„Das war eine Unverschämtheit“Kölner Schüler erzählen, wie sie das Abi-Chaos überstanden haben

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Eine Schülerin steht vor dem Schiller-Gymnasium nach ihrer Abi-Klausur.

Die Erleichterung ist Luisa (18) nach ihrer Abi-Klausur anzumerken.

Nach der Datenpanne und der verschobenen Abi-Klausur in NRW reichen die Emotionen von Erleichterung bis Wut – doch es gibt auch Lob.

Als Luisa am Freitag um kurz vor 14 Uhr die Treppen des Schiller-Gymnasiums hinuntersteigt, kann man ihr die Erleichterung ansehen. Gerade eben hat sie ihre Abitur-Klausur hinter sich gebracht – Chemie Leistungskurs. „Eigentlich ist Chemie mein schlechtestes Fach, aber es lief echt gut“, sagt sie. Diese Erleichterung sollte sie eigentlich schon zwei Tage vorher verspüren. Doch wegen einer Datenpanne hat das Schulministerium die Klausur der 18-Jährigen, so wie die von 30.000 anderen Schülerinnen und Schülern in Nordrhein-Westfalen, um zwei Tage verschieben müssen.

Viele Schulen konnten die Prüfungen für die Fächer Biologie, Chemie, Ernährungslehre und Informatik am Dienstag nicht rechtzeitig herunterladen. Um 20.36 Uhr dann die Nachricht: Die Prüfungen werden verlegt, nächster Termin ist Freitag.

Kölner Abiturienten nehmen Lehrerkräfte von der Kritik aus

Seitdem ist die Empörung groß: Schulleiterinnen, Lehrer und Oppositionspolitiker schütteln öffentlichkeitswirksam den Kopf, Ministerpräsident Hendrik Wüst und seine Bildungsministerin Dorothee Feller (beide CDU) bitten um Verzeihung und versprechen Aufklärung darüber, wie die Datenpanne entstehen konnte. Die Leidtragenden aber sind Luisa und ihre Mitabiturientinnen und Abiturienten.

Ihrer Schule will Luisa keinen Vorwurf machen: „Unsere Lehrerinnen und Lehrer und auch der Schulleiter haben sich viel Mühe gegeben, um uns die Angst und den Stress zu nehmen“, sagt sie. Sauer sei sie am Dienstagabend nicht gewesen, eher erleichtert, doch noch zwei Tage länger zum Lernen zu haben. Auf der anderen Seite: „Ich fand es schon blöd, dass meine Mitschülerinnen und Mitschüler, die gestern schon geschrieben haben, jetzt schon längst fertig sind und ich erst heute.“ Auch die enge Taktung ihres Lehrplans sei durcheinandergekommen. Schließlich steht schon in der kommenden Woche die nächste Klausur an.

Auch Ben vom Hansa-Gymnasium hat seine Bio-Klausur gerade hinter sich gebracht. „War schon gnädig“, findet er. „Zwar war ich überrascht, was drankam, aber im Großen und Ganzen war es echt machbar.“

Nach NRW-Abitur-Datenpanne: Kölner sind wütend auf das Schulministerium

Auch bei ihm überwiegt so kurz nach der Klausur die Erleichterung. Fragt man ihn nach der Datenpanne von vor drei Tagen, kann sich der 19-Jährige aber immer noch aufregen. „Das war eine absolute Unverschämtheit, nicht nur den Schülern, sondern auch den Lehrern gegenüber.“ Seine Schule und die Lehrkräfte will auch Ben explizit von der Kritik ausnehmen. „Ich fand es cool, wie unsere Schule damit umgegangen ist. Es wurde sich direkt entschuldigt und sehr sensibel auf uns eingegangen – und das, obwohl sie ja selbst nichts dafür können.“

Dafür konzentriert sich seine Wut auf die Landesregierung und auf das Schulministerium: „Jetzt mal ehrlich, die hatten einen Job. Nämlich die Klausuren rechtzeitig rüberzuschicken. Und dann sowas. Das ist schon extrem ärgerlich.“ Auch den neuen Termin am Freitag findet Ben unglücklich gewählt. „Es hat offenbar keiner darüber nachgedacht, dass heute Bahnstreik ist und das Zuckerfest gefeiert wird.“

Kölner Schüler bemerken neue Panne bei Abi-Klausur

Von der zweiten Panne vor der Klausur, als in den Biologie- und Informatik-Aufgaben kurz vor Beginn der Prüfungen Fehler korrigiert werden mussten, hat Ben nur am Rande etwas mitbekommen. „Ein Lehrer sagte, dass es einen Rechenfehler gab. Da dachte ich mir schon kurz: Oh, Mann, schon wieder? Aber es hat trotzdem alles geklappt.“ Weiter nach hinten verschoben musste die Klausur deswegen nicht, sagt er.

Fynn und Liv vom Hildegard-von-Bingen-Gymnasium haben von der neuerlichen Panne ebenfalls nur im Vorbeigehen gehört. „Ein Lehrer meinte zum anderen, dass etwas ausgetauscht werden musste. Aber das hatte keinen Einfluss auf uns“, sagt Fynn.

Ich war voll unter Stress und wollte es einfach nur hinter mich bringen. Als die Nachricht dann kam, war ich schon verärgert.
Fynn, Abiturient am Hildegard-von-Bingen-Gymnasium

Die beiden 18-Jährigen zeigen sich ebenfalls erleichtert, dass die Klausur besser lief als erwartet. Das sah am Dienstag noch anders aus. „Ich war voll unter Stress und wollte es einfach nur hinter mich bringen. Als die Nachricht dann kam, war ich schon verärgert.“

Fynn Herrmann und Liv Kreuzer (beide 18) stehen auf einer Kölner Straße.

Erleichtert und doch verärgert: Fynn und Liv nach ihrer Abi-Klausur.

Doch vielleicht, sagt Fynn, sei es auch Schicksal gewesen. „Es lief heute echt gut, deswegen sehe ich es im Nachhinein positiv, dass die Klausur nochmal geschoben wurde.“ In den nächsten Wochen stehen auch für ihn und Liv noch die restlichen Prüfungen an.

Wie es nach der Schule weitergeht, wissen sie noch nicht genau. Eins aber steht fest: „Mit ein paar anderen Freunden geht es erstmal auf Interrail-Reise“, sagt Liv. Split in Kroatien wollen die beiden sehen. Mit Serverproblemen und Technikpannen, so hoffen sie, müssen sie sich dann nicht mehr herumschlagen.


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