Bewegung wird zu KunstFotograf macht leeres Köln zur Bühne für Tänzer

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Spagat in der Luft: Die Tänzerin Doreen Naß scheint über den Hauptbahnhof zu schweben.

Spagat in der Luft: Die Tänzerin Doreen Naß scheint über den Hauptbahnhof zu schweben.

Köln – Das Rampenlicht brauchen sie wie die Luft zum Atmen. Tänzer trainieren für gewöhnlich stundenlang am Tag und fiebern dem einen Moment entgegen: Wenn sie dem Publikum ihre Kunst vorführen. Doch seit Monaten herrscht in der Tanzszene wenig Hoffnung, die Auftrittsmöglichkeiten gehen immer noch gegen Null.

Urbane Kulissen

Der Kölner Fotograf Martin Miseré, selbst hart getroffen durch das Wegbrechen seiner meisten Aufträge, wollte nicht untätig bleiben und hat sich ein besonderes Projekt überlegt: Die leere Stadt während des Lockdowns selbst zur Bühne für Tänzer aus dem Bereich Zeitgenössischen Tanz zu machen.

Das Ergebnis sind ästhetische Fotografien vor urbanen Kulissen wie dem Hauptbahnhof, den Kranhäusern, einer Rheinbrücke oder schlicht den geometrischen Formen der städtischen Architektur. Der Erlös der Bilder kommt dabei den Tänzern zugute: 85 Prozent gehen an die dargestellte Person, 15 Prozent fallen für die Produktion an.

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„Die meisten Tänzer des Projekts sind freiberuflich und leben daher gerade auf Kante. Mir war es wichtig, diese zu unterstützen, daher habe ich bewusst Kompanien ausgelassen, die noch weiter Gehälter beziehen“, sagt Miseré, der im Laufe seiner Karriere schon für das Zentrum für Zeitgenössischen Tanz Köln sowie die Kölner Kompanie „Michael-Douglas-Kollektiv“ fotografiert hat und sich damit gut in der Szene auskennt.

Köln neu entdecken

Der gebürtige Kölner musste zu Beginn des Vorhabens seine eigene Stadt zunächst neu entdecken und auf passende Szenerien abklopfen: Also schwang er sich auf sein Rad. „Ich habe anderthalb Tage gebraucht. Ganz früh als Ort stand zum Beispiel die Domplatte mit dem HBF im Hintergrund fest“, so der 57-Jährige.

Dieses Foto zeigt Doreen Naß wie sie regelrecht über den Bahnhof zu schweben scheint. Zuletzt war die 29-Jährige auf dem ZDF-Traumschiff als Tänzerin engagiert. Der Schauspieler und Tänzer Kelvin Kilonzo studierte Schauspiel in Köln. Seine Pose offenbart, dass seine stilistischen Wurzeln im Breakdance liegen.

Akrobatisch: Kelvin Kilonzo vor dem Neven-DuMont Medienhaus

Akrobatisch: Kelvin Kilonzo vor dem Neven-DuMont Medienhaus

Was auf den Bildern luftig-leicht daherkommt, ist das Ergebnis eines aufwendigen Prozesses. Die Herausforderung der stundenlangen Shootings liege darin, die Beweglichkeit einzufangen. „Meine Kamera macht 20 Bilder pro Sekunde. Dadurch kann ich den spannendsten Moment raussuchen. Die Tänzer improvisieren immer wieder ein bis zwei Minuten lang, dann schauen wir uns das gemeinsam an und versuchen die perfekte Pose zu finden.“

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Mittlerweile haben sich 23 Tänzer an dem Projekt beteiligt, über 100 Motive sind entstanden und bisher gingen rund 1400 Euro an die Tänzer. „Ein emotionaler Aspekt war, dass viele sich einfach gefreut haben, dass sie endlich wieder auftreten können. Eine Tänzerin sagte mir, sie sei vorher regelrecht in ein Loch gefallen“. Da ein Ende der Krise für Kulturschaffende noch nicht in Sicht und die Resonanz bei den Tänzern so groß sei, geht das Projekt weiter.

Die Bilder können online in drei Formaten erworben werden.

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