Köln – Es ist eine unscheinbare Mitteilung an die Ausschüsse Gesundheit und Finanzen: Die Stadt möchte für insgesamt 608000 Euro vier neue Rettungswagen anschaffen. Dafür wurden bereits vor Monaten ebenso viele Wagen aus dem Verkehr gezogen und teilweise verkauft. Doch was passiert eigentlich mit den ausrangierten Einsatzfahrzeugen? Zumindest bei einem der vier Krankenwagen ist das klar: Er verrichtet seit Juni seinen Dienst im Krisengebiet Syrien.
Feuerwehr- und Rettungswagen, Straßenbahnen, Schiffe: Viele Fahrzeuge, die lange das Kölner Stadtbild prägten und dann ausgemustert wurden, erleben an anderen Orten der Welt ihren zweiten Frühling – und manchmal sogar eine kuriose Umnutzung.
Mit Tarnanstrich versehen
Um den Kölner Rettungswagen, Baujahr 2006, tauglich für den syrischen Bürgerkrieg zu machen, sei er dort mit einem Tarnanstrich versehen und aller Blaulichter entledigt worden, sagt Nuri Köseli, Pressesprecher von Islamic Relief Deutschland, einer in Köln ansässigen Hilfsorganisation, die das Auto kaufte. „Als Schutz vor Luftangriffen“, erklärt Köseli, denn nach seinen Angaben griffen Kampfjets in Syrien mitunter gezielt Rettungswagen an. Deshalb möchte er auch lieber keine Bilder des Wagens, der für ein syrisches Krankenhaus im Einsatz sei, mit aktueller Lackierung veröffentlicht wissen. Es ist das inzwischen achte Einsatzfahrzeug, das die Organisation von Kölner Behörden erwarb und nach Syrien schickte.
„Dass eine Hilfsorganisation den Wagen direkt kauft, ist selten“, sagt Feuerwehr-Sprecher Jens Müller. „Meist ersteigern spezialisierte Händler die Fahrzeuge.“ Das kann sich rechnen, denn die nun ausgemusterten Wagen kosteten neu weit mehr als 100000 Euro und gingen acht Jahre später zum Teil für nicht mal 5000 Euro weg. Der hohe Wertverlust komme durch die extreme Materialbelastung im städtischen Dauereinsatz zustande, sagt Müller. Ein solcher Spezialhändler ist Ralf Weber. „Die Fahrzeuge gehen in die ganze Welt“, sagt er. Weber verkaufte schon Kölner Löschfahrzeuge nach Afghanistan und Drehleitern nach Luxemburg und Kroatien. Einen Rüstwagen gab Weber an einen Privatmann in Dubai ab. „Der hat ihn umgebaut und daraus einen Edel-Toilettenwagen für die Besucher von Pferderennen gemacht.“ Viele Feuerwehrwagen würden über Hamburg nach Nigeria verschifft und von dort nach ganz Afrika weiterverkauft.
Kölner Straßenbahnen in der Türkei
Die wohl bekanntesten zweiten Karrieren machen ehemalige Bahnen der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) in der Türkei. Unter anderem fährt die frühere Linie 18 – anders als in einem Partylied behauptet – zwar nicht bis nach Istanbul, aber zumindest innerhalb der Bosporus-Metropole. Dort verkehren seit 2007 Züge aus den 1970ern, wie sie heute noch auf der Kölner Linie 5 fahren – jetzt mit blauem Anstrich. Knapp 20 Jahre zuvor hatte die zentraltürkische Stadt Konya alte Acht-Achser-Bahnen gekauft, wie sie einst etwa auf der Linie 12 zum Einsatz kamen.
Auch ausrangierte Müllwagen der Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) räumen heute andernorts auf. „Wir haben mal einen Wagen in den Kosovo verkauft“, erinnert sich Sprecher Wilfried Berf. Wie die Feuerwehr veräußerten auch die AWB ihre alten Fahrzeuge meist an kommerzielle Händler, die sie dann weiterverkauften, sagt Berf. Die Häfen und Güterverkehr Köln AG verschafften einem „alter Fritz“ genannten Kran eine Renaissance im ostdeutschen Roßlau. Dort hebt das mächtige Gerät, von 1963 bis 2004 Wahrzeichen des Mülheimer Hafens, nun bis zu 70 Tonnen schwere Fracht.
Die Odyssee der Schiffe aus Köln
Kompliziert wird es, wenn man sich mit dem Verbleib ehemaliger Schiffe der Köln-Düsseldorfer (KD) beschäftigt. Die Boote sind jahrzehntelang im Betrieb und fahren in der Zeit mal für die KD, die sie zum Teil selbst von einer anderen Gesellschaft erwarben, und laufen danach wieder für ein weiteres Unternehmen aus. Die „Rüdesheim“ etwa, von 1987 bis 2003 für die KD unterwegs, fuhr später als „Kaiserin Elisabeth“ zwischen Wien und Passau auf der Donau und macht seit 2010 als „Rosa Victoria“ Rundfahrten auf dem Dnjepr in der Ukraine. Oder das Flusskreuzfahrtschiff „Nederland“, von den 1960ern bis 1994 für die KD im Dienst und in einer Werft im Mülheimer Hafen gebaut, fährt heute als „Road to Mandalay“ auf dem Irrawaddy im südostasiatischen Myanmar.
Irgendwann aber findet auch das zweite und dritte Leben ehemals Kölner Fahrzeuge, von denen es noch etliche Geschichten zu erzählen gäbe, ein Ende. Manchmal ein jähes. Das ehrwürdige KD-Schiff „Berlin“ etwa, das 1959 in Köln gebaut wurde und auf dem schon Willy Brandt, John F. Kennedy und Elvis Presley Passagiere waren, wurde 2003 in die Niederlande verkauft und fuhr dort als Partyschiff. 2008 brannte es in Rotterdam komplett aus.