren: „Ich besitze keinen Personenbeförderungsschein. Mein Orientierungssinn ist dafür zu schlecht.“

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Als sie sich damals selbstständig machte, boomte die Branche. Was mit einem Mietwagen begann, entwickelte sich dank Stammkundschaft und Firmen, die regelmäßig auf Vorbestellung buchten, zu einem größeren Unternehmen. Zuletzt zählten zum Betrieb der Angeklagten 16 Mietwagen, hatte sie insgesamt vierzig Fahrer auf der Lohnliste. „Die Autos mussten rollen, gefahren wurde 24 Stunden, Tag und Nacht“, beschrieb Doris M. die damals gut florierenden Geschäfte.

Steuerprüfer lassen Kölner Unternehmerin auffliegen

Die Fahrer wurden überwiegend als geringfügig Beschäftigte auf 450 Euro Basis in der Lohnbuch-Haltung abgerechnet. Einige wenige waren festangestellt, erhielten einen Brutto-Lohn von rund 1400 Euro. Tatsächlich gingen sie in der Regel mit dem doppelten Betrag jeden Monat nach Hause. Das sei so üblich gewesen, behauptet Doris M. „Jeder Fahrer hat zwischen 45 und 50 Prozent des Umsatzes erhalten und am Ende des Tages brutto für netto mit nach Hause genommen“. Warum sie nicht auf eigene Rechnung den kompletten Umsatz, so wie es die Gesetze vorschreiben, in Ihrer Steuererklärung angab und den vollen Lohn den Mitarbeitern steuerlich in Rechnung stellte, begründet die Angeklagte so: „Ich habe das Sysstem nicht erfunden. Es wurde immer schon so gemacht. Hätte ich es anders gemacht, dann hätte ich bald keine Fahrer mehr gehabt.“

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Als vor zwei Jahren die Steuerprüfung ins Haus kam, flog das Ganze auf. Inzwischen hat Doris M. Insolvenz angemeldet, schließlich steht jetzt eine sechsstellige Summe an Steuernachzahlung ins Haus. Ob dafür die Immobilien beliehen oder verkauft werden, die das Paar besitzt, ist fraglich. Die Eheleute wohnen im eigenen Haus, haben schon vor geraumer Zeit einen Altbau im Rhein-Erftkreis gekauft und aufwendig saniert sowie eine Holzhütte in Norwegen. Der Prozess ist auf mehrere Verhandlungstage angesetzt.

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