„Wie dem Anspruch gerecht werden?“Kölner Grüne polarisiert nach Spiegel-Rücktritt

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Bei einer am 10. April einberufenen Pressekonferenz erläuterte Anne Spiegel, warum sie trotz der Flutkatastrophe einen vierwöchigen Frankreich-Urlaub angetreten hatte. 

Köln – Nach dem Rücktritt von Familienministern Anne Spiegel (Grüne) ist eine Diskussion um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie entbrannt. Spiegel war in die Kritik geraten, nachdem bekannt wurde, dass die damalige Umweltministerin von Rheinland-Pfalz unmittelbar nach der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer einen vierwöchigen Urlaub in Frankreich gemacht hatte. Spiegel hatte dies unter anderem damit erklärt, dass sie als Spitzenpolitikerin mit einer Familie hoch belastet gewesen sei. Die Politikerin hat vier kleine Kinder und einen Mann, der einen Schlaganfall erlitten hat. Die Kölner Ratspolitikerin Sandra Schneeloch (Grüne) hat sich auf ihrem Instagram-Kanal nun Gedanken über die Doppel-Belastung gemacht, die in allererster Linie immer noch Frauen trifft.

Unter der Überschrift „Was der Rücktritt von Anne Spiegel und der Umgang mit Annalena Baerbock mit politisch engagierten Frauen macht“ hat sie einige Gedanken in Form von Fragen notiert. „Warum sollte ich mir ein hauptamtliches Amt/Mandat jemals antun?“ und „Warum wird mir die Kompetenz in meinem Fachgebiet abgesprochen?“ heißt es da. Und: „Wie soll man bitte diesen moralischen Ansprüchen gerecht werden?“, schreibt die Ratsfrau.

„Ich beobachte, dass mit Frauen schärfer in der Öffentlichkeit umgegangen wird”, sagt Schneeloch gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger”. Spiegel hätte besser kommunizieren müssen, das sei richtig. Allerdings hätten Ex-Minister wie Andreas Scheuer (CSU) ein Maut-Debakel ganz einfach ausgesessen. Spiegel dagegen habe im Amt als Familienministerin viele gute Dinge angestoßen. Etwa die Grundsicherung für Kinder und die Abschaffung des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs.

„Friedrich Merz freut sich“

Auf Instagram haben auch andere Nutzerinnen dazu ihre Gedanken geteilt. „Heute dann wieder ein paar tausend junge Frauen weniger, die sich vorstellen können, in die Politik zu gehen. Friedrich Merz und seine Jünger freuen sich.“ Arbeitende Mütter, darunter auch Politikerinnen, seien immer zerrissen, weil sie Beruf und Familie nicht immer gut zusammenbringen können, lautet der Kommentar einer anderen. „In diesem Moment denken sich drei Frauen: Hoffentlich passiert mir das nie. Und 300 Männer: Gut, dass mir das nie passieren kann. Und das ist der Genderaspekt an der ganzen Sache“, schreibt ein weitere Nutzerin.

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Im Internet gab es aber auch zum Teil heftigen Gegenwind zu Schneelochs Beitrag. Schneeloch wird von einem Nutzer kritisiert, dass sie Solidarität mit einer „völlig unfähigen Person“ wie Spiegel übe. „Ihr Grünen spuckt jedem Opfer nochmal ins Gesicht.“ Ein anderer schreibt: „Sie verhöhnen die Opfer der Flutkatastrophe.“ Weiter schreibt ein anderer Nutzer: „Ihr Tweet zeigt in besonderer Deutlichkeit, dass Feminismus mit Gerechtigkeit und Realität nichts zu tun hat.“

Die Reaktionen schockieren die Kölner Politikerin nicht. „Solchen Gegenwind sind Frauen leider gewohnt.” Damit Politikerinnen die doppelte Belastung von Beruf und Familie besser schultern können, kann sich Schneeloch auch Verbesserungen in der Kölner Kommunalpolitik vorstellen. Bewährt hätte sich in der Pandemie-Zeit, dass viele Meetings virtuell durchgeführt worden seien. Es sei daher sinnvoll, dass Politiker an Rats- oder Ausschusssitzungen digital teilnehmen können. Zudem müsse es eine bessere Betreuung für Kinder geben.

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