Immer mehr Kneipen setzen an Karneval auf Vorverkauf. Was sind die Gründe, wer ist schon ausverkauft und wo hilft nur frühes Anstehen?
„Kneipen-Hopping hatte was“Warum immer mehr Kneipen für den 11.11. auf Tickets setzen

Sessionsauftakt auf der Zülpicher Straße im letzten Jahr: Wenn die Straße zu voll ist, kommt man nur noch mit gültigem Ticket rein.
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In 45 Tagen ist es soweit: Der Countdown zum 11.11. läuft. Während viele Jeckinnen und Jecken früher von Kneipe zu Kneipe gezogen sind, verbringen sie mittlerweile immer häufiger den ganzen Tag in derselben Bar – und das gegen teilweise hohe Eintrittskosten. Einige Kneipen haben sich in den letzten Jahren dazu entschieden, auf Vorverkauf umzustellen, die Gründe dafür sind unterschiedlich.
Anna Heller, Geschäftsführerin von Hellers Brauhaus setzt seit einigen Jahren auf ein Vorverkaufssystem. Grund dafür sei die Lage des Brauhauses im Kwartier Latäng. Am 11.11. wird das Gebiet rund um die Zülpicher Straße abgesperrt, um die Besucherströme kontrollieren zu können. „In manchen Jahren wurde es so voll, dass die Zugänge schon um 10 Uhr geschlossen werden mussten. Damals sind bei uns die Umsätze rapide gesunken, weil niemand mehr zu uns durchkam,“ sagt Heller. Die einzige Lösung sei ein Ticketvorverkauf gewesen, denn wer Tickets vorzeigen kann, darf trotz Überfüllung über separate Eingänge in das abgesperrte Veedel.
Thekenverkauf und Tageskasse im Brauhaus Heller
Heller hat die Entscheidung zum Vorverkauf nur widerwillig getroffen: „Das Kneipen-Hopping von Bar zu Bar hatte schon was. Aber wenn ich keine Tickets vorab verkaufe, kommt im schlimmsten Fall eben niemand zu mir.“ Dieses Jahr kosten die Tickets für den 11. 11. in Hellers Brauhaus 20 Euro und können seit 16. September in unbegrenzter Anzahl an der Theke gekauft werden. Dafür gibt es dann „wie immer 111 Prozent kölsche Tön“, wie das Brauhaus auf Instagram schreibt. Einen Online-Vorverkauf gebe es noch nicht, allerdings biete Heller eine digitale Tauschbörse für zu viel gekaufte Tickets an: „Das Schöne am analogen Thekenverkauf ist ja auch, dass man danach noch auf ein Kölsch bleiben kann!“
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Auch Maike Block, Geschäftsführerin von der Interessengemeinschaft Gastro, schätzt den Vorverkauf an der Theke: „Damit zeigt man besonders seinen Stammgästen Wertschätzung.“ Wer es vor November nicht an die Theke schafft, kann am 11. 11. auch noch an der Tageskasse Tickets kaufen. Dann heißt es aber: Wer zuerst kommt, tanzt zuerst. In den letzten Jahren waren die Tickets für den Sessionsstart im Hellers Brauhaus innerhalb weniger Tagen ausverkauft. Dieses Jahr sind zwar noch Tickets verfügbar, was aber laut Heller auch daran liegen könnte, dass der 11. 11. ein Dienstag sei.
111-Euro-Tickets für Weiberfastnacht im Unkelbach
Auch das Haus Unkelbach in Sülz setzt auf das Vorverkaufssystem. Für die Karten nimmt Inhaber Alexander Manek 35 Euro, Wasser inklusive: „Wir sind tatsächlich mit dem Preis runtergegangen, weil die Leute momentan sehr aufs Geld achten“, erzählt er. Letztes Jahr zum 11.11. kosteten die Karten 40 Euro, damals waren Wasser und Cola im Preis enthalten. Früher konnte man im Unkelbach ohne Tickets Karneval feiern, das funktioniert aber laut Manek nicht mehr: „Die Leute standen um fünf Uhr morgens an und wir haben ja nun mal eine begrenzte Kapazität.“ Eintrittspreise zu nehmen habe für ihn noch einen weiteren Grund: „Das Problem der jungen Leute ist, dass sie sich Getränke außerhalb am Kiosk holen und danach wieder reinkommen. Also nutzen sie meinen gesicherten Ort hier, aber trinken woanders.“ Seine Tickets für den 11. 11. sind dieses Jahr bereits ausverkauft.

Warteschlangen vor dem Haus Unkelbach in Sülz. Bereits am sehr frühen Morgen standen die Leute früher, ohne Ticket, bereits an. (Archivfoto)
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Um Weiberfastnacht im Unkelbach zu feiern, mussten die Kölnerinnen und Kölner dieses Jahr 111 Euro Eintritt zahlen - Kölsch, Wein, Prosecco, Softgetränke, Snacks und Livemusik waren im Preis enthalten. Die Reaktionen darauf waren unterschiedlich: „Ich erinnere mich noch an die schöne alte Zeit: Eintritt frei oder für 20 Euro, das war Karneval im Unkelbach“, kommentierte jemand auf Social Media. Andererseits wurden die Tickets laut Manek gut angenommen. Deshalb möchte er auch nächstes Jahr für Weiberfastnacht wieder 111 Euro Eintritt nehmen, der Vorverkauf starte „in Kürze“.
Früh genug da sein in der Ubierschänke
Block verortet den Beginn der Trendwende hin zum Vorverkauf in die Corona-Zeit: „Da ging es ja auch noch um Datenerfassung von Gästen und Planbarkeit. Viele Lokale haben das zu schätzen gelernt und führen das heute weiter.“ Einen weiteren Vorteil sieht sie auch für die Gäste, die langes Anstehen in der Kälte vermeiden können. Sie rechnet damit, dass sich dieser Trend in Zukunft fortsetzt.
Ganz anders als im Unkelbach und in Hellers Brauhaus sieht es in der Ubierschänke in der Südstadt aus. Hier wird explizit auf einen Vorverkauf verzichtet, auch eine Tageskasse gibt es nicht. Stattdessen ist der Eintritt am 11. 11. den ganzen Tag frei. Nicole Nacke arbeitet bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Traditionskneipe: „Wir sind eine ganz normale kölsche Eckkneipe und die Devise ist: Früh genug da sein.“ Ab 10 Uhr geht die Tür auf und die Jeckinnen und Jecken werden eingelassen. Ist die Kneipe voll, bleibt die Tür zu. In der Regel sei das gegen viertel nach Elf, die Chance später noch reinzukommen, gering: „Die Leute stehen teilweise drei, vier Stunden an und bleiben dementsprechend auch länger. Früher war das anders, da ist man schneller weitergezogen. Heute gilt, wer drin ist, hat Glück.“
Vorverkaufsstart schon im August
Dass immer mehr Lokale auf Vorverkauf setzen, sei jedem selbst überlassen, sagt Nacke. Sie selbst würde allerdings keine Tickets vorab kaufen, zumindest keine teuren. Da sei ihr die Chance, dass es ihr schlussendlich doch nicht gefalle, zu groß. Nacke ist sich sicher, dass trotz oder gerade wegen des Verzichts auf einen Vorverkauf der 11. 11. in der Ubierschänke auch dieses Jahr ein Erfolg sein wird: „Die Stimmung ist am Elften Elften immer gut!“
Die ersten Kneipen haben bereits im Sommer mit dem Vorverkauf begonnen und sind schon ausverkauft. Auf der Instagram-Seite karneval_guide_koeln werden sämtliche Vorverkaufstermine gebündelt vorgestellt.
Denjenigen, die ohne Tickets feiern wollen, empfiehlt Block, möglichst frühmorgens da zu sein, um nicht zu lange anstehen zu müssen. Die zweite Option: „Wenn die von frühmorgens weg sind, dann hat man noch die Chance, um 19 Uhr in eine Bar reinzukommen. Man muss dann allerdings auch darauf gefasst sein, dass man die nüchternste Person im Raum ist. Das muss man auch wollen.“