So planen die Behörden die Sessionseröffnung in der Innenstadt. Die Schutzzonen im Grüngürtel werden erweitert.
11.11. in KölnStraßenkarneval verliert spürbar an Zulauf – Stadt und Polizei bleiben vorsichtig

Karnevalisten feiern im vergangenen Jahr auf der Zülpicher Straße.
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Noch scheinen Stadtverwaltung und Polizei dem zarten Trend nicht ganz zu trauen, nach wie vor planen die Behörden in der Innenstadt naturgemäß einen Großeinsatz zum 11.11. „Wir müssen mit allem rechnen“, fasst es der Leitende Polizeidirektor Martin Lotz zusammen. Aber: Es gibt erste Anzeichen dafür, dass das Interesse an der Sessionseröffnung und überhaupt am Straßenkarneval in Köln vor allem bei jungen Menschen allmählich abnimmt.
Sowohl im Frühjahr als auch am 11.11. voriges Jahr seien teils deutlich weniger Feiernde an den Party-Hotspots in der Stadt unterwegs gewesen – obwohl zeitweise „Kaiserwetter“ geherrscht habe, wie sich Ordnungsamtsleiter Ralf Mayer erinnert.
Zülpicher Straße musste an Karneval zuletzt nicht mehr gesperrt werden
Deutlichstes Anzeichen für den spürbaren Jeckenschwund: Die Zülpicher Straße, das Epizentrum des Straßenkarnevals, habe zwischen Weiberfastnacht und Veilchendienstag dieses Jahr „zu keinem Zeitpunkt“ gesperrt werden müssen, der Zugang sei immer möglich gewesen, berichtet Mayer. Es war zwar voll, aber nie zu voll. Das kennt man aus den vorangegangenen Jahren anders. Am 11.11.2022 etwa musste an der Absperrung vor der Uni-Mensa die Polizei eingreifen, um eine Massenpanik zu verhindern.
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So richtig erklären können sich die Verantwortlichen die rückläufige Tendenz bisher nicht. Traurig sind sie darüber freilich nicht. Nach wie vor habe das Zülpicher Viertel zwar eine „hohe Anziehungs- und Strahlkraft“ für junge Menschen, betont Mayer. In den sozialen Medien werde das Viertel auch weiterhin als Party-Hotspot kommuniziert. Aber vielleicht ist es mit dem Kölner Straßenkarneval einfach so wie mit vielen anderen Hypes auf Tiktok und Instagram: Sie gehen irgendwann vorüber.
Köln: Verkäufern drohen bei Verstoß gegen Jugendschutz hohe Bußgelder
Mayer sagt auch, dass die Maßnahmen von Stadt und Polizei in den vergangenen Jahren vermutlich ihren Teil dazu beigetragen haben, dass das hemmungs- und uferlose Feiern im Zülpicher Viertel für manche offenbar nicht mehr so attraktiv erscheint. Auch in diesem Jahr stellen Stadt und Polizei etwa den Jugendschutz wieder stark in den Fokus.
Einsatzkräfte von Ordnungsamt, Jugendamt und der Polizei werden in den nächsten Tagen verstärkt Kioske und Einzelhandel aufsuchen, um die Betreiber an das Verkaufsverbot von Lachgas zu erinnern und daran, dass der Verkauf von hochprozentigem Alkohol, Tabak, E-Zigaretten und Shishas an Kinder und Jugendliche untersagt ist. Beim ersten Verstoß drohen mindestens 200 Euro Geldbuße, bei jedem weiteren wird es teurer, schließlich kann es zur Schließung des Geschäfts kommen.
Bei ihren Kontrollen setzen Stadt und Polizei erneut auf jugendliche Testkäufer. Diesen Part übernehmen Auszubildende der Stadt Köln und minderjährige Fachoberschüler der Polizei. Bei vergangenen Kontrollen habe die „Verstoßquote“ bei hohen 60 Prozent gelegen.
11.11. in Köln: Große Bereiche des Zülpicher Viertels bleiben gesperrt
Zum Schutz der Anwohner werden am 11.11. erneut große Bereiche des Zülpicher Viertels für Jecke gesperrt sein. Erlaubt ist das Feiern dagegen vor allem auf und entlang der Zülpicher Straße zwischen Zülpicher Platz und Moselstraße. Es gibt wie immer zwei Zugänge in die Partyzone: auf der Roonstraße sowie in Höhe der Unimensa. Von acht bis acht Uhr am Folgetag herrscht im Viertel ein striktes Glasverbot – ebenso wie in der Altstadt sowie zwischen 8 und 22 Uhr vom Aachener Weiher bis zur Luxemburger Straße. In der Südstadt ist der Glasverzicht freiwillig.
Wird es auf der Zülpicher zu voll, stehen Ausweichflächen im Inneren Grüngürtel zwischen Mensa und Luxemburger Straße zur Verfügung. Diese zum Schutz vor Schäden abgedeckten Rasenflächen sollen außerdem als Transitwege dienen, sagt Mayer, aber jedenfalls nicht zum Feiern. Es gibt dort keine Bühnen, keine Musik, keine Getränke und nichts zu essen. „Die Uniwiese ist keine Partyzone“, stellt Mayer klar. „Wir planen da null Aufenthaltsqualität.“
Schutzzone auf den Uniwiesen wird vergrößert
Diesmal würden 50 Prozent weniger Fläche abgedeckt als im Vorjahr. Die andere Hälfte bleibt komplett gesperrt. Stagnieren die Besucherzahlen weiterhin oder gehen sogar noch stärker zurück, plant die Stadt, die Fläche zum Straßenkarneval 2026 auf ein Drittel zu reduzieren. „Wir sind da guter Dinge“, kündigte Ordnungsamtschef Ralf Mayer an. Auch die Schutzzone im Hiroshima-Nagasaki-Park wird am 11.11. größer sein als in den Vorjahren, um Vermüllung und Beschädigungen zu verhindern. Die eingegitterte Zone um den Aachener Weiher wird zudem „angepasst, um den Vögeln mehr Raum zu geben“, sagte Mayer.
Die Naturschützer vom BUND Köln fordern indes, dass die Uniwiesen am 11.11. letztmalig als Ausweichfläche im Karneval dienen sollen. „Der neue OB Torsten Burmester und der Leiter des Ordnungsamtes Ralf Mayer als sein zukünftiger Büroleiter müssen die Verschmutzung der Böden im Inneren Grüngürtel und des Aachener Weihers vor allem durch Glasscherben als Folge der Karnevalsaktivitäten stoppen und diese Straftaten beenden“, sagte BUND Vorstandsmitglied Helmut Röscheisen. Der BUND schlägt als neu zu etablierenden Party-Hotspot das Konrad-Adenauer am Hauptbahnhof vor, um das Zülpicher Viertel zu entlasten.
Die abstrakte Gefährdungslage bleibt unverändert hoch. Es ist nicht ruhiger geworden
Insgesamt 750 mobile Toiletten und Urinale stellt die Stadt an den Hotspots auf, 480 allein im Zülpicher Viertel – weniger als im Vorjahr. Auch dies sei den rückläufigen Besucherzahlen geschuldet, sagt Ordnungsamtschef Ralf Mayer. Wer beim Wildpinkeln erwischt werde, müsse ein Bußgeld zahlen, da seien die Einsatzkräfte rigoros. „Und das Entdeckungsrisiko ist hoch“, warnt Mayer.
Die Polizei wird mit weit mehr als 1000 Beamtinnen und Beamten im Einsatz sein, kündigt Martin Lotz an – ungefähr so viele wie im Vorjahr. Zwar gebe es bislang keinerlei Hinweise auf geplante Anschläge oder andere Zwischenfälle am 11.11., es kursierten „keine Aufrufe oder Drohungen“, sagt Lotz. Aber die „abstrakte Gefährdungslage“ bleibe unverändert hoch. „Es ist nicht ruhiger geworden.“
An den Hotspots gilt ein striktes Messerverbot. Wer dennoch eines dabei hat, riskiert eine Geldbuße. Wer eine scharfe Waffe mitführt, begeht eine Straftat. Ein besonderes Augenmerk richtet die Polizei erneut auf die Synagoge in der Roonstraße. „Geschmacklose oder rechtswidrige Handlungen“ würden sofort unterbunden und geahndet, sagt Lotz. An neuralgischen Stellen werden – wie schon bei der Fußball-EM im Vorjahr und zuletzt auch im Straßenkarneval – so genannte Überfahrsperren ausgelegt, um Autofahrer zu bremsen, die potenziell in die Feierzonen fahren wollen.
Herausfordernd ist der Karnevalseinsatz auch für die Feuerwehr. Zugestellte Rettungswege, ein erschwertes Durchkommen zu den Einsatzorten, alle Hände voll zu tun vor allem für die Rettungskräfte. Christian Miller, Leiter der Berufsfeuerwehr, richtet daher einen eindringlichen Appell an alle Feiernden. Es klingt fast wie ein Flehen, wenn er sagt: „Bitte lassen Sie unsere Einsatzkräfte ihren Job machen. Sie sind da, um Ihnen zu helfen. Beschimpfen Sie sie nicht, bewerfen Sie sie nicht mit Gegenständen.“ Kaum zu begreifen, dass ein Feuerwehrchef das ausdrücklich betonen muss. Aber genau dies, sagt Miller, passiere eben leider immer wieder an Karneval.

